Lienhardt & Partner war die erste Schweizer Privatbank, die ihren Kunden ein Engagement in Bitcoin ermöglichte. Das mag beim Spezialisten für Schweizer Aktien, Immobilien und nichtkotierte Valoren erstaunen. CEO Duri Prader erklärt, dass sein Institut damit nicht zur Kryptobank wird, er aber seinen Kunden den Zugang zu aussichtsreichen Vermögenswerten wie einem digitalen Rohstoff und einer dezentralen Plattform für Open-Source-Software ermöglicht. Bei Prader steckt auch viel eigene Überzeugung im Krypto-Engagement.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Strategy eröffnet Arbitrage-Geschäft
• Der Start von Twenty One Capital scheitert
Tippinpoint: Wann ist Ihnen bewusst geworden, dass der Bitcoin etwas ist, das bleibt und Teil der Anlagestrategie ihrer Privatbank sein soll?
Wir waren früh dabei. Ich habe mich erstmals 2016 mit Bitcoin beschäftigt, weil ich es nicht verstanden habe. Wir waren der Meinung, als Finanzspezialisten müssen wir es begreifen. Ab 2020 boten wir unseren Kunden die Möglichkeit in Bitcoin zu investieren.
Kam der Ausschlag vom Kunden, weil immer mehr nachfragten und in Bitcoin investieren wollten oder wollten Sie ihr Angebot um eine relevante Vermögenskategorie erweitern.
Das kam in keiner Art und Weise von den Kunden. Wir sind als Vermögensverwalter positioniert, der einen Fokus auf Immobilien und Aktien hat. Das ist nach wie vor so, wir sind keine Kryptobank. Die Initiative kam von uns, weil wir zur Überzeugung kamen, dass der Bitcoin eine hoch interessante Vision ist und realistische Chancen auf eine breite Adaption hat. Deshalb müssen wir den Kunden die Anlagechance bieten. Wenn man das nicht macht und sich das weiterentwickelt, wird das auch später niemand mit uns machen.
Sie sprechen von «Wir». War das die Geschäftsleitung und war das eine einhellige Meinung?
Am Ursprung waren der Verwaltungsratspräsident und ich, die sich damit auseinandergesetzt und das Thema gepusht haben. Wir kamen zum strategischen Schluss, wir müssen das offerieren, ohne das wir die Positionierung der Bank ändern. Der Fokus Vermögensverwaltung mit Aktien und Immobilien wollen wir nicht ändern.
Was offerieren Sie einem Kunden konkret, wenn er interessiert ist – nur Bitcoin und auf welchem Weg.
Unser Offering ist beschränkt. Wir bieten einerseits Bitcoin, im Original, ausgewiesen im Depotauszug als BTC. Wir verstehen Bitcoin als digitalen Rohstoff der Zukunft, als virtuelles Gold oder wie immer man es nennen will. Andererseits bieten wir Ethereum als zweitgrösste Kryptowährung an, die stellvertretend ist als Plattform für dezentrale Open-Source-Software. Weil wir keine Kryptoexperten sind, setzen wir nur auf die zwei, nach Marktkapitalisierung grössten Coins.
Wenn es im Depot ist, ist es auch im Steuerauszug des Kunden?
Es ist im Depot, im Steuerauszug unserer Bank. Der Kunde kann uns ganz einfach anrufen und sagen, kaufen sie mir 0,45 Bitcoin und wir machen das. Vielen Kunden, die Interesse zeigen, raten wir – kaufen Sie einmal für 5000 oder 10’000 Franken. Wir fügen aber immer an: Sie werden es nicht in zwei Stunden verstehen, investieren sie 20 bis 40 Stunden dafür. Wir geben gerne die Initialzündung und nachher kann man sich auf dem Web, mit YouTube weiterbilden. Man muss diese Zeit investieren, sonst versteht man die Vision nicht. Es ist derart anders als alles andere, in das man bisher investiert hat.
Das Wallet mit den Coins wird dann von Lienhardt & Partner geführt?
Wir haben eine einfache Lösung gesucht. Weil wir die erste Bank waren, die Bitcoin auch in ihren Mandaten anbietet, haben wir als Partner Bitcoin Suisse als Custodian gewählt. Bitcoin Suisse war damals der einzige Anbieter. Der Kunde erwirbt, wenn er das wünscht, einen digitalen Vault und die Vermögen sind auf der Blockchain segregiert. So entfällt das Gegenparteirisiko. Bitcoin Suisse kennt unsere Kunden nicht, sondern führt den Vault für Kunde 1, 2 ….
Wenn der Kunde auf den Geschmack kommt und grösser in Krypto einsteigt. Wie fügt sich das in die Asset Allocation – was wird im Gegenzug reduziert?
Wir verstehen Bitcoin als digitalen Rohstoff, es ist also eine Ergänzung zu Gold. Ethereum ist ganz etwas anderes. Gold haben wir in der Standardallokation schon lange, weil die ultimative Qualität ist, dass man keine Gegenpartei hat. Das gilt auch für den Bitcoin. Der Nachteil ist, dass es unglaublich schwierig ist, sowohl Gold als auch Bitcoin im Markt zu timen. Denn beide sind ausschliesslich Sentiment getrieben – es ist Angebot und Nachfrage. Es gibt keine fundamentale Nachfrage, die sagt, jetzt ist es teuer und jetzt ist es billig. Deshalb timen wir überhaupt nicht: Wir allozieren und bleiben dabei. In allen Vermögensverwaltungsmandaten ist der Bitcoin berücksichtigt, momentan mit 6 Prozent. Aber es ist das einzige Asset, bei dem der Kunde explizit gefragt wird, willst Du das oder nicht. Die Hälfte verzichtet darauf.
Wie war denn die Reaktion der Kunden, als die traditionelle Privatbank auf einmal auch Kryptowährungen anbot?
Natürlich ist es eine risikoreiche Anlageklasse. Aber es ist auch nicht unser Fokus. Wir sagten allen Kunden: Wir haben uns damit beschäftigt, wir verstehen die Vision und haben eine Idee. Wir sind der Meinung, es ist kein Schneeballsystem, es hat das Potenzial, dass die Adaption zunimmt. Wenn sie interessiert sind, kommen sie auf uns zu und wir erklären es ihnen. Wenn sie nichts damit zu tun haben wollen, ist das kein Problem.
Wie schätzen Sie den Kenntnisstand der Kunden ein?
Der ist tief. Viele unserer Kunden – wir sind eine konservative Bank – hören von ihren Enkeln: Kennst Du das, hast Du das auch? Das weckt das Interesse der Kunden. Aber auch wir können nicht in zwei Stunden das Konzept erklären. Wir können nur das Interesse wecken. Es braucht viele Stunden, bis man das Produkt versteht. Man muss die Vision von Bitcoin verstehen, damit man die Volatilität von Bitcoin aushält, die unglaublich hoch ist und die Kursbewegungen sind null vorhersehbar. Deshalb muss der Kunde von der Vision und der sozialen Adaption überzeugt sein.
Und ihre Kundenberater waren hell begeistert oder gab es da auch Widerstand?
Wir haben unsere Berater ausgebildet – aber die meisten sind sehr skeptisch. Darüber bin ich froh, denn ich will kein Institut sein, das Kunden in eine Vermögensklasse treibt, die sie nicht wollen, wir betreiben kein Hard Selling.
Und spüren Sie ein zyklisches Verhalten der Kunden. Das sie aktuell also anrufen und fragen, was ist denn da los mit dem Bitcoin?
Die Nachfrage ist 100 Prozent zyklisch. Wenn der Preis steigt, kommen mehr Anfragen. Wer investiert ist, ist schon lange dabei und ist deshalb mehrheitlich im Gewinn. Und sie wissen, auf was sie sich eingelassen haben. Es kauft aber auch fast niemand nach, wenn der Kurs 30 Prozent nachgibt. Bis die Nachfrage wieder richtig einsetzt, muss die Notierung wohl über 125’000 Dollar steigen. Wir geben aber keine Kursziele aus, weil wir keine Ahnung haben, wohin die Entwicklung geht. Beim Bitcoin wettet man auf zwei Faktoren. Das die Technologie funktioniert und die soziale Adaption fortschreitet. Bisher ist das für uns seit 2020 gut aufgegangen. Der IPO des Bitcoins hat quasi mit der Zulassung der Spot-ETF Anfang des vergangenen Jahres stattgefunden. Seither ist es offiziell eine Asset Class.
Wenn ein Kunde zu Ihnen kommt und sagt, er wolle einen amerikanischen Krypto-ETF oder ein ETP aus der Schweiz kaufen. Machen Sie das?
Unsere Philosophie ist, dass wir immer das Original kaufen. Wir erwerben eine Aktie und keinen Fonds, wir kaufen eine Immobilie und nicht eine Immobiliengesellschaft. Das Gleiche gilt beim Bitcoin. Der Spot-ETF wäre ein sehr effizientes Produkt, hat aber eine amerikanische Wertpapierkennnummer. Diese kaufen wir für unsere Schweizer Kunden nicht, weil es bei der Erbschaftssteuer problematisch werden kann. Wenn man mit einer US-ISIN leben kann, weil man eine juristische Person ist oder nicht in der Schweiz lebt, ist der ETF eine gute Wahl.
Wenn ich aber bereits Bitcoin auf einem Wallet habe, kann ich zu Ihrer Bank kommen und die Coins in ein Wertschriftendepot buchen?
Nein, wir haben uns aus Compliance- und Geldwäschereigesetzgründen entschieden, keine Transfers zu machen. Das wäre für uns zu aufwändig geworden. Bei uns kann man Bitcoin und Ether kaufen und wieder verkaufen.
Planen Sie, das Angebot auszubauen?
Nein, das planen wir nicht, weil wir mit dem digitalen Rohstoff und der grössten Plattform für die Tokenisierung von realen Werten, die wichtigsten Coins anbieten, die weit mehr als die Hälfte des Kryptosektors ausmachen. Wie sind nicht die Experten, die das Potenzial von einzelnen spezifischen Blockchains einschätzen können.
Zeigt die Krypto-Strategie im Resultat der Privatbank Spuren?
Nein, das ist in den Geschäftszahlen nicht relevant.
Das heisst im Umkehrschluss, für den Kunden ist es eine günstige Anlage für Lienhardt, aber nicht sehr rentabel.
Absolut, das ist so.
Heisst das, dass sie in einigen Jahren nichts mehr verdienen, weil alles tokenisiert ist?
Unser Angebot ist die Beratung und nicht die Funktion als Custodian. Wir sind nicht einmal der Custodian. Das haben wir ausgelagert. Unsere Aufgabe als Finanzexperten ist es, eine Meinung zu den aktuellen Entwicklungen zu bilden und Anlagemöglichkeiten zu empfehlen. Wir sind keine Krypto-Jünger, sondern Finanzexperten, die einschätzen und beraten, wie man Vermögen schützt und langfristig mehrt.
Lienhardt & Partner ist auch bekannt für den Handel mit ausserbörslichen Aktien. Das ist ein Stand-Alone-Faktor. Gab es für den Einstieg beim Bitcoin eine ähnliche Motivation?
Man kann es nicht direkt verbinden. Der Handel mit Nebenwerten ist schon speziell. Es gibt in der Schweiz nur zwei Anbieter als Market Maker. Unsere Strategie ist, wir bieten als KMU andere KMU auf Augenhöhe an. Beim Bitcoin glauben wir, dass es ein Plain-Vanilla-Produkt wird, das man überall kaufen kann und wir auch haben sollten.
Andererseits gab es die Bestrebung, Schweizer KMU-Aktien zu tokenisieren und auf die Blockchain zu bringen. Haben Sie das auch beobachtet?
Als wir begannen, auf die Blockchain zu setzen, war das die erste Stossrichtung. Wir dachten, die nichtkotierten Aktien seien prädestiniert tokenisiert zu werden. Wir sprachen auch Unternehmen an, die auf unserer Plattform ihre Aktien handeln. Es zeigte sich, dass das Interesse überhaupt nicht besteht. Weder bei Aktionären noch bei Unternehmen, die nicht im Technologiebereich und auch keine Start-ups sind. Unser Interesse hat sich dann rein auf eine Ergänzung der Asset Allocation – also auf den Bitcoin – verschoben.
Sie glauben also nicht an die Vision von Unternehmen wie Daura oder Aktionariat, dass Anleger in den Bäcker oder die Maschinenfabrik im Ort direkt über die Blockchain investieren wollen?
Doch daran glaube ich schon, aber die Tokenisierung von KMU-Aktien wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn man an die Digitalisierung glaubt, geht man von digitalisierten Rohstoffen und tokenisierten Assets aus. Solche Entwicklungen brauchen immer viel mehr Zeit, als ursprünglich vorgesehen. Ab einem gewissen Punkt geht es dann aber sehr schnell.
Ist Ihr Engagement mit Kryptowährungen ein Instrument, um sich gegenüber anderen Banken abzusetzen?
Nein, es war in keiner Art und Weise der Versuch, uns zu differenzieren. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir nicht nur eine Bank, sondern eine Bank und eine Immobilienfirma sind. Das ist die Positionierung, die wir behalten wollen. Wir möchten einfach unseren Kunden den Zugang zu einem Vermögenswert ermöglichen, der Potenzial hat. Wenn sich der Bitcoin durchsetzt, wird er sowieso überall erhältlich sein und man kann sich damit nicht mehr differenzieren. Ob sich unser Vorstoss auszahlt, wissen wir in zehn Jahren. Bitcoin wird wie Gold hoch volatil bleiben. Auch wenn viele Leute glauben, Gold sei sehr stabil. Interessant ist, dass beide keine fixe Korrelation zu anderen Asset-Klassen und kein Gegenparteirisiko haben.
Lienhardt ist auch eine Immobilienfirma. Es gibt Bestrebungen auch Immobilien zu tokenisieren und auf die Blockchain zu bringen. Sind sie da auch engagiert?
Bei diesem Versuch haben wir ganz zu Beginn auch teilgenommen. Wir haben aber schnell festgestellt, dass das zu aufwendig ist, weil man immer eine Doppelstruktur fahren muss. Es braucht eine juristische Person, die ins Grundbuch eingetragen wird. Eine technische Person, wie es ein Token wäre, kann nicht eingetragen werden.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Strategy eröffnet Arbitrage-Geschäft
Die aktuellen, anhaltenden Turbulenzen auf dem Kryptomarkt haben einen interessanten Effekt auf den Aktienkurs von Strategy (Ticker: MSTR, ursprünglich MicroStrategy). Das Unternehmen wurde in den vergangenen Jahren durch sein Bitcoin Treasury bekannt, weil es anstelle von flüssigen Mittel Bitcoin in die Bilanz nahm. Das Unternehmen von Michael Saylor begann mit dieser Anlagestrategie im Jahr 2020. Mit der jüngsten Kurskorrektur des Bitcoins von bis zu 30 Prozent wurden die Aktionäre von Strategy aufgescheucht, denn das Unternehmen hatte einen Teil seiner Bitcoin-Bestände mit Fremdkapital finanziert. Nun macht die Angst vor einem Teufelskreis die Runde: Strategy müsse Bitcoin verkaufen, um die nicht mehr gedeckten Kredite zu decken, und durch diese Verkäufe würde der Bitcoin noch schwächer, so die Annahme. Das führte zu einer Überreaktion.
Das Unternehmen sitzt auf einem Bestand von 649 870 Bitcoins. Zu einem Kurs von aktuell 90'200 Dollar hat der Kryptobestand in der Strategy-Bilanz einen Wert von 58,6 Milliarden Dollar. Die Börse bewertet das gesamte Unternehmen jedoch nur mit 50,7 Milliarden. Zudem erzielte das Unternehmen im ursprünglichen Software- und Business-Intelligence-Geschäft einen Umsatz von 440 Millionen Dollar, der allerdings seit Jahren stagniert. Es ist also keine abstruse These, wenn man behauptet, auf dem Aktienkurs von Strategy gebe es einen Abschlag, der früher oder später korrigiert wird. Vor kurzem hatte das Unternehmen zudem angekündigt, dass es zukünftig ausreichende Barreserven in Fiat-Währung für die Zahlung von Dividenden für die nächsten zwölf Monate vorhalten werde, anstatt diese für den Kauf von Bitcoin auszugeben.
Der Start von Twenty One Capital scheitert
Apropos Bitcoin-Treasury: Twenty One Capital sollte das neue Flaggschiff der Bitcoin-Unternehmen werden. Mit einem Bitcoin-Bestand von über 43'500 Bitcoin mit einem Gegenwert von rund 4 Milliarden Dollar positioniert sich das Unternehmen als drittgrösster börsennotierter Bitcoin-Inhaber weltweit. Das Unternehmen wird mehrheitlich von Tether Investments, dem Emittenten des grössten Stablecoins und der Kryptobörse Bitfinex kontrolliert. Die japanische Softbank Group hält eine bedeutende Minderheitsbeteiligung.
Als CEO fungiert Jack Mallers, Gründer des Bitcoin-Lightning-Zahlungsanbieters Strike, der seit Jahren institutionelle Bitcoin-Adoption vorantreibt. Am Dienstag erfolgte der Börsengang durch ein Reverse-Takeover mit dem Spac Cantor Equity Partners. Bei dieser Umwandlung – die als IPO von Twenty One angesehen wird – verlor der Aktienkurs annähernd 25 Prozent. Eine Enttäuschung für die Investoren und vielleicht ein Wendepunkt.
Krypto-IPOs waren dieses Jahr der Hype schlechthin. Bullish, Circle und andere Kryptodienstleister feierten beim Börsenstart sensationelle Erfolge. Doch der Bitcoin-Rückschlag ist nun auch an der Börse angekommen. Die Investoren fragen sich, ob es noch zahlreiche weitere Strategy-Klone braucht. Das Management ist bemüht, dass Twenty-One Capital nicht nur als Bitcoin-Treasury wahrgenommen wird. Man wolle vielmehr verschiedene Dienste bieten, darunter Brokerage, Kreditvergabe, Exchange-Dienstleistungen – ein Unternehmen mit Cashflows, nicht nur mit Coins. Zu sehen ist davon noch nichts, also wird es an der Börse auch nicht honoriert.

