Das Gruppenfoto wurde schnell retuschiert. Wenige Tage nach dem abrupten Abgang von Anna de Veer präsentiert sich die um einen Kopf geschrumpfte Geschäftsleitung der Ländergesellschaft im Internet bereits ohne Risikochefin. Per Bildbearbeitung wurde sie aus dem Foto entfernt.
Am vergangenen Freitag machte Inside Paradeplatz den Weggang von Anna de Veer publik - und überraschte damit auch viele Mitarbeiter der Bank, die vom Wechsel an der Spitze nichts mitbekommen hatten. Eine interne Kommunikation fand nicht statt. Auch Kunden und Öffentlichkeit wurden nicht informiert.
Die überraschende Personalie wurde behandelt, als hätte es sie nie gegeben. Karin Brigl, Head Corporate Communications der LGT Gruppe in Liechtenstein, bestätigte auf Anfrage den Rücktritt der Managerin. Zu den Gründen machte Brigl keine Angaben.
Die Fürstenbank in der Schweiz wird seit knapp einem Jahr von Anke Bridge-Haux geführt. Die ehemalige CS-Managerin sprang kurz vor dem Zusammenbruch der Grossbank im März ab, um im November 2023 als Chief Executive Officer zur LGT Bank Schweiz zu wechseln. Bei der Credit Suisse sass sie in der Geschäftsleitung der Schweizer Einheit und war unter anderem für das digitale Bankangebot CSX verantwortlich.
Anna de Veer war bis vor kurzem Chief Risk Officer und Mitglied der Geschäftsleitung der LGT Bank (Schweiz) AG. Sie begann ihre Karriere 1996 als Wirtschaftsprüferin bei KPMG Fides Peat in Zürich. 2005 wechselte sie zur Credit Suisse. Anfang 2020 folgte der Sprung zur LGT Schweiz, wo sie bis Ende April 2022 als Head Compliance tätig war und danach in die Geschäftsleitung berufen wurde.
Warum der plötzliche Abgang? In der Branche und in der Bank kursieren die unterschiedlichsten Versionen. Eine gängige Version lautet: Anna de Veer habe plötzlich ein Problem mit ihrem Team gehabt, was zu ihrem Abgang geführt habe. Andere sprechen von einem Machtkampf zwischen Anke Bridge-Haux und Anna de Veer. Zwischen den beiden soll es zu unüberbrückbaren Differenzen gekommen sein. Offen bleibt, ob es bei den Differenzen auch um Inhaltliches ging, also um Risiken in Zusammenhang mit Kundenbeziehungen.
Der rasche Abgang deutet auf ein erhebliches Zerwürfnis hin, was eigentlich nicht zur LGT passt. Wenn es in der Vergangenheit kleinere oder grössere Eklats gab, hat man versucht, eine Lösung zu finden, die für alle akzeptabel war und vor allem möglichst wenig Staub aufwirbelte. Diese Tradition gerät unter Druck. Bereits vor einem Jahr kam es zu einem überraschenden Abgang, als Chief Investment Officer Thomas Wille nach sieben Jahren die Bank verliess.