CDS-Spreads
Versicherungsprämien, die Gläubiger vor einem Konkurs der Schweizer Grossbank schützen, klettern auf das Niveau von 2009. Trotzdem ist die Ausgangslage für CS eine völlig andere – nicht unbedingt eine bessere.
8. September 2022 • Beat Schmid

Die sogenannten CDS-Absicherungen der Credit Suisse werden immer teurer. Am Dienstag erreichten sie einen Wert von 224 Basispunkten. Anfang Jahr lag dieser Wert bei 55 Basispunkten. Das Ausfallrisiko ist also um fast 400 Prozent gestiegen.

Credit Default Swaps (CDS) sind Derivate, mit denen sich Anleger eindecken, wenn sie sich gegen die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens absichern wollen. Im Fall der CS bedeutet das konkret: Anleger müssen 224 Dollar bezahlen, um 10’000 Dollar abzusichern, die sie in eine fünfjährige Anleihe der Grossbank investiert haben.

Das ist der höchste Wert seit März 2009, wie Finanzbeobachter auf Twitter vermelden (siehe oben). Damals betrug der Wert 263 Punkte. Es herrschten völlig andere Zeiten: Das weltweite Finanzsystem lang ein paar Monate nach der Pleite von Lehman Brothers am Boden. Beinahe wäre die ganze Wallstreet in den Abgrund gerissen worden, wenn nicht die US-Regierung ein 700 Milliarden Dollar schweres Rettungsprogramm aus dem Boden gestampft hätte. In der Schweiz musste kurz nach der Lehman-Pleite die UBS vom Staat gerettet werden.

Der aktuell hohe Wert bedeutet nicht, dass schon bald mit dem Konkurs der CS gerechnet werden muss. Er bedeutet aber, dass die Käufer von Schuldpapieren die Stabilität der Credit Suisse so negativ beurteilen wie seit Jahren nicht mehr. Und er bedeutet auch, dass die Krise mit dem Chefwechsel, der Ende Juli erfolgte, noch längst nicht ausgestanden ist.

Man kennt die Logik: Erst wird es schlechter, bevor es wieder besser geht. Der bisher unbestätigte Abbau von Tausenden von Stellen und die Verkleinerung der Investmentbank wird die Credit Suisse viel Geld kosten. Analysten der Deutschen Bank schätzen den Kapitalbedarf der Credit Suisse auf vier Milliarden Franken.

Die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem, ob es gelingt, einen Käufer für einen Minderheitsanteil der Securitized-Products-Sparte zu finden. Das ungeklärte Finanzierungsproblem dürfte wesentlich zur Verunsicherung der Gläubiger beitragen.

Der Staat wird nicht mehr einspringen

Es liegt nun an dem neuen Konzernchef Ulrich Körner, die Märkte zu überzeugen, dass er die Bank aus der Krise steuern kann. Ein Eingreifen des Staates, der ähnlich wie bei der UBS sich hinter die Bank stellt und für Stabilität sorgt, wird es diesmal nicht geben.

Im Nachgang zur Finanzkrise führte die Schweiz bei den systemrelevanten Finanzinstituten ein hartes Eigenkapitalregime ein. Dieses soll verunmöglichen, dass jemals wieder der Staat einspringen muss. Dieses Too-Big-To-Fail-Regime sieht für die beiden Grossbanken vor, dass sie über Kapitalinstrumente verfügen müssen, die im Krisenfall in Eigenkapital umgewandelt oder vollständig abgeschrieben werden können.

Das freigesetzte Kapital würde dann benötigt, um diejenigen Teile zu erhalten, die für die Schweizer Volkswirtschaft relevant sind. Also das Schweizer Klein- und Firmenkundengeschäft sowie wichtige Infrastrukturen, um den Zahlungsverkehr aufrecht zu halten.

Der Rest der Bank liesse man mehr oder weniger unkontrolliert zusammenbrechen. Das zumindest sieht die Theorie vor. Noch nie wurde eine solche Teilpleite in der Praxis getestet. Es ist nicht klar, ob das funktionieren würde und welche Folgen eine solche Aktion hätte.

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