Special Week: KI im Banking
Die Zukunftsaussichten sind visionär, doch wie steht es um den Status Quo der Schweizer Banken in Sachen Künstliche Intelligenz? Tippinpoint hat bei fünf Banken nachgefragt.
18. Juli 2025 • Anton Beck

Die Spekulationen darüber, wie viel Raum Künstlicher Intelligenz in unserem Leben einnehmen, welche Arbeiten sie uns abnehmen und welche Vor- und Nachteile sie uns bringen wird, sind weitreichend. Doch wie sieht ganz konkret die Gegenwart aus? Wo benutzen die Schweizer Banken bereits KI und welche Unterschiede zeigen sich dabei zwischen den einzelnen Instituten? Eine Nachfrage bei der UBS, der Zürcher Kantonalbank (ZKB), der Privatbank Maerki Baumann, der Raiffeisenbank und der Luzerner Kantonalbank (LUKB) zeigt: Der Finanzplatz Schweiz tastet sich innovativ, aber behutsam vor. Keine Bank will die Entwicklung verpassen, doch die aktuellen Anwendungsfelder sind noch überschaubar. Ebenso wie die Regularien.

Darüber, dass KI richtungsweisend sein wird, sind sich alle befragten Banken einig und in irgendeiner Form ist sie auch bereits im Einsatz. Sowohl die ZKB wie auch die Raiffeisenbank setzen auf KI-basierte Kundenonboarding. Bei der Raiffeisen betrifft das etwa die Identifikation der Kundschaft bei der digitalen Kontoeröffnung. Auch Chatbots sind bereits ein wesentlicher Bestandteil der KI-Erfahrung von Kundinnen und Kunden (die LUKB benutzt für ihren Chatbot «Lou» das Programm GPT4 im Hintergrund), oder aber «in Zukunft gut vorstellbar» (Raiffeisen). Der LUKB Chatbot «Lou» beispielsweise hilft Kundinnen und Kunden weiter, wenn es um Fragen zum E-Banking, um Twint, um die 3. Säule, Krypto- und Digital-Assets, um Konten und Karten und Rückruftermine oder darum geht, Kunde zu werden. Wenn es aber etwa um Limite-Anpassungen, Bestellungen von Ersatzkarten oder E-Banking geht, kann «Lou» nicht weiterhelfen. Die LUKB verrät aber: «Das liegt nicht daran, dass der Chatbot es nicht könnte, sondern daran, dass wir uns aus Sicherheitsgründen bewusst dagegen entschieden haben.»

Laut ZKB ist KI auch in der Bekämpfung von Finanzkriminalität «nicht mehr wegzudenken». In einem Beitrag der Hochschule Luzern bezüglich der Zusammenarbeit von KI und der Finanz- bzw. Wirtschaftskriminalitäterkennung erklärt die Rechtsexpertin Carole Aubert, dass dabei vor allem im Bereich Identifizierung von verdächtigem Kaufverhalten oder aber in der Bilderkennung KI eingesetzt werden.

Maerki Baumann, die einzige ausschliessliche Privatbank unter den Befragten, geht gar soweit, dass sie Künstliche Intelligenz mittelfristig in den «Kerndienstleistungen einer Bank, etwa in der Vermögensverwaltung, Anlageberatung und Finanzierung» sieht. CEO Stephan Zwahlen konkretisiert aber: «In der Anlageberatung und Vermögensverwaltung wird sich ein hybrider Ansatz durchsetzen, der disruptive Technologien mit menschlicher Interaktion kombiniert. Die Rolle des Kundenberaters wird sich im Zuge dessen zum Sparringspartner entwickeln.» Zudem seien ein KI-gestützter Bot für das Intranet und KI-basierte E-Learnings für Mitarbeitende in Planung. Und in der Compliance, der Risikoüberwachung und im Marketing sei es bereits heute gezielt im Einsatz.

Regularien noch am Anfang

Ein Sprecher der UBS fasst zusammen, was sich in allen befragten Banken widerspiegelt: «KI und generative KI-Technologien machen rasante Fortschritte, während sich die regulatorischen Rahmenbedingungen vielerorts erst noch am Entwickeln sind.» Die LUKB wiederum beschreibt den regulatorischen Aufwand als «mit vertretbarem Ressourcenaufwand erfüllbar» und führt weiter fort «Der Umgang mit KI tangiert zahlreiche Themen, die bereits heute streng reguliert sind (zum Beispiel Datenschutz), und deren Umsetzung bereits heute zum Beispiel in der Softwarebeschaffung/-Implementation Standard ist».

Verschiedene KI-Systeme im Einsatz

Bezogen auf die Frage, welche KI-Systeme im Einsatz sind, äussern sich nicht alle befragten Banken konkret. Bei der Raiffeisen wurde «gruppenweit im Frühjahr 2024 Microsoft Copilot als KI-Assistent für alle Mitarbeitenden eingeführt». Die UBS ist hier, zumindest soweit die Kommunikation erahnen lässt, am diversifiziertesten aufgestellt: «Wir entwickeln auch unsere eigenen, massgeschneiderten Tools, zum Beispiel den proprietären KI-Assistenten «Red», der mehr als 40'000 Mitarbeitenden KI-gestützten Zugang zu UBS-Produkten, Research und CIO-Berichten bietet, damit sie ihre Kundinnen und Kunden noch besser bedienen können.», heisst es von Seiten der Grossbank. Neben GitHub Copilot für die Software-Ingenieure gibt es zudem die Open AI Synthesia «zum Beispiel in der Investmentbank, wo wir den Einsatz von Avataren zur Unterstützung von Analysten getestet und eingeführt haben. Eine Analystin oder ein Analyst kann ein Skript an die KI senden, welche daraus ein Video erstellt. Sie können das Ergebnis überprüfen und es vor der Veröffentlichung durch das übliche Kontrollframework senden». Zudem prüft die UBS «kontinuierlich Drittanbieter».

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