Es war im Jahr 2009. Oswald Grübel, der frisch eingesetzte CEO der Grossbank, drohte mit dem Wegzug ins Ausland. Sollte die Schweiz den Grossbanken eine Holdingstruktur vorschreiben, wäre eine Sitzverlagerung ins Ausland logisch, sagte er. Die kecke Aussage machte Grübel nur ein Jahr, nachdem die Bank mit Steuermitteln vor der Pleite gerettet worden war.
Inhaltlich ging es damals fast um das Gleiche wie heute. Der Zweck der geplanten Holding-Organisation war es, die Grossbanken in Ländergesellschaften aufzuteilen und für die Steuerung eine zentrale Holding zu schaffen. Damit könnte man im Notfall das Schweizer Geschäft allein retten, während die ausländischen Tochtergesellschaften Konkurs gehen könnten. Eine Holding-Organisation hätte bedeutet, dass die Grossbanken in den einzelnen Ländern deutlich mehr Eigenkapital einsetzen müssten. Und das wäre sehr teuer geworden, schrieb die Zeitung «Sonntag» damals.
Die Idee einer Holding-Struktur wurde von Christoph Blocher und Nicolas Hayek eingebracht. In abgeschwächter Form wurde sie später auch umgesetzt. Die Credit Suisse erhielt einen Rabatt – den berüchtigten «regulatorischen Filter». Es wurde ihr erlaubt, im Stammhaus deutlich weniger Eigenkapital für ihre Auslandstöchter zu hinterlegen.
Oswald Grübel: Zu viel Eigenkpaital!
Auch bei der Qualität des Eigenkapitals kam man der Grossbank entgegen: Aktivierte Software oder Steuergutschriften konnte die CS anrechnen. Doch im Ernstfall lässt sich damit nichts anfangen. Das führte dazu, dass die Credit Suisse in der Krise ihre US-Töchter nicht verkaufen konnte, weil dadurch zu wenig Eigenkapital im Stammhaus verblieben wäre.
Jetzt will der Bund diese Lücke schliessen und der mittlerweile einzigen Grossbank den Rabatt streichen. Dagegen wehrt sich die UBS vehement. Sie sieht nicht ein, warum sie für die Fehler der Credit Suisse büssen soll, zumal sie ein risikoärmeres Geschäftsmodell fahre. Um ihren Argumenten Nachdruck zu verleihen, droht sie mit dem Wegzug.
Damals im Jahr 2009 blieb es bei der Drohung. Die UBS behielt ihren Sitz in der Schweiz. Oswald Grübel trat zurück, nachdem in London der Trader Kweku Adoboli 1,8 Milliarden Franken verzockt hatte. Zuvor erlebte er noch den existenzbedrohenden Steuerstreit mit den USA. Sein Nachfolger wurde Sergio Ermotti.
Sergio Ermotti: Sage nur die Wahrheit!
Auch er drohte bereits einmal mit dem Wegzug der Bank. In einem Interview sagte er 2017, dass es keine Garantie für einen Verbleib in der Schweiz gebe. «Nichts ist sicher, nicht einmal, dass die UBS in der Schweiz bleibt», sagte er gegenüber Bloomberg. In der Westschweizer Zeitung Le Matin Dimanche doppelte er nach: «Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Mein Ziel ist es nicht, Unruhe zu stiften, sondern die Menschen und Behörden darüber aufzuklären, was im Bankensektor passieren kann.»
«Die UBS befindet sich nicht mehr in Schweizer Händen, sondern wird zum Grossteil von ausländischen Investoren gehalten», erklärte Ermotti. Seiner Meinung nach ist es daher nicht auszuschliessen, dass eine Gruppe von Aktionären, selbst wenn sie nur eine Minderheit darstellt und etwas rebellisch auftritt, früher oder später die Beibehaltung des Sitzes in der Schweiz in Frage stellt.
Denn die Rahmenbedingungen – insbesondere Steuerpolitik, Regulierung und der starke Franken – belasten die Rentabilität, sagte Ermotti. Andere Standorte in Übersee, in Asien und sogar in Grossbritannien seien «viel attraktiver». Er wehrte sich auch gegen den «Swiss Finish»: Die Schweiz führe sehr strenge Vorschriften ein, die weit über internationale Standards hinausgingen. Zwar räumt er ein, dass die Swissness der UBS einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffe, plädiert jedoch für «ein Gleichgewicht zwischen legitimer Regulierung und der Verpflichtung, wettbewerbsfähig zu bleiben».
Axel Weber: Nach Frankfurt!
Auch damals blieb es bei der Drohung. Im Jahr 2020 war dann Reihe an Axel Weber. Der damalige Verwaltungsratspräsident der UBS brachte eine Sitzverlegung nach Frankfurt ins Spiel. Damals ging es um das Projekt «Signal» – die Fusion von Credit Suisse und UBS. Falls der Deal nicht zustande käme, müsste die Bank nach Frankfurt umziehen, lautete die Drohung. Sie richtete sich an Finanzminister Ueli Maurer und Mark Branson, den damaligen Finma-Chef.
Fünf Jahre später ist die Auseinandersetzung ist härter und gehässiger geworden. Während die UBS immer lauter gegen die neuen Eigenkapitalvorschriften mobilmacht und diese als «extrem» abkanzelt, bleibt das Finanzdepartement mit Karin Keller-Sutter stur. Gespräche zwischen den Parteien scheint es keine mehr zu geben. Der Bundesrat wird in den nächsten Tagen das Regulierungspaket in die Vernehmlassung schicken.