Too-big-to-Fail-Regulierung
Der UBS-Verwaltungsratspräsident bezeichnet Aussagen, wonach eine Resolution der CS nicht funktioniert hätte, als Fehler. Er zielt mit damit auf Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
30. November 2023 • Beat Schmid

Am 19. März fand eine der denkwürdigsten Medienkonferenzen der letzten Jahre statt. Zwei Bundesräte, der Präsident der Nationalbank, die Präsidentin der Finma sowie die beiden Präsidenten von UBS und Credit Suisse erklärten live im Fernsehen, wie es zum Ende der Schweizer Traditionsbank kam.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter, eine der Hauptakteurinnen bei der Übernahme der CS durch die UBS, sagte, der Deal sei unausweichlich gewesen, Too big to fail hätte in diesem Fall nicht gepasst. Eine Übernahme sei die einzige Lösung gewesen, die funktioniert hätte. Sonst hätte es ein Chaos gegeben, mit Sicherheit eine internationale Finanzkrise. «Jede andere Lösung hätte eine Finanzkrise ausgelöst», sagte sie wörtlich. Die Übernahme sei die «einzig mögliche Lösung» gewesen.

Laut Keller-Sutter gab es drei Möglichkeiten: Ein Einstieg des Staates, eine Übernahme durch die UBS oder eine Abwicklung nach dem Too-big-to-fail-Prinzip. Man habe sich für die Übernahme entschieden. Damit habe der Bundesrat ein klares Bekenntnis zum Schutz der Sparerinnen und Sparer und der vielen KMU abgegeben. «In keinem anderen Szenario» wäre deren Sicherheit «wirklich gewährleistet» gewesen. Man habe im übergeordneten Interesse entschieden.

Nutzniesser des Deals

Einer der Nutzniesser des Deals war UBS-Präsident Colm Kelleher, der bei der Pressekonferenz neben der Finanzministerin sass. Er konnte die CS zum Schnäppchenpreis von drei Milliarden Franken kaufen. Er kam in den Besitz von 38 Milliarden Dollar negativem Goodwill. Deshalb konnte seine Bank nach Abschluss des Deals einen sagenhaften Gewinn von 29 Milliarden Dollar verbuchen. Die UBS-Aktie legte seit dem 19. März um 37 Prozent zu.

Auf dem FT Banking Summit, der diese Woche in London stattfand, machte Colm Kellerher eine bemerkenswerte Aussage zu dem Deal, von dem seine Bank so stark profitiert. Der irisch-stämmige Banker wurde auf dem Podium gefragt, warum er vor einem Jahr öffentlich einen Deal mit der CS ausgeschlossen habe, während er sich im Geheimen darauf vorbereitete. Nur weil man sich auf einen Deal vorbereite, so Kelleher, heisse das noch lange nicht, dass es auch zu einem Deal komme.

«Der einzige Fehler an diesem Wochenende war zu sagen, dass eine Lösung nicht funktioniert hätte»

Er habe geglaubt, die Rolle der UBS sei es, eine Lösung zu validieren – und nicht, die CS zu kaufen. «Erst am 15. März sei ihm klar geworden, dass nur noch wir im Spiel waren. Die Lösung hiess: Wir oder Abwicklung». Trocken fügte Kelleher hinzu: «Der einzige Fehler an diesem Wochenende war zu sagen, dass eine Lösung nicht funktioniert hätte».

Das sei falsch gewesen. Seiner Meinung nach hätte die Abwicklung nach dem Too-big-to-fail-Regime sehr wohl funktioniert. Die Konsequenzen wären zwar «incredibly messy» gewesen, aber es hätte funktioniert. Er bezog sich dabei auf eine im Oktober vorgestellte Studie des Financial Stability Board (FSB), die zu dem Schluss kommt, dass eine Abwicklung eine gangbare Alternative gewesen wäre. (Mehr dazu hier: FSB zieht Lehren aus der CS-Rettung).

Kellehers Aussage ist nicht nur als offene Kritik an Karin Keller-Sutter zu lesen, die den Deal ermöglicht hatte. Sie definiert vor allem die Position der UBS im Kampf gegen eine neue und schärfere Grossbankenregulierung. Der UBS-Präsident will damit zum Ausdruck bringen, dass analog zur Credit Suisse auch die UBS im Krisenfall in die Resolution geschickt werden könnte.

Und weil das so sei, brauche es keine Anpassung der Too-big-to-fail-Regulierung, keine Verschärfung des Eigenkapitalregimes, kein Trennbankensystem und keine anderen einschneidenden Massnahmen, die von der Politik ins Spiel gebracht werden, um die Risiken eines Zusammenbruchs der UBS und die damit verbundenen Kollateralschäden zu minimieren.

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