Heikle Aktienverkäufe
Warum die Politik im Rahmen der Too-big-to fail-Regulierung strengere Vorschriften zur Incentivierung und zum Aktienbesitz von Bankmanagern und Verwaltungsräten erlassen könnte. Und dies vielleicht auch tun sollte.
1. November 2023 • Beat Schmid

In den letzten 12 Monaten haben UBS-Verwaltungsräte und Konzernleitungsmitglieder UBS-Aktien im Wert von 24,8 Millionen Franken verkauft. Über die Monate verteilt gab es 13 Verkäufe. Demgegenüber waren Aktienkäufe deutlich seltener: Insgesamt drei Kaufaufträge im Wert von 775’000 Franken sind in der Datenbank der Börsenbetreiberin SIX verzeichnet.

Die meisten Aktienverkäufe erfolgten zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da die UBS-Aktie nach der Übernahme der Credit Suisse deutlich an Wert gewonnen hat und in den kommenden Monaten – wie von den meisten Analysten erwartet – weiter zulegen wird. Der Kursanstieg seit Jahresbeginn beträgt 25 Prozent. Allein im September gab es acht Verkaufstransaktionen.

Abgesehen vom schlechten Timing waren die Verkäufe auch politisch unklug. Nach der CS-Pleite hat der Bund begonnen, die Too-big-to-fail-Regulierung zu revidieren. Neben den bekannten Spielfeldern wie mehr Eigenkapital und verbesserte Liquiditätsvorschriften könnte der Bund unter anderem auch strengere Regeln für die Anreize der obersten Angestellten erlassen.

«Gesetzliche Einschränkungen für Boni»

Als die Finanzdelegation von National- und Ständerat im vergangenen Frühling die 109 Milliarden Franken Nothilfe des Bundes bewilligte, sagte die Basler SP-Politikerin und Vizepräsidentin der ständerätlichen Finanzkommission, Eva Herzog, als Konsequenz aus der beispiellosen Rettungsaktion könnten «gesetzliche Einschränkungen für Boni» geprüft werden.

Topmanager in die Pflicht zu nehmen, ist nicht nur ein linkes, sondern auch ein zutiefst liberales Anliegen. Im Kern geht es darum, die Interessen der Bankmanager und der Anleger einer Bank in Einklang zu bringen. Wenn Manager und Verwaltungsräte ihre eigenen Aktien nicht verkaufen können, haben sie einen stärkeren Anreiz, langfristig Wert zu schaffen. Wie das funktioniert, lässt sich am besten im urkapitalistischen Amerika beobachten. Bankmanager, die sich auch finanziell langfristig an eine Bank binden, schaffen nachhaltigen Unternehmenswert.

Wenn die Politik bei den Boni über die Bücher geht, sollte sie bessere Massnahmen ergreifen als vor 15 Jahren nach der UBS-Rettung. Damals wurde eine Regelung getroffen, die sich in der Praxis als völlig wirkungslos erwiesen hat. Rückforderungsmechanismen wie die sogenannten Clawbacks hielten Bankmanager nicht davon ab, exzessive Risiken einzugehen. Sie haben auch nicht verhindert, dass die Credit Suisse trotz jahrelanger Milliardenverluste riesige Boni ausbezahlte und damit das Unternehmen aushöhlte.

Fünf Regeln für eine nachhaltige Lohnpolitik

Deshalb brauchen wir wirksame und einfache Regeln. Wir haben es nach der CS-Pleite schon einmal geschrieben, hier noch einmal unser bescheidenes «Tippinpoint»-Manifest für eine nachhaltige Lohnpolitik:

Erste Regel: Keine Boni, wenn eine Bank Verluste macht. Das Bonusverbot würde generell für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten. Man könnte bestimmte Mitarbeitende vom Verbot ausnehmen. Zum Beispiel Mitarbeitende, die eine Gesamtentschädigung von weniger als 250’000 Franken erhalten.

Zweite Regel: Wenn eine Bank Gewinn macht, aber eine einzelne Einheit nicht, dann gibt es für die Mitarbeitenden dieser Einheit keine Boni. Auch hier könnten Ausnahmen für tiefere Lohnklassen geschaffen werden.

Dritte Regel: Bindung der Bonuszahlungen an die Kapitalkosten bzw. das Kurs-Buchwert-Verhältnis. Wenn eine Bank die Kapitalkosten von 10 Prozent nicht erwirtschaften kann, darf sie keine Boni zahlen. Eine Variante wäre: Sie darf nur dann Boni ausschütten, wenn das Preis-Buch-Verhältnis grösser als 1 ist.

Vierte Regel: Zusätzlich müsste es strengere Auflagen für die obersten Bankmanager geben. Bei den Schweizer Grossbanken fällt auf, dass die Mitglieder der Konzernleitung hohe Fixsaläre beziehen - zwischen 2,5 und 3 Millionen Franken. Sie liegen zum Teil deutlich über jenen ihrer Kollegen an der Wall Street, mit denen sie sich gerne vergleichen. Diese Fixlöhne müssten auf 1 Million Franken gesenkt werden.

Fünfte Regel: Die variablen Anteile werden heute in Form von Bargeld und Aktien ausbezahlt. Künftig sollen die obersten Bankmanager nur noch Aktien erhalten, die sie zudem halten müssen, um sie stärker an das Unternehmen zu binden und ihre Interessen mit denjenigen der Aktionäre in Einklang zu bringen.

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