Corporate Governance
Der Zürcher Grossverlag hat ein neues Bonusprogramm für die Konzernleitung und das Top-Management eingeführt. Es ist mit einem Hebel ausgestattet – das erinnert an vergangene Zeiten.
11. Juli 2025 • Beat Schmid

Das neue Bonusprogramm nennt sich Long Term Incentive (LTI) und wird im Geschäftsbericht der TX Group auf Seite 45 so beschrieben: «Zweck des LTIs ist die langfristige Bindung der Mitarbeitenden an die Unternehmen sowie die Förderung der nachhaltigen Unternehmensentwicklung.»

Das tönt unverdächtig. Doch das neue Programm, das bis 2027 läuft, hat es in sich. Nach der Frist werde der «Zielbetrag in Abhängigkeit von dem Erfüllungsgrad der Leistungsziele sowie der Dienstbedingung» ausbezahlt, heisst es weiter. Und: «Der Auszahlungsfaktor kann dabei einen Wert von 0 Prozent bis 200 Prozent annehmen.»

Das bedeutet, dass sich der über drei Jahre aufgebaute Zielbetrag am Ende der Laufzeit verdoppeln kann. Statt einer Million Franken wären es dann zwei Millionen. Null Prozent bedeutet, die bonusberechtigte Person bekommt nichts. 100 Prozent heisst, sie bekommt den Zielbetrag ausbezahlt.

Bonusprogramme, die mit einem Faktor unterlegt sind, sind vor allem in grossen börsenkotierten Unternehmen verbreitet. Inzwischen gelten sie jedoch als Auslaufmodelle. Die UBS beispielsweise nutzt keine Auszahlungsfaktoren mehr. Beim vergleichbaren langlaufenden Bonusprogramm LTIP kann der Endwert maximal 100 Prozent betragen. Es wird also nichts verdoppelt am Ende der Periode.

Erinnerungen an Oswald Grübels PIP

Gerade die Banken sind gebrannte Kinder. Die Credit Suisse hat unter dem damaligen CEO Oswald Grübel in den 2000er-Jahren mit dem PIP das wohl berüchtigtste und umstrittenste Bonusprogramm aller Zeiten lanciert. PIP I und PIP II waren aneinander gekoppelt, sodass der Auszahlungsfaktor zwischen null und maximal neun betragen konnte. Weil es der Credit Suisse plötzlich wieder besser ging, bescherte der PIP CEO Brady Dougan im Jahr 2010 einen Bonus von 70 Millionen Franken. Damit ging er in die Schweizer Bankengeschichte ein.

In diesen Dimensionen bewegt sich der LTI der TX Group freilich nicht. Wie stark er einschenken wird, lässt sich aus dem aktuellen Geschäftsbericht allerdings nicht herauslesen. Mitarbeitende des Verlagshauses befürchten, dass dereinst wieder Millionen ausgeschüttet werden – angesichts der permanenten Sparrunden für viele ein grosses Ärgernis.

Im Jahr 2015 erhielt der damalige Tamedia-CEO Christoph Tonini einen Bonus von 6 Millionen Franken ausbezahlt, was heftige Proteste auslöste. Tonini ist heute CEO der Swiss Marketplace Group, einer TX-Portfoliofirma, und partizipiert damit ebenfalls am LTI-Bonusprogramm. Die Swiss Marketplace Group soll noch diesen Herbst an die Börse gebracht werden.

TX Group schweigt zum LTI

Unklar ist zudem, wie viele TX-Topkaderleute überhaupt ins Bonusprogramm aufgenommen wurden. Im Geschäftsbericht heisst es dazu: Berechtigt seien Mitglieder des sogenannten Executive Teams sowie «ausgewählte Mitarbeitende des Top-Managements» aus den einzelnen Bereichen. Genannt werden dabei die beiden Hauptbereiche Medien und Portfolio mit den Unternehmen 20 Minuten, Goldbach und Tamedia.

Das Executive Team besteht aus 10 Personen, inklusive Verwaltungsrat und Verleger Pietro Supino. Die Geschäftsaktivitäten sind den zwei Konzernbereichen Portfolio und Media zugeordnet. Darin befinden sich die Unternehmen Swiss Marketplace Group und Jobcloud sowie die eigentlichen Medienunternehmen Goldbach, 20 Minuten und Tamedia.

Die jeweiligen CEOs dieser Unternehmen gehören ebenfalls zum Executive Team – so etwa Jessica Peppel-Schulz, die CEO von Tamedia mit den bekannten Medienmarken «Tages-Anzeiger» oder «Basler Zeitung». Peppel-Schulz wie auch Bernhard Brechbühl von 20 Minuten oder Christoph Marty von Goldbach sind somit ebenfalls LTI-bonusberechtigt.

Zum Kreis der Bezüger gehören neben den genannten Mitgliedern des Executive Teams wie erwähnt weitere «ausgewählte Mitarbeitende des Top-Managements». Wie viele das sind, wollte TX-Sprecher Urs Fehr auf Anfrage nicht sagen. «Wir geben keine über den Geschäftsbericht hinausgehenden Details zum LTI-Programm bekannt», sagt er.

MEHR ZUM THEMA


Swiss Marketplace Group: Alles bereit für den Börsengang des Jahres

Die Online-Marktplätze von Ringier und TX Group sollen in den nächsten Wochen an die Börse kommen. Derweil kämpft ein schwedisches Peer-Unternehmen mit Problemen.
30. Juni 2025

5-Milliarden-Börsengang: Swiss Marketplace Group steht in den Startlöchern

Kleinanzeigen-Joint-Venture von TX Group und Ringier soll mehrere Banken für einen Börsengang in Zürich mandatiert haben.
10. März 2025

Tamedia-Verleger Pietro Supino äussert sich zum Sexismus-Gutachten

An der Medienkonferenz der TX Group nahm der Verwaltungsratspräsident auch Stellung zum Fall Canonica/Roshani.
10. März 2023