Sustainability
Weltweit braucht es “grüne” Investitionen im Umfang von 100 Billionen Dollar, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen. Auf diese astronomische Zahl kommt der US-Vermögensverwalter BNY Mellon Investment Management.
25. Oktober 2022 • Beat Schmid

Eine neue Studie zeigt, dass die Weltwirtschaft enorm viel investieren muss, um das Netto-Null-Ziel bis 2050 doch noch erreichen zu können. Laut der Studie “Net Zero by 2050” von BNY Mellon Investment Management und Fathom Consulting braucht es “grüne” Investitionen in der Höhe von 100 Billionen Dollar, um die Lücke zu schliessen. Zum Vergleich: Das weltweite BIP betrug 2021 96,3 Billionen Dollar.

Der US-Vermögensverwalter, der Kundengelder in der Höhe von 1,8 Billionen Dollar verwaltet, hat in der Studie auch Zahlen zur Schweiz berechnet. Demnach muss das Land 0,5 Prozent oder 500 Milliarden der total 100 Billionen Dollar beisteuern, um die Ziele gemäss Pariser Klimaabkommen zu erreichen.

Schweiz kommt im Verhältnis viel billiger weg als China

In den Augen der Studienautoren kommt die Schweiz damit noch günstig weg. Um einen Wert für ein einzelnes Land zu berechnen, berücksichtigen die Autoren mehrere Parameter wie das Verhältnis von CO₂-Emissionen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Schweiz schneidet in dieser Hinsicht deutlich besser ab als etwa China, das im Verhältnis zum BIP viel mehr Treibhausgase ausstösst.

Für das bevölkerungsreichste Land der Welt wird es gemäss BNY Mellon deshalb wesentlich teurer, die Klimaziele zu erreichen: China muss insgesamt 23 Billionen Dollar ausgeben. Überraschend ist das nicht, da China im Vergleich zur Schweiz viel mehr Kohle verbrennt und auch der Wirtschaftsmix ein völlig anderer ist.

Obwohl “grüne” Investitionen zunehmen, zeigt die Studie, dass Regierungen, Finanzinstitute und Unternehmen mehr tun müssen, um die Transformation zu Netto-Null zu ermöglichen. Die in der Studie geschätzten 100 Billionen Dollar entsprechen etwa 15 Prozent der weltweiten Gesamtinvestitionen in den nächsten 30 Jahren. Allein die im Börsenindex S&P 500 gelisteten Unternehmen müssen bis 2050 rund 12 Billionen für umweltfreundliche Investitionen aufwenden, schätzt BNY Mellon Investment Management.

Shamik Dhar, Chefökonom bei BNY Mellon Investment Management, glaubt, dass das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichbar bleibt. Die Investitionen seien allerdings nur die halbe Miete. “Um das Tempo der Dekarbonisierung zu beschleunigen, sind umfassende politische Massnahmen erforderlich”, sagt er.

Zwar wäre laut Dhar eine globale Kohlenstoffsteuer wünschenswert, doch eine solche hält er derzeit für politisch kaum durchsetzbar. Stattdessen müssten andere Anreize in Betracht gezogen werden. “Die Regierungen müssen Investitionen des Privatsektors fördern und Anreize schaffen. Gleichzeitig müssen sie die Transitionsrisiken abfedern”, sagt er.

Energieunternehmen und Versorger stehen vor den grössten Problemen

Schaut man auf die Branchen, stehen Energieunternehmen und Versorger vor den grössten Problemen. Sie müssen am meisten Kapital in die Dekarbonisierung stecken. Insgesamt geht die Hälfte der benötigten Investitionen in diesen Sektor, also rund 50 Billionen Dollar.

Für Unternehmen aus dem Energiesektor sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sogenannte "stranded Assets" erwerben – umweltschädliche Anlagen, die möglicherweise vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer abgeschaltet werden müssen. Die Studie beziffert den möglichen Abschreibungsbedarf auf solchen Assets auf 20 Billionen Dollar.