Rage-Target-Derivate
Die Grossbank hat sechs Berater ins Visier genommen, die sich beim Verkauf von FX-Derivaten nicht an die Regeln gehalten hätten. Die Chefs sollen dagegen ungeschoren davonkommen.
6. August 2025 • Beat Schmid

Letzte Woche nahm UBS-Chef Sergio Ermotti erstmals Stellung zu den berüchtigten strukturierten Produkten, die bei vermögenden Kunden zu grossen Verlusten geführt hatten. Sie investierten in sogenannte Rage-Target-Derivate («Range Target Profit Forwards»), die regelmässige Coupons ausschütten, wenn sich ein Währungspaar innerhalb eines festgelegten Kursbandes bewegt.

Anfang April rissen die Produkte die Limiten, bescherten den Kunden grosse Verluste und lösten Nachschusspflichten aus. Inzwischen soll die Bank mit über 100 Kunden Entschädigungsvereinbarungen getroffen haben.

Auf die Frage, wer nun die Verantwortung für das Debakel trage, wies Sergio Ermotti letzte Woche auf die unterste Stufe in der Bankhierarchie: die Beraterinnen und Berater, die die Produkte ihren Kunden verkauft hatten. Die interne Überprüfung habe ergeben, dass «an wenigen Standorten eine Handvoll Kundenberater» identifiziert worden sei, die sich nicht an die «geltenden Regeln, Governance und Kontrolle für die Verwaltung dieser Produkte» gehalten hätten, so Ermotti. Ein systemisches Versagen liege nicht vor.

Mangelndes Risikomanagement

Über das Schicksal der Banker ist wenig bekannt. Vielleicht werden einige das Debakel überleben, andere möglicherweise nicht. Dass die Bank die Verantwortung auf der untersten Stufe verortet, ist nicht komplett falsch. Welche Produkte die Berater welchen Kunden ans Herz legen und welche nicht, liegt – zumindest ein Stück weit – in ihrem Ermessen. Sie kennen den Kunden am besten – Produktepushs von oben hin oder her.

Und doch: Die Kundenberater stehen unter erheblichem Druck, das umzusetzen, was von oben verlangt wird und das zu verkaufen, was in einem zunehmend margenanämischen Markt am meisten Erträge bringt. Weiterer Punkt: Die Kundenberater operieren nicht im luftleeren Raum. Sie haben Chefs, und die Kernaufgabe dieser Chefs ist es, ihre Berater zu überwachen. Bei der Überwachung ging ganz offensichtlich einiges schief. Warum erkannten die Chefs nicht, dass die Berater Rage-Target-Derivate auch an Kunden verkauften, die die Produkte nicht verstanden und die Risiken nicht einschätzen konnten? Das deutet auf ein mangelndes Risikomanagement hin.

F&W zielt auf Sabine Keller-Busse

Wie die «Finanz & Wirtschaft» (Abo) heute schreibt, dürfte der Fall Munition für Kritiker liefern, die argumentieren, die Bank sei zu gross und habe ihre Risiken nicht unter Kontrolle, was zukünftige, strengere Regulierungen wahrscheinlicher machen könnte. UBS stehe vor der Herausforderung, das Vertrauen von Kunden, Regulatoren und der Öffentlichkeit in der Post-CS-Ära zu sichern.

Das «Desaster um die Dollar-Derivate» könnte zudem weitere Kreise ziehen und personelle Konsequenzen auf Top-Management-Ebene haben, schreibt das Blatt weiter. Die F&W sieht Sabine Keller-Busse unter Druck. Ob damit auf die richtige Person gezielt wird, ist fraglich. Zwar ist es folgerichtig, dass sie als Schweiz-Chefin die Taskforce leiten muss, doch ausgeheckt und in den Markt gepusht wurden die Produkte vom Global Wealth Management (GWM) mit Iqbal Khan an der Spitze.

Hinzu kommt, dass die Erlöse aus den hochmargigen Rage-Target-Produkten vollständig seiner Abteilung zugerechnet werden. Auch die Boni aus dem Geschäft werden ausschliesslich in seiner Abteilung verteilt.

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