Aktuell überarbeitet die Bank ihr Kompensationsmodell für Kundenberater. Dies wird dazu führen, dass einige langjährige Relationship Manager das Institut verlassen werden. Unter dem Strich soll die Bank jedoch wachsen. Ziel ist es, die Netto-Neugeldquote (Net New Money, NNM) bis 2028 auf 4 bis 5 Prozent jährlich zu steigern, wie die Bank anlässlich ihres Strategie-Updates Anfang Juni in London bekannt gab.
Der Kern des Problems liegt darin, dass Relationship Manager im aktuellen System kaum Anreize haben, neue Kunden zu akquirieren. «Vielen erfahrenen Bankern geht es schlicht zu gut», sagt ein hochrangiger Mitarbeiter, der die Bank vor kurzem verlassen hat. Für sie lohne es sich kaum, zusätzliche Kundengelder hereinzuholen.
Ein theoretisches Rechenbeispiel verdeutlicht das Dilemma: Verwaltet ein Privatbanker 300 Millionen Franken Kundengelder, generiert er daraus rund 3 Millionen Franken Ertrag für die Bank. Das bestehende Lohnsystem ist so konstruiert, dass ihm daraus eine Gesamtvergütung von etwa 300’000 bis 400’000 Franken zufliesst.
Steigert derselbe Banker das Neugeld um sehr ambitionierte fünf Prozent – bei gleichbleibenden Marktbedingungen –, erhöhen sich die Erträge auf rund 3,15 Millionen Franken. Sein daran geknüpftes Gehalt steigt um vielleicht 40’000 Franken. Insbesondere erfahrene Kundenberater mit einem etablierten Kundenstamm und einem hohen Salär haben wenig Anreize, ihren Kundenkreis aktiv zu erweitern.
Tiefe Neugeldrate
Die Folge: Die Nettoneugeldrate von Julius Bär blieb in den letzten Jahren tief. Zwischen 2019 und 2021 lag sie im Durchschnitt bei 3,6 Prozent. Zwischen 2022 und 2024 sank sie auf nur noch 2,7 Prozent. Im Vergleich zu Konkurrenten sind das klar unterdurchschnittliche Werte.
Dieses System will die Bank nun grundlegend ändern – und das Neugeld stärker als zentrale Komponente der Vergütung verankern. Das Lohnmodell umzukrempeln allein wird nicht ausreichen. Gleichzeitig will die Bank jährlich rund 150 neue Relationship Manager einstellen, wie sie am Strategie-Update bekanntgab.
Parallel dazu soll ein gezieltes Ausbildungsprogramm für Associate RMs aufgebaut werden, um «langfristig die Nachfolge der erfahrenen Berater sicherzustellen», wie die Bank begründete. Wie viele erfahrene Kundenberater abspringen werden, weiss niemand. Bär-Manager liessen Anfang Juni in London durchblicken, dass die Bank davon ausgeht, die Zahl der Kundenberater trotz Abgängen steigern zu können.