Range Target Profit Forwards
Gemäss einer gutinformierten Quellen wird es nicht bei 100 «Goodwill»-Entschädigungen bleiben. Derweil tritt die Grossbank bei den Verkäufen der riskanten Produkte auf die Bremse.
29. Juli 2025 • Beat Schmid

Wie teuer wird der UBS das Debakel mit Devisen-Derivaten noch zu stehen kommen? Gemäss einer ranghohen Quelle innerhalb der Bank könnte der gesamte Schaden zwischen 100 und 300 Millionen Dollar betragen. Das sei das Zielband, mit dem die Bank rechnen müsse.

Das erinnert an die Entschädigungszahlungen, die die Credit Suisse nach der Finanzkrise an Kunden leistete, die wegen der Lehman-Pleite Geld verloren hatten. Damals zahlte die inzwischen untergegangene Bank rund 150 Millionen Franken an 2000 Kunden.

Bisher hat die UBS sogenannte «Goodwill»-Zahlungen an rund 100 Anlageopfer von sogenannten Range-Target-Produkten geleistet. Die kumulierte Summe soll dabei bei einem tiefen zweistelligen Millionenbetrag liegen. Ob die Bank mit diesem Betrag durchkommt, ist zu bezweifeln. Viele Fälle sind noch offen, unter den Geschädigten befinden sich auch prominente Namen aus der Schweizer Wirtschaft.

Stand jetzt betrachtet die UBS den zu erwartenden finanziellen Schaden offenbar als «nicht materiell», wie aus der Bank zu hören ist. Das heisst, die Bank ist nicht gezwungen, eine bestimmte Summe zur Deckung von potenziellen Kompensationszahlungen zurückzustellen. Daher ist auch nicht zu erwarten, dass die UBS diesen Mittwoch konkrete Angaben zu möglichen Kosten machen wird. Dann wird sie ihre Zahlen für das zweite Quartal bekanntgeben.

Immaterieller Schaden

Allerdings scheint der immaterielle Schaden bereits beträchtlich zu sein. Dass die Bank in ihrer Kerndisziplin, dem Globalen Wealth Management (GWM), mit ebenso hochmargigen wie riskanten Produkten einen Teil ihrer betuchten Klientel im Heimmarkt verärgert, schädigt ihrem Ruf. Gäbe es die Credit Suisse noch, würde man jetzt schadenfreudig mit dem Finger auf die UBS zeigen, sagt ein ehemaliger CS-Mitarbeiter.

Um den Schaden einzudämmen, hat die Bank nun begonnen, ihre Verkaufsstrategie für die Produkte zu ändern. Wie die FT berichtet, hat die UBS hat ihre Berater angewiesen, den Verkauf der strukturierten Devisenprodukte an viele Kunden zu stoppen. Grund seien wachsende Bedenken hinsichtlich der Verkaufspraktiken und der Frage, ob die Produkte für die Zielkunden geeignet seien.

Zudem soll die Bank interne Rollenspiele durchführen, damit Berater besser die Risikoprofile und die Eignung von Kunden beurteilen können. Die Tonalität an internen Meetings habe sich in den vergangenen Monaten komplett verändert, sagt eine Person. «Jetzt geht es nur noch um Risikoanalyse, nicht mehr darum, wie viele Kunden man für diese Produkte mit den lukrativen Gebühren gewinnen konnte», heisst es.

Wie die FT schreibt, habe ein UBS-Berater seinem Kunden kürzlich erklärt, dass solche Produkte wie Range Target Profit Forwards (RTPF) sollten nun nur noch für die erfahrensten Kunden angeboten werden – mit deutlich schärferer Prüfung der Eignung. Der Kunde sagte weiter, sein Berater sei deutlich vorsichtiger geworden: «Diesmal brachte mein Berater keine Unterlagen mit – er wollte nur reden. Er sagte, sie hätten die Anweisung erhalten, diese Produkte nicht mehr aktiv zu pushen.»

Allerdings sind die RTPFs weiterhin auf dem sogenannten Product Buffet des Globalen Wealth Managements. Das heisst, sie können weiterhin verkauft werden. Möglicherweise in einem deutlich geringeren Volumen.

Denkbar ungünstiger Zeitpunkt

Das Debakel mit den Devisen-Derivaten kommt für die Bank zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Die Grossbank steht unter Druck wegen zusätzlicher Kapitalpuffer, gegen die sie sich wehrt. Das zentrale Argument gegen die höheren Puffer: Das zusätzliche Kapital sei nicht nötig oder gar kontraproduktiv, weil die Bank ein risikoarmes Geschäftsmodell fahre.

Richtig ist aber auch, dass die UBS in der Vermögensverwaltung unter erheblichem Margendruck steht. Iqbal Khan ist als Co-Chef des Global Wealth Management (GWM) verantwortlich für das weltweite Geschäft ausserhalb der USA. In den letzten Monaten hat die Abteilung ihre derivativen Positionen deutlich ausgebaut. Das Exposure von sogenannten Over-the-Counter-Derivaten, zu denen auch die RTPFs gehören, kletterte 2024 im Wealth Management auf 11,7 Milliarden Dollar – von 8,3 Milliarden im Vorjahr. Das entspricht einem Plus von 43 Prozent.

Damit kann die Bank ihre Einnahmen steigern. Im Jahr 2024 konnte das GWM seine transaktionsbasierten Einnahmen auf 4,5 Milliarden Dollar erhöhen – ein Plus von 24 Prozent. Die wiederkehrenden Einnahmen legten in einem ausgesprochen positiven Marktumfeld dagegen nur um 15 Prozent zu.

Die Produkte wie die fraglichen RTPFs werden in der UBS Investment Bank konstruiert, aber im Wealth Management verkauft. Wie das Zusammenspiel funktioniert, lesen Sie hier.

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