Bankenregulierung
Seit 2009 drohten UBS-Spitzen mindestens vier Mal, den Sitz ins Ausland zu verlegen. Doch noch nie wurde so heftig über einen möglichen Wegzug der UBS gestritten wie diesmal.
10. Dezember 2025 • Beat Schmid

Anfang November wurde es erstmals richtig laut: Der Schweizer Bankengigant nähere sich «dem historischen Schritt, die Schweiz zu verlassen», schrieb das US-Boulevardblatt New York Post. Die Schlagzeile sass – und versetzte die hiesige Medienlandschaft in helle Aufregung.

Wochenlang wurde spekuliert, ob und wie realistisch eine Umsiedlung der grössten Bank des Landes ins Ausland sei. Ein Chefredaktor wollte wissen, dass ein Wegzug in die USA nicht nur eine Drohkulisse, sondern tatsächlich eine reale Gefahr sei. Medien skizzierten mögliche Szenarien, wie ein solcher Schritt aussehen – und was er kosten könnte.

Am 17. November folgte der nächste Knaller. Staubtrocken berichtete die Financial Times, als sei alles bereits entschieden: «UBS chair Colm Kelleher and US Treasury secretary Scott Bessent have privately discussed moving the bank's headquarters to the US.» Spätestens damit kochte das Thema über. Dem Finanzblog Inside-Paradeplatz platzte der Kragen. Weil Kelleher mit solchen Planspielen das Vertrauen verspielt habe, müsse «Bern der UBS-Spitze die Schweizer Bank wegnehmen».

«Der Rest ist Bullshit»

Mit der FT-Story wurde der UBS-Zentrale offenbar klar, dass permanente Wegzugsdrohungen mehr Schaden anrichten könnten, als sie im Lobbying für tiefere Eigenkapitalanforderungen nützen. Zumal die Wirtschaftskommissionen des Parlaments bereits weitgehend auf UBS-Linie lagen. Der Zeitpunkt für ein Gegenmanöver war ideal. Nur wenige Tage später machte CEO Sergio Ermotti klar: «UBS als Schweizer Bank ist das beste Ergebnis – daran arbeiten mein Präsident und ich. Der Rest ist Bullshit.» Die Bank habe nie damit gedroht, das Land zu verlassen. «Das ist absurd.»

Damit lag endlich ein halbwegs klares Dementi vor – nachdem die Bank das Thema über Monate mit vagen Formulierungen (Wir möchten in der Schweiz bleiben, wenn …) am Köcheln gehalten hatte.

Es dürfte also bleiben wie bei früheren Drohungen. Die UBS bleibt in der Schweiz. Wir können das Thema ad acta legen – und festhalten, dass das UBS-Spitzenpersonal seit 2009 bereits zum vierten Mal mit einem Wegzug drohte.

Grübel: «Ein Wegzug wäre logisch»

Im Jahr 2009 war es Oswald Grübel, der frisch eingesetzte CEO, der eine Verlegung des Hauptsitzes ins Ausland ins Spiel brachte. Sollte die Schweiz den Grossbanken eine Holdingstruktur vorschreiben, wäre ein Wegzug logisch, sagte er. Eine bemerkenswerte Aussage, nur ein Jahr nachdem die Bank mit Steuermitteln vor der Pleite gerettet worden war.

Die Idee einer Holdingstruktur stammte von Christoph Blocher und Nicolas Hayek; später wurde sie in abgeschwächter Form umgesetzt. Die Credit Suisse erhielt einen Rabatt – den berüchtigten «regulatorischen Filter». Sie durfte im Stammhaus deutlich weniger Eigenkapital für ihre Auslandstöchter hinterlegen.

Auch damals blieb es bei der Drohung. Die UBS hielt ihren Sitz in der Schweiz. Grübel trat später zurück, nachdem der Trader Kweku Adoboli in London 1,8 Milliarden Franken verzockt hatte. Davor musste er den existenzbedrohenden Steuerstreit mit den USA bewältigen. Sein Nachfolger: Sergio Ermotti.

Sergio Ermotti: «Ich sage nur die Wahrheit»

Auch Ermotti arbeitete bereits einmal mit dem Wegzug-Szenario. 2017 sagte er in einem Interview, dass es keine Garantie für den Verbleib in der Schweiz gebe. «Nichts ist sicher, nicht einmal, dass die UBS in der Schweiz bleibt», erklärte er gegenüber Bloomberg. In Le Matin Dimanche doppelte er nach: Er wolle keine Unruhe stiften, sondern aufzeigen, welche Entwicklungen im Bankensektor möglich seien.

«Die UBS befindet sich nicht mehr in Schweizer Händen, sondern wird mehrheitlich von ausländischen Investoren gehalten», betonte er. Daher sei es nicht auszuschliessen, dass eine rebellisch auftretende Aktionärsgruppe – selbst als Minderheit – den Sitz infrage stellen könnte.

Belastet werde die Rentabilität insbesondere durch Steuerpolitik, Regulierung und den starken Franken. Andere Standorte in Übersee, in Asien oder auch in Grossbritannien seien «viel attraktiver». Zudem wehrte er sich gegen den «Swiss Finish»: Die Schweiz führe Vorschriften ein, die weit über internationale Standards hinausgingen. Zwar bringe Swissness der Bank einen Wettbewerbsvorteil, doch brauche es ein Gleichgewicht zwischen Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit.

Axel Weber: «Nach Frankfurt!»

Auch 2020 blieb es bei einer Drohung. Damals brachte Verwaltungsratspräsident Axel Weber eine Sitzverlegung nach Frankfurt ins Spiel – im Zusammenhang mit dem Projekt «Signal», der geplanten Fusion von Credit Suisse und UBS. Falls der Deal nicht zustande käme, müsse die Bank nach Frankfurt umziehen, lautete die Botschaft. Sie richtete sich an Finanzminister Ueli Maurer und Finma-Chef Mark Branson.

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