Via Maistra in St. Moritz – die Hauptstrasse der Oberengadiner Topdestination. Dort residiert die UBS in einem imposanten Eckgebäude. Die vielen Sitzungszimmer im Innern des Sitzes deuten auf intensive Wealth-Management-Aktivitäten hin.
Seit den Wochen nach dem 2. April herrscht Krisenstimmung an der Via Maistra. Laut internen Quellen sind Kunden der UBS im Engadin besonders stark betroffen von Verlusten, die sie mit Devisen-Derivaten erlitten haben. «Die UBS in St. Moritz ist ein Hotspot der Finanzprodukte», sagt ein Banker.
Diese sogenannten Conditional Target Redemption Forwards sind hochkomplexe Derivate, die gehebelte Wetten auf Währungspaare ermöglichen. Die zwischen Bank und Kunden ausgehandelten Kontrakte sehen den Kauf von Dollarbeträgen zu vordefinierten Zeitpunkten innerhalb eines festgelegten Kursbandes vor. Zum Problem kommt es, wenn der Kurs unter die Schwelle fällt – was nach dem 2. April offenbar bei vielen Kunden geschah und sogenannte Margin Calls auslöste.
In einer einfacheren Form wurden die Produkte vor allem von Unternehmens- und institutionellen Kunden zur Absicherung (Hedging) ihrer Fremdwährungspositionen eingesetzt. Nachgerüstet mit einem Turbo (Leverage) wurden sie jedoch auch im Wealth Management vermarktet, um vermögenden Kunden hochspekulative Wetten auf Devisenpaare zu ermöglichen.
Auch der Thurgau betroffen
Wenn vermögende Kunden hohe Verluste mit Finanzprodukten erleiden, die sie auf Empfehlung ihres Bankberaters gekauft haben, ist schnell Feuer im Dach. Gemäss einer UBS-Quelle muss sich der Schweiz-Chef des UBS Wealth Managements, August Hatecke, persönlich um die betroffenen Kunden in St. Moritz kümmern. Er verfügt über eine direkte Reportingline zu Iqbal Khan, dem Co-Chef der globalen Vermögensverwaltung, wohin auch das P&L des Schweizer Wealth Managements geht.
Die Filiale in St. Moritz ist organisatorisch der Region Ostschweiz der UBS zugeteilt. Zu deren Einflussbereich gehört auch der Thurgau. Auch dort gibt es gemäss einer Quelle eine Ballung von Kunden, denen die Devisen-Kontrakte verkauft wurden. Dabei handelt es sich nicht um sehr vermögende Kunden (HNWI und UHNWI) wie in Engadiner Nobelgemeinde, sondern um sogenannte Affluents, die investierbare Vermögen von wenigen 100’000 bis 2 Millionen Franken haben.
Devisen-Forwards mit Nachschussflichten gelten als generell ungeeignet für Kunden mit einem schmalen Portemonnaie. Dass sie ihnen trotzdem ins Depot gelegt wurden, ist nur schwer nachzuvollziehen. Die UBS verfügt über ausgeklügelte Systeme, die sicherstellen sollen, dass die Produkte zur Risikofähigkeit eines Kunden passen. «Im Normalfall hätten ganz viele Red Flags aufleuchten sollen», sagt ein Banker.
Es muss nun intern abgeklärt werden, ob die Systeme versagt haben oder ob Kundenberater diese umgangen haben. Es ist davon auszugehen, dass sich nicht nur die interne Risikokontrolle bei der UBS dafür interessiert, sondern auch die Finanzmarktaufsicht dazu ein paar Fragen stellen dürfte. Die UBS lehnte eine Stellungnahme ab.