Wie spanische Medien berichten, wurde Betancourt in London von der britischen Polizei festgenommen und gegen Kaution wieder freigelassen. Die Audiencia Nacional sowie die Anti-Korruptionsermittler Spaniens hatten die Massnahme wegen seiner mutmasslichen Verwicklung in Geldwäscherei beantragt.
Bekannt wurde Betancourt in Venezuela durch die von ihm mitgegründete Firma Derwick Associates. Sie soll Behörden bestochen haben, um Aufträge für den Bau von Kraftwerken zu erhalten. Gemäss Schätzungen soll Derwick Associates den Staat dabei um mehr als eine Milliarde US-Dollar übervorteilt haben.
Anschliessend tätigte Betancourt weitere Geschäfte mit dem staatlichen Ölkonzern PDVSA. Eines betraf eine Partnerschaft mit Gazprom-Managern zur Erdölförderung. In zwei weiteren Fällen soll Betancourt eine Schlüsselrolle bei milliardenschweren Geldwäscherei-Systemen gespielt haben. Das US-Justizministerium erhob gegen seinen Partner und Derwick-Mitgründer Francisco Convit Anklage im Zusammenhang mit einem dieser Systeme – und bezeichnete Betancourt darin faktisch als «Mitverschwörer Nr. 2».
«Bolichicos» in den Chavez-Jahren
Betancourt und Convit sind Cousins und gehörten zu einer Gruppe von Unternehmern, die während der Chavez-Jahre als sogenannte «Bolichicos» bekannt wurden – Männer, die mit Staatsaufträgen im Energiebereich zu zweifelhaftem Reichtum kamen.
Auch in der Schweiz gerieten die beiden ins Visier der Behörden. 2012 blockierte die Bundesanwaltschaft 46,2 Millionen Franken auf Konten von Betancourt, Convit und einer dritten Person bei verschiedenen Schweizer Banken. Auslöser waren Verdachtsmeldungen von Instituten wie der Deutschen Bank (Schweiz) und Sal. Oppenheim, die davon ausgingen, dass die Gelder aus Schmiergeldzahlungen stammten.
Betancourt und Convit sollen auch zu den Kunden eines früheren Latin-Amerika-Beraters der Bank Julius Bär gezählt haben. Dieser bekannte sich schuldig und wurde 2018 in den USA zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Inzwischen wurde die Strafe abgemildert.
Bereits im April 2013 stellte die Bundesanwaltschaft das Verfahren wieder ein. Man habe keine genügenden Beweise gefunden, dass die Gelder deliktischer Herkunft seien, hiess es damals im Entscheid. Entscheidend war, dass die venezolanische Justiz keine Straftat anerkannt hatte – womit der Schweizer Ansatzpunkt wegfiel.
Ein Jahr nach der Sistierung der Ermittlungen stiegen Betancourt und Convit mit Minderheitsbeteiligungen bei der Tessiner Privatbank Banca Credinvest ein. Nach einem Enforcement-Verfahren sanktionierte die Finma die Bank im Oktober 2020 wegen ungenügender Abklärungen zu PDVSA-Geldern.
Rudy Giuliani eingepannt
Betancourt ist seit einigen Jahren damit beschäftigt, sich gegen internationale Strafverfahren zu wehren. Während der ersten Präsidentschaft von Donald Trump beauftragte er Rudy Giuliani, um beim US-Justizministerium, dem Nationalen Sicherheitsrat und Justizminister William Barr wohlwollende Behandlung zu erwirken.
Wie Medien berichteten, soll Betancourt zudem ein Vehikel namens O’Hara Financial genutzt haben, um unrechtmässig erlangte Gelder über diverse Beteiligungen in Spanien, Grossbritannien, der Schweiz und weiteren Ländern zu waschen.