Die Lärmmacher aus Schweden
Es ist der Job eines aktivistischen Investors, Lärm zu machen. Doch im Fall der UBS überschreiten die Schweden eine Grenze. Das Gepoltere beschädigt das Vertrauen in die Bank.
19. September 2025 • Beat Schmid

Lediglich 1,4 Prozent hält Cevian Capital an der Grossbank UBS. Das hält den Investor nicht davon ab, laut auf die Pauke zu hauen und hinauszuposaunen, was die UBS tun soll. Dabei geht es nicht um strategische Finessen, sondern um nichts weniger als die Verlagerung des Hauptsitzes ins Ausland. Letztes Wochenende erzählte der Co-Gründer des Fonds, Lars Förberg, der «NZZ am Sonntag» (Abo), dass UBS wegziehen müsse. Das sei die Botschaft des Bundesrats, der SNB und der Finma.

Gestern doppelte er in der «Financial Times» (Abo) nach: «Der Verwaltungsrat hat die Verantwortung sicherzustellen, dass UBS ihre Wettbewerbsfähigkeit schützt», sagte Förberg. «Unter den aktuellen Vorschlägen ist es nicht tragbar, eine grosse internationale Bank von der Schweiz aus zu betreiben. Wir sehen deshalb keine andere realistische Option, als zu gehen.»

Lars Förberg, der aus steuerlichen Gründen lieber in Pfäffikon SZ als in Schweden wohnt, outet sich in der FT als intimer Kenner der Berner Machtpolitik: «Die Botschaft des Bundesrats ist klar: UBS ist zu gross für die Schweiz … Ich respektiere den Entscheid des Bundesrats, aber ich verstehe ihn nicht. Er lässt sich nicht rückgängig machen. Auch Lobbyisten können daran nichts ändern. Dieser Aufwand kann gespart werden.»

Cevian ist unter Druck

Die UBS sei der grösste Vermögensverwalter ausserhalb der USA, mit tiefem Risiko, sagte Förberg weiter. «Jedes Land würde eine solche Bank wollen.» Die FT spekulierte: Sollte UBS tatsächlich ausziehen, wären die USA oder ein EU-Mitgliedsstaat die wahrscheinlichsten Standorte für den rechtlichen und regulatorischen Hauptsitz. Die Zeitung bringt damit erstmals einen Standort in der EU ins Spiel. Im Ernst? Soll es Paris, Frankfurt oder Mailand sein? Die FT lässt das offen.

Cevian ist unter Druck. Der Investor versprach seinen Geldgebern eine Kurssteigerung auf 50 Franken. Der Einstieg erfolgte Ende 2023. Damals machte Cevian die Aussage, dass die Bank in zwei bis drei Jahren die Bewertung von Morgan Stanley erreichen könne – was einer Verdoppelung des Aktienkurses von 25 auf 50 Franken entsprochen hätte. Doch bald zwei Jahre später handelt die UBS bei knapp 33 Franken. Das ist zwar so hoch wie seit der letzten Finanzkrise nicht mehr, aber eben noch lange nicht bei den 50 Franken.

Ob die UBS mit einem Wegzug tatsächlich einen Mehrwert für die Aktionäre schaffen könnte, muss allerdings bezweifelt werden. Die Bank hat selbst bereits vor einem Jahr Szenarien durchgerechnet und festgestellt, dass sich ein Wegzug unter dem Strich nicht lohnen würde. UBS würde mehr Geschäft verlieren, als sie durch eine erleichterte Regulierung gewinnen könnte. Der hochprofitable Heimmarkt würde Schaden nehmen. Auch im Wealth Management stünden Einbussen bevor: In Asien haben Milliardäre UBS Geld anvertraut und sie einer amerikanischen Bank vorgezogen.

Das weiss auch Cevian – doch bei den Schweden scheinen die Argumente abzuprallen. Der Swissness-Faktor habe gelitten und sei nicht mehr so stark, hört man aus dem Umfeld des Fonds. Das mag vielleicht sogar stimmen. Darauf zu wetten, wäre jedoch hochriskant.

Trotz allem Getöse: Die UBS bleibt in der Schweiz

Trotz allem Getöse: Die UBS wird ihren Sitz nicht verlegen. Nach mittlerweile drei Jahren Credit-Suisse-Integration ist die Bank schlicht nicht bereit, ein weiteres Mammutprojekt zu stemmen. Welches Management soll sich in den nächsten Jahren überhaupt darum kümmern? Sergio Ermotti und Colm Kelleher stehen beide im Spätherbst ihrer Karrieren.

Hinzu kommt, dass nicht alle UBS-Investoren die Sicht von Cevian teilen. Philipp Hildebrand sagte im Juli in der NZZ, dass die Bank durchaus Spielraum habe: «Sie kann die Investmentbank verschlanken, das US-Geschäft neu strukturieren oder internationale Beteiligungen umorganisieren. Was hierzulande seltsamerweise nie zur Sprache kommt: Mehr als die Hälfte des für die Tochtergesellschaften aufgewendeten Kapitals ist in den USA gebunden – das ist ein strategischer Hebel.»

Er sieht das USA-Geschäft kritisch. Die USA seien ein grosser, aber auch anspruchsvoller Markt. «Die UBS hat dort über die Jahre nie wirklich eine führende Rolle eingenommen. Es ist legitim, sich zu fragen, ob sich der Aufwand lohnt. Vielleicht wäre eine fokussiertere Strategie zielführender.» Blackrock hält 5 Prozent an der UBS.

«Schrumpfen ist keine Option», hat CEO Sergio Ermotti bereits mehrfach gesagt. Gleichzeitig ist aber auch eine Sitzverlegung für Ermotti eher kein Thema: «Wir möchten weiterhin als erfolgreiche globale Bank mit Sitz in der Schweiz tätig sein. Wir sind davon überzeugt, dass wir unseren Schweizer und internationalen Kunden auf diese Weise viel bieten können. Und wir glauben, dass wir dadurch auch einen positiven Beitrag zur Schweizer Wirtschaft leisten», sagte er letzte Woche in einem Bloomberg-TV-Interview.

UBS-intern sieht man das Getöse um die Sitzverlegung zunehmend als Problem. Es helfe nicht, das Vertrauen der Kunden zu stärken, sagt ein Kundenberater.

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