Asset Management
Kreative Namensänderungen führen ESG-Regulierung ad absurdum. Statt «sustainable», «climate» oder «ESG» heissen viele Produkte nun «selection», «screened» oder «committed».
28. Mai 2025 • Beat Schmid

Seit dem 21. Mai 2025 gelten neue Vorgaben der europäischen Finanzaufsicht ESMA für die Benennung von ESG-Fonds. Ziel der Leitlinien: Mehr Transparenz und Klarheit für Anlegerinnen und Anleger, die bewusst nachhaltig investieren wollen. Doch statt ihre Anlagestrategien im Sinne des Klimaschutzes zu überarbeiten, wählen viele Fondsgesellschaften einen einfacheren Weg – sie haben «schlicht ihre Fonds unbenannt», heisst es in einer Untersuchung, die tausende Fonds durchleuchtet hat. Besonders auffällig sei dabei das Verhalten der Grossbank UBS.

UBS und andere grosse Asset Manager haben die Namen von etwa der Hälfte ihrer betroffenen Fonds geändert – und damit gezielt Begriffe gestrichen, die unter die neuen ESMA-Kriterien fallen. Statt «sustainable», «climate» oder «ESG» heissen viele Produkte nun «selection», «screened» oder «committed». Diese weicheren Begriffe unterliegen nicht denselben regulatorischen Anforderungen und erlauben weiterhin Investitionen in klimaschädliche Unternehmen.

Die Untersuchung wurde von den Organisationen Finanzwende, Urgewald und Facing Finance durchgeführt. Sie zeigt: 674 Fonds europaweit wurden umbenannt, davon 427 mit direkten fossilen Beteiligungen im Wert von rund 13,7 Milliarden Euro. Darunter befinden sich grosse Kohle-, Öl- und Gaskonzerne. Durch die Neubeschriftung können die Positionen weiterhin in den Fonds bleiben.

Semantische Feinheiten

Die neuen ESMA-Leitlinien verpflichten Fonds mit bestimmten Nachhaltigkeitsbegriffen im Namen dazu, fossile Unternehmen auszuschliessen und mindestens 80 Prozent des Fondsvermögens gemäss der im Namen genannten Strategie anzulegen. «Was wir hier sehen, ist kein harmloses Rebranding. Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Fonds gekauft, weil sie nachhaltig investieren wollten», kritisiert Alison Schultz von Finanzwende. «Ein blosser Namenswechsel ersetzt keine echte Veränderung, sondern missbraucht das Vertrauen der Anlegenden.»

Neben State Street (56 %) und Northern Trust (49 %) gehört UBS mit 50 Prozent umbenannter Fonds zu den aktivsten Akteuren in dieser Praxis. Gemäss der Untersuchung strich die UBS bei den Änderungen die Bezeichnung «Sustainable». Etliche Fonds sind zudem mit Bezeichnungen versehen worden, die nicht mehr eindeutig einem ESMA-Bereich zugeordnet werden können.

Kürzlich sorte die UBS für Aufsehen, als sie ihre Nachhaltigkeitsrichtlinien auch im Rüstungsbereich änderte. Das Asset Management der Bank hat die Ausschlusskriterien für Investitionen in Waffenkonzerne gelockert. Laut dem jüngsten Ausschlussrichtlinien («Sustainability Exclusion Policy») von Ende Ende März dürfen bestimmte Nachhaltigkeitsfonds nun in Produzenten konventioneller Waffensysteme investieren.

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