Temporary Public Ownership
Während der Streit um die Eigenmittel für die UBS zum Prestigeduell zwischen Sergio Ermotti und Karin Keller-Sutter verkommt, liegt ein neuer Ansatz auf dem Tisch: Die vorübergehende Verstaatlichung einer Pleitebank soll gesetzlich geregelt werden.
2. Oktober 2025 • Balz Bruppacher

Im heissen Credit-Suisse-Herbst 2022 wurde die Massnahme laut einem Reuters-Bericht von der Nationalbank erwogen, vor dem Untergang der Grossbank im Frühling 2023 war es der Ausschuss Finanzkrisen unter Leitung des Finma-Direktors Urban Angehrn der damit liebäugelte: dem Temporary Public Ownership (TPO) der CS, das heisst der vorübergehenden Verstaatlichung des kaum mehr zu rettenden Instituts. Der Bundesrat erklärte später, dass ein TPO aus ordnungspolitischen und rechtlichen Gründen sowie aus Risikoüberlegungen nicht im Vordergrund stand und angesichts der real bestehenden Möglichkeit einer privaten Übernahme nicht prioritär weiterverfolgt wurde. Ein Expertenbericht von Ende Mai 2024, der im Auftrag der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) verfasst wurde, unterstützte diese Einschätzung.

Hier fasst der Walliser Mitte-Ständerat und Rechtsanwalt Beat Rieder nach: «Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt, sie wird wiederum überraschend sein, und wiederum werden unsere Aufsichtsorgane überfordert sein wie bisher», mahnt er in einem kürzlich eingereichten Postulat. Der Bundesrat sei daher zu beauftragen, den Punkt der TPO noch einmal aufzunehmen, die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen zu erarbeiten und dem Parlament vorzulegen, damit das Parlament entscheiden kann, ob ein TPO zweckmässig ist oder nicht. Der entsprechende Bericht sei dem Parlament zusammen mit den Botschaften zur Revision der Bankenregulierung vorzulegen.

Der nie um deutliche Worte verlegene Ständerat hält weiter fest: «Jetzt, wo wir wissen, dass der Worst Case bei einer schweizerischen Grossbank eintreten kann und es immer anders läuft als gedacht; jetzt, wo wir wissen, dass unsere bisherige Regulierung total versagt haben; jetzt, wo wir wissen, dass die UBS nicht mehr von einer anderen schweizerischen Grossbank aufgefangen werden könnte und ein Stabilisierungsfonds für illiquide Vermögenswerte wie anno 2008 bei der UBS auch nicht genügen würde: braucht es in der Bankengesetzgebung der Schweiz harte Sanktionsmechanismen, mit welchen auf solche Fälle des kompletten Versagens des Managements der betroffenen Bank und der Aufsichtsorgane des Finanzmarktes adäquat reagiert werden kann.»

Klagen gegen Versager an der Bankspitze sollen möglich werden

Die gesetzliche Verankerung des TPO im Sinne eines «owner of last resort» müsse zudem mit neuen zivilrechtlichen Klagemöglichkeiten der Aktionäre im Falle der Auslösung des TPO gegenüber dem ehemaligen Verwaltungsrat und der ehemaligen Geschäftsleitung der betroffenen Bank ergänzt werden. Weiter wären laut Rieder die Bestimmungen im Strafgesetz zu verschärfen, insbesondere durch die Einführung qualifizierter Straftatbestände in den Artikeln über die Strafbarkeit von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von börsenkotierten Firmen, über die ungetreue Geschäftsführung, über den betrügerischen Konkurs und über die Misswirtschaft.

Rieders Postulat wurde unter anderem von der PUK-Präsidentin Isabelle Chassot (Mitte/FR) und Benedikt Würth (Mitte/SG) mitunterzeichnet. Der Vorstoss zeigt, dass es neben den sich täglich überschlagenden Meldungen über die Höhe der Eigenmittelvorschriften für die UBS, verbunden mit Wegzugsdrohungen der letzten Schweizer Grossbank und mit Gerüchten über Kompromissverhandlungen, auch andere prüfenswerte Fragen in der Bankenregulierung gibt.

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