Greensill-Versagen – Teil 3
«Fehlverständnis», «passive Rolle», «nicht einmal diskutiert» – Finma-Bericht zeichnet ein düsteres Bild des Boards der Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG, in dem Ruedi Noser und Bruno Pfister sassen.
25. Juni 2025 • Beat Schmid

Sie waren nicht im Bild oder sie schauten weg. So kann man die Rolle jenes Verwaltungsrats der Credit Suisse beschreiben, der eigentlich für die Überwachung der Greensill-Fonds innerhalb der Asset-Management-Abteilung verantwortlich war. Die Fonds kollabierten im Frühling 2021 und rissen die Credit Suisse in eine Vertrauenskrise, von der sich die Bank nicht mehr erholen sollte.

Der Finma-Bericht, der das Versagen auf 92 Seiten aufrollt und tippinpoint vorliegt, geht auch auf das Verhalten jenes Verwaltungsrats ein, in dessen Verantwortungsbereich sich die Supply Chain Finance Funds (SCF Funds) befanden – die Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG. Besetzt wurde das Board nicht nur mit internen Führungsleuten, wie oft in Gruppengesellschaften, sondern auch mit zwei prominenten externen Mitgliedern. Es waren dies Bruno Pfister, früherer CEO von Swiss Life, sowie Unternehmer und FDP-Politiker Ruedi Noser.

Bruno Pfister war Verwaltungsratspräsident der Gesellschaft bis zu seinem Ausscheiden nach dem Kollaps im Juli 2022. Ruedi Noser blieb bis zur Auflösung der Gesellschaft im Herbst 2023. An mehreren Stellen geht die Finma auf die Rolle des Verwaltungsrats ein. Die Kritik ist massiv: «Die SCF-Fonds wurden während des gesamten Untersuchungszeitraums im Verwaltungsrat von CSAM nicht einmal vertieft besprochen», heisst es da.

Für die Finma ist das nicht nachvollziehbar. Die Behörde schreibt im Bericht: «Angesichts der breiten öffentlichen Aufmerksamkeit rund um die SCF-Fonds (Presseberichte, Anfragen der Finma, Massnahmen gegen Führungskräfte etc.) sowie der stark angewachsenen Grösse des Virtuoso-Fonds (erster SCF-Fund, Anm. d. Red.) – der nur knapp nicht den ersten Platz unter den CSAM-Fonds belegte – erscheint das passive Verhalten des CSAM-Verwaltungsrats unvereinbar mit den Überwachungs- und Kontrollpflichten eines Aufsichtsgremiums.»

Obschon sich in den Greensill-Fonds 10 Milliarden Dollar Kundengelder befanden, sei niemand im Verwaltungsrat für die Beziehung zu Greensill verantwortlich gewesen. Zwar hätten im Verwaltungsrat Gespräche über Greensill stattgefunden, schreibt die Finma im Bericht, «jedoch war unklar, wer im Verwaltungsrat (gesamtverantwortlich) für die Beziehung zu Greensill zuständig war».

«Spätestens als infolge des starken Wachstums der Fonds Managementfehler erkennbar wurden und eine weitere Ausweitung der Zusammenarbeit mit Greensill diskutiert wurde, hätte die Bank intern eine zuständige Instanz benennen müssen, die die Gesamtverantwortung für die Geschäftsbeziehung zu Greensill übernommen hätte», urteilt die Behörde.

«Fehlverständnis»

Der Bericht spricht von einem «Fehlverständnis» der Rolle des CSAM-Verwaltungsrats. Besonders krass zeigte sich das im Umgang mit einer Personengeschichte. Michael Degen, Chef des CSAM in der Schweiz und EMEA und einer der treibenden Kräfte der SCF-Fonds, wurde im Zusammenhang mit Greensill intern sanktioniert. Zwar sei ein Verwaltungsratsmitglied über diese Sanktionierung des CSAM-CEO informiert worden – jedoch habe dieses Mitglied Anweisung erhalten, dies nicht im Verwaltungsrat zu thematisieren. Was dann tatsächlich unterblieb, wie die Finma schreibt. Für die Behörde ist das nicht nachvollziehbar: «Wenn der eigene CEO eines Unternehmens sanktioniert wird, müssen dies und die daraus resultierenden Folgen im Verwaltungsrat besprochen werden.»

Tippinpoint liess Ruedi Noser und Bruno Pfister Fragen zu ihrer Rolle als Verwaltungsräte der CSAM Schweiz zukommen. Beide reagierten nicht auf die Anfrage. Ruedi Noser trat im Oktober 2023 als Zürcher FDP-Ständerat zurück. Bruno Pfister war nach Swiss Life unter anderem Chairman bei Rothschild & Co Bank in Zürich. Aktuell ist er Verwaltungsratspräsident des Krankenversicherers Assura.

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