James Butterfill ist seit 2020 bei CoinShares beschäftigt. Vor fünf Jahren schrieb Butterfill einen Artikel mit dem Titel «A Little Bitcoin Goes a Long Way». Darin behandelt er, wie Bitcoin in ein Portfolio passt. Diese Einsichten seien ein zentraler Bestandteil des heutigen Kundenangebots, dass Bitcoin zur Verbesserung der Sharpe-Ratio und zur Diversifizierung beitrage. CoinShares legte bereits 2014 das erste Anlageprodukt in Bitcoin auf. «Die langjährige Erfahrung ermöglicht uns, die tiefsten Gebühren und engsten Spreads anzubieten», sagt Butterfill. Das Unternehmen verwaltet 10 Milliarden Dollar. Der Schweizer Konkurrent 21 Shares bringt es auf 4 Milliarden.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Ein Index für Krypto- und Blockchain-Aktien
• Erster Euro-Staatsfonds investiert in Bitcoin
tippinpoint: Gemäss ihrer Homepage bietet CoinShares Produkte wie ETP, Hedgefonds, Indizes sowie reine Kapitalmarktdienstleistungen an. Welcher ist der wichtigste Geschäftsbereich?
James Butterfill: Wir verfügen über ein grosses Kapitalmarkt-Team, weil CoinShares ursprünglich ein Hedgefonds war. Als wir das erste Produkte aufgelegt haben, gab es weder Market Maker noch Verwahrstellen. Das Kapitalmarkt-Team ist im Market Making tätig, es macht aber auch viel Prop Trading – wir machen Arbitrage zwischen dem Spot- und dem Terminmarkt. Etwa 50 Prozent der Einnahmen stammen vom Handels- und dem Kapitalmarkt-Team, der Rest kommt hauptsächlich aus der Vermögensverwaltung.
Wie unterscheiden Sie sich von Konkurrenten wie Bitwise, 21 Shares etc.?
Einige Konkurrenten verfolgen einen «maschinengewehrartigen» Ansatz und bringen in hoher Kadenz neue Krypto-Anlageprodukte auf den Markt. Sie lancieren und hoffen, dass es funktioniert. CoinShares ist viel selektiver und wendet solide Anlageprinzipien an, bevor eine Lancierung erfolgt. Wir möchten unsere langjährigen Kundenbeziehungen nicht ruinieren.
Ihr Unternehmen plant, mit einem Reverse Takeover an die US-Börse zu gehen. Circle und Bullish sind dort schon kotiert. Müssen Kryptounternehmen in den USA kotiert sein?
CoinShares ist bereits dort. Wir besitzen Valkyrie, die etwa 1,2 Milliarden Dollar verwaltet und einen ETF und einen Bitcoin-Mining-Fonds führt. Die Nachfrage nach Kryptowährungen ist in den USA einfach grösser als in Europa. Der Stimmungswechsel der Regierung unter Präsident Trump hat sicher dazu beigetragen. Es ist ein kryptofreundliches Umfeld, wie der Aufbau der strategischen Reserve, Genius-Act und zahlreiche neue Krypto-ETF zeigen, die kurz vor der Einführung stehen.
Eine Vielzahl von Krypto-ETF, darunter Dogecoin-Produkt, haben in den USA einen Zulassungsantrag gestellt, stehen wir vor einer Blase?
Es kommt zu Übertreibungen, einige Anbieter sehen die Nachfrage, ein ETF ist dann schnell beantragt. Aber eine Zulassung zu bekommen, ist etwas anderes. Solana- und Ripple-ETF werden aber bald auf den Markt kommen.
Verändern ETF den Markt, weil sie viele Assets absorbieren?
Die Fundamentaldaten eines Vermögenswerts werden durch einen ETF nicht verändert. Doch die Anlageklasse wird demokratisiert. Die Bitcoin-ETF haben es viel einfacher gemacht, Bitcoin in einem regulierten Rahmen zu kaufen. Die Verwahrungslösungen der ETF sind wesentlich robuster als jene an einer Kryptobörse. Die Liquidität wurde eher zugunsten der Märkte verbessert. An den Kryptobörsen ist die Liquidität aber zurückgegangen. ETF haben vielen Pensionsfonds und institutionellen Anlegern ermöglicht, in einer regulierten Struktur Zugang zu Kryptowährungen zu erhalten.
Sie beschäftigen sich seit 10 Jahren mit Krypto. Empfinden sie es nicht als Verrat, wenn der unzensierbare Bitcoin in traditionelle Finanzstrukturen gepresst wird?
Ich war nie ein Bitcoin-Maxi, der gegen das Finanz-Establishment ist. Man findet immer weniger solche Leute in der Industrie. Wenn man Bitcoin mit ETF kauft, verliert man einen Teil der Souveränität. Aber es gibt immer noch die Möglichkeit, Bitcoin in physischer, nativer Form zu kaufen.
Dann wird der Bitcoin nicht die gesamte Finanzwelt umkrempeln?
Da bestehen noch einige wirtschaftliche Hindernisse. Wenn Bitcoin die einzige Währung wäre, die die Menschen verwenden, könnte man keine Geldpolitik betreiben und damit die Auswirkungen einer Rezession abmildern oder eine Überhitzung der Wirtschaft verhindern. Der wirtschaftliche Übergang dorthin wäre ein steiniger Weg und es würde viele destabilisierende Kosten geben. Aber man weiss nie, ob das Finanzsystem überlebt, wir haben eine lockere Geldpolitik und enorme Staatsschulden. Viele Kunden sichern sich gegen dieses Szenario ab.
Beachten Sie den Kryptosektor als homogen? Bitcoin, Ethereum und alle andern verhalten sich in der Tendenz gleich.
Ich betrachte Bitcoin als einen nicht-staatlichen Wertspeicher, aber mit einer Wachstumskomponente. Das ist einzigartig. Es gibt Nachahmer wie Litecoin und Bitcoin Cash und einige andere. Keiner kommt in Bezug auf Grösse, Benutzerfreundlichkeit, Entwicklerbasis usw. auch nur annähernd an den Bitcoin heran. Und dann gibt es Ethereum, eine Plattform für intelligente Verträge. Im Ethereum-Netzwerk kann man so ziemlich alles machen. Es gibt zwar technische Herausforderungen in Bezug auf die Transaktionsgeschwindigkeit, aber diese werden langsam verbessert. Es ist wie Amazon Web Services, nur mit einer integrierten Währung. Ethereum ähnelt einer Tech-Aktie. Bitcoin hat das Potenzial, Geld zu transformieren, während Ethereum das Potenzial hat, die Effizienz bei der Verwendung von Stablecoins, realen Vermögenswerten, Abrechnungszeiträumen, Identitätsschutz und v.a. zu verbessern. Das Interessante an Ethereum ist, dass man damit buchstäblich alles machen kann. Es gibt 7000 aktive Ethereum-Entwickler.
Wie wichtig sind Ethereum-Nachahmer wie etwa Solana?
Solana hat sich eine Nische im Bereich der Meme-Coins-Investitionen geschaffen mit einer grossartigen Transaktionsgeschwindigkeit. Auf Meme-Coins entfallen 80 Prozent der Einnahmen. Da stellt sich die Frage, wie nachhaltig ist das? Auch bei Cardano, Polkadot und anderen muss sich zeigen, ob sie sich eine Nische erschliessen können. Das ist mit ein Grund, warum wir keine Altcoin-Season gesehen haben, die Investoren sind kritischer geworden. Man muss sich die Marktgewichte vor Augen halten. 90 Prozent des Kryptovermögenswertes entfallen auf Bitcoin und Ethereum. Ether hat eine Marktkapitalisierung von 40 Milliarden Dollar. Der nächstgrösste Coin ist Solana mit 3,5 Milliarden. Viele institutionelle und private Anleger, zumindest in Form von ETF, wählen derzeit nur Bitcoin und Ethereum und sonst nicht viel anderes.
Sie glauben also nicht an Altcoin-Seasons, in denen der Bitcoin in der Entwicklung hinter andere Coins zurückfällt?
Nein, wir haben das zwar in der Vergangenheit gesehen, aber es gab keine stichhaltige Investitionsbegründung für diesen Erfolg und dürfte zukünftig kaum mehr auftreten.
Stablecoins scheinen derzeit das heisseste Thema im Kryptosektor zu sein. Ist das für einen Asset Manager relevant?
Es ist ein Hilfsmittel für das Cash-Management, eine gute Möglichkeit, Dollar zu besitzen, ohne ein Dollar-Bankkonto zu haben. Zudem sind Stablecoins hilfreich für Menschen in Schwellenländern, die Dollar besitzen möchten. Sie sind auch ein Anlageargument für Ethereum, denn sie verbessern die Einnahmen der Blockchain. Die meisten Stablecoins basieren auf dieser Plattform. Man könnte Stablecoins auch als Einstiegsdroge für den Kryptobereich bezeichnen. Anwender merken so, wie effizient der Kryptomarkt funktioniert.
Im Euroraum, in der EZB, ist auf einmal der digitale Euro, eine digitale Notenbankwährung, ein Thema. Könnte das langfristig dem Bitcoin zusetzen?
Es gibt einige grundlegende Missverständnisse bei der EZB in Bezug auf Kryptowährungen. Das merkt man, wenn man Blogs anschaut und sieht, wie negativ sie den Bitcoin sehen. Die sogenannten CBDC haben nichts mit dem Bitcoin zu tun, ausser dass sie auch auf einer Blockchain basieren – wahrscheinlich auf einer privaten. Es dürfte der EZB lediglich darum gehen, den internationalen Handel zu vereinfachen, denn es bringt Vorteile in Bezug auf die Buchhaltung, die Steuererklärung und die Abwicklungsprozesse. Ein digitaler Euro, bleibt aber ein Euro. Es gibt grosse Bedenken und Probleme mit der persönlichen Freiheit und dem Datenschutz. Denn mit einem digitalen Euro könnte etwa festgelegt werden, dass bestimmte Produkte nicht mehr gekauft werden könnten, die Ausgaben limitiert und allgemein überwacht werden.
Seit einiger Zeit machen Treasury-Unternehmen Schlagzeilen. Sie kaufen Bitcoin und neuerdings auch andere Coins auf die eigene Bilanz. Verändern sie den Markt?
Bei Bitcoin-Treasury-Unternehmen kommt die menschliche Natur ins Spiel. Immer wenn eine neue Technologie auf den Markt kommt, gibt es einen grossen Hype. Treasury-Unternehmen haben diesen Hype genutzt. Wer früher Meme-Coins kaufte, erwirbt heute Aktien von Treasury-Unternehmen. Viele Bitcoin-Treasury-Gesellschaften sind schlechte Unternehmen. So macht MicroStrategy verrückte Dinge. Sie haben Vorzugsaktien mit einer Rendite von 8 Prozent ausgegeben, wodurch sie mehr Einkommen erzielen müssen, als sie derzeit tatsächlich erwirtschaften. Daher werden sie wahrscheinlich weitere Aktien ausgeben und die Aktionäre verwässern müssen, um diese Vorzugsaktien zu bezahlen. Viele Unternehmen, die nicht anders wachsen können, werden zum Treasury-Unternehmen. Für Anbieter wie Strategy gibt es eine Exit-Strategie: Sie können zu einer Bitcoin-Bank werden.
In den USA treten die etablierten Finanzinstitute wie Blackrock in den Markt ein. Werden diese den Markt bald dominieren?
Es sind bisher wenige und dieses dominieren, wie iShares, also Blackrock, den Fondsbereich. iShares verwaltet derzeit ein Vermögen von 100 Milliarden Dollar im Kryptobereich. Der nächstgrössere Anbieter nach Grayscale, der in diesem Zusammenhang nicht relevant ist. Fidelity kommt auf 23 Milliarden Dollar. Die Gebühren für das Fidelity-Produkt sind ziemlich hoch und jüngst kam es zu hohen Abflüssen. Weil die Investoren zunehmend gebührenbewusster werden. Blackrock ist erfolgreich, weil sie über grosse Vertriebsteams verfügen und gut mit verschiedenen Fondsplattformen wie Charles Schwab vernetzt sind.
Lässt sich dieser Erfolge für Blackrock in Europa wiederholen?
In Europa ist die Regulierung anders, gemäss UCITS-Regeln kann es keinen Krypto- und keinen Rohstoff ETF geben, denn ein UCITS-ETF darf nicht mehr als 20 Prozent eines einzelnen Vermögenswerts enthalten. Rohstoffe werden mit ETC, also Exchange Traded Commodities, handelbar gemacht. Es gibt kaum einen Unterschied zwischen einem US-ETF und einem ETC in Europa. Ausser dem Hype. Niemand spricht über europäische ETC. Das Ganze ist auch ein grosser Irrtum. UCITS wurden mit Sitz in Luxemburg geschaffen, weil Luxemburg damals flexible Regelungen erlaubte, aber 20 Jahre später ist die Gesetzgebung im Land restriktiv. Das ist für viele unserer Kunden frustrierend, denn sie wären daran interessiert, Bitcoin über solche Strukturen zu kaufen, aber sie können es nicht, weil sie UCITS reguliert sind.
Werden wir in Europa deshalb auch bald Treasury-Unternehmen sehen, die Bitcoin auf die eigene Bilanz kaufen?
Ich kann keine Namen nennen, aber es gibt Gesellschaften, die diesen Schritt vorbereiten. Und um klarzustellen, ich finde es grundsätzlich keine schlechte Idee, Bitcoin als Schutz gegen Währungsschwankungen und andere Risiken zu halten. Viele US-Gesellschaften kaufen aber nur Kryptos, weil sie auf steigende Kurse wetten. Übrigens, CoinShares hat auch Bitcoins auf der eigenen Bilanz.
Wenn ich eine sehr wohlhabende Person oder ein Family Office wäre, welchen Anteil an Kryptoanlagen würden Sie mir empfehlen?
Das kommt auf Ihren Risikoappetit an. Eine 4-Prozent-Position erhöht das Risiko im Portfolio um hundert Basispunkte. Das mag für viele Anleger zu viel sein. Es hat sich aber gezeigt, dass jeder Anteil über 10 Prozent eine dramatische Verbesserung des Risiko-/Ertragsprofils gibt. Ab zwölf Prozent zeigt sich jedoch keine Verbesserung der Sharpe-Ratio mehr. Jede Position deutlich jenseits über diesen Wert ist wenig sinnvoll.
Die US-Administration hat mit ihrer Politik die Kryptobranche beflügelt. In anderen Bereich aber gezeigt, dass sie sehr sprunghaft reagiert. Könnte der politische Rückenwind bald wegfallen?
Die Entwicklungen ändern sich in den USA tatsächlich schnell. Aber die strategische Kryptoreserve und der Genius-Acts sind nun gesetzlich verankert. Das ist etwas anderes als Presidential Orders, die wieder gekippt werden können. Es wird schwierig für den nächsten Präsidenten, den Kurs zu ändern. Es gibt auch eine grosse Unterstützung durch die US-Finanzindustrie. Es war jedoch ein hässlicher Moment – ein Tiefpunkt für den Kryptosektor – als das Umfeld der Familie Trump Meme-Coins zur eigenen Bereicherung emittierte. Das ist die menschliche Natur. Es ist wie beim Eisenbahnboom vor zweihundert Jahren in den USA, als plötzlich viele Schlangenölverkäufer auftauchten. Krypto ist ein einfaches und schnelles Mittel, um Investoren über den Tisch zu ziehen, wenn diese die Due Diligence nicht sauber machen.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Ein Index für Krypto- und Blockchain-Aktien
Ein weiterer Schritt in die traditionelle Finanzwelt: S&P Global lanciert den Digital Markets 50 Index, der eine breite Palette digitaler Vermögenswerte und Blockchain-bezogener Unternehmen abbildet. Der S&P Digital Markets 50 Index umfasst 15 Kryptowährungen mit einem Marktwert von mindestens 300 Millionen Dollar und 35 kotierte Unternehmen der Branche mit einer Börsenkapitalisierung von mindestens 100 Millionen Dollar. Die Bekanntgabe erfolgte am Dienstag, die Bestandteile wurden noch nicht veröffentlicht, aber keiner wird mehr als 5 Prozent des Index ausmachen. Zu den grössten Unternehmen des Sektors gehören das Bitcoin-Treasury-Unternehmen Strategy, die Kryptobörse Coinbase und der Bitcoin-Miner Riot Platforms. Indizes bilden die Grundlage für börsengehandelte Fonds (ETF) und weitere Anlageprodukte. Das Unternehmen Dinari, das zusammen mit S&P Global den Index entwickelt hat, wird eine tokenisierte Version des Index, die «dShare» emittieren, die es Anlegern ermöglichen wird, direkt in den Index zu investieren. Die «dShare» soll bis Ende 2025 auf den Markt kommen. Es gibt bereits andere Krypto-Indices: Der Bitwise-10-Index, umfasst die nach Marktkapitalisierung grössten digitalen Vermögenswerte und ist die Grundlage des Bitwise-10-Crypto-Index-Fund.
Erster Euro-Staatsfonds investiert in Bitcoin
Der intergenerationelle Staatsfonds Luxemburgs (FSIL) hat 1 Prozent seiner Bestände in Bitcoin-ETF investiert und ist damit der erste Staatsfonds in der Eurozone, der dies tut. Nach Überarbeitung des gesetzlichen Rahmens ist der FSIL berechtigt, bis zu 15 Prozent der Vermögenswerte in alternative Anlagen, einschliesslich Krypto, zu investieren. Der Fonds weist ein Vermögen von rund 730 Millionen Euro auf. Europäische Länder wie Finnland, Georgien und Grossbritannien halten bereits Bitcoin. In Finnland und Grossbritannien stammt diese Reserve aus strafrechtlichen Beschlagnahmungen. In Anerkennung der zunehmenden Reife dieser neuen Vermögensklasse und zur Unterstreichung der Führungsrolle Luxemburgs im Bereich der digitalen Finanzen sei diese Investition eine Anwendung der neuen Anlagestrategie des FSIL, die im Juli 2025 von der Regierung genehmigt worden sei, sagte Bob Kieffer, Direktor der Schatzkammer Luxemburgs, während der Präsentation des Haushaltsplans 2026 in der Chambre des Députés.