Ende 2020 verwaltete die Asset-Management-Sparte der Credit Suisse Vermögenswerte in Höhe von über 430 Milliarden Franken. Allein auf die Region Schweiz/EMEA entfielen rund 320 Milliarden – mit kontinuierlichem Wachstum seit 2017. Auch der Umsatz dieser Region legte zu: von 531 Millionen im Jahr 2016 auf rund 700 Millionen im Jahr 2019.
Innerhalb dieses Zeitraums wurden über 65 Milliarden an Neugeldern eingenommen – ein Teil davon floss direkt in die SCF-Fonds (Supply Chain Finance Fonds). Dies sind Zahlen, die die Finma in ihrer Untersuchung gegen die Credit Suisse erhoben hat. Die Verfügung liegt tippinpoint vor.
Wie weiter daraus hervorgeht, erzielten verschiedene Konzernbereiche – darunter Asset Management, Wealth Management und Investment Banking – sowie luxemburgische Gruppengesellschaften im Zusammenhang mit Dienstleistungen für die SCF-Fonds Erträge in Höhe von 111,7 Millionen Franken. Demgegenüber standen Kosten von 52,6 Millionen Franken.
Wichtig ist: Diese Zahlen betreffen lediglich strukturierte Zertifikate, die sich auf SCF-Fonds bezogen. Die tatsächlichen Kosten und Erträge aus dem operativen Management und Vertrieb der Fonds sind in den Zahlen nicht berücksichtigt, da sich dies nicht klar zuordnen lässt.
Schadensbegrenzung: 260 Millionen Franken zur Kundenbindung
Mit dem sogenannten Goodwill-Programm versuchte die CS, geschädigte Kunden durch Vorzugskonditionen milde zu stimmen – und womöglich rechtliche Schritte zu verhindern. Der Gesamtwert dieses Programms lag bei 260 Millionen Franken, wie sich nachlesen lässt. Darüber hinaus bildete die Bank per Bilanzstichtag 31. Dezember 2021 eine Rückstellung von 75 Millionen Franken für mögliche Ansprüche geschützter Privatanleger.
Trotz drohender Schadenersatzforderungen von über 100 Millionen Franken wurden bis dato lediglich 37’567.95 Franken in Form eines Vergleichs gezahlt, heisst es in der Finma-Verfügung vom 9. Dezember 2022.
«Shadow Revenue Bookings»: Interner Verkauf mit Interessenkonflikt
Ein besonders kritischer Aspekt betrifft die internen Vergütungsanreize. Ab 2006 existierte laut interner Aktennotiz ein Mechanismus, der Kundenberatern finanzielle Vorteile bei der Platzierung konzerninterner Produkte (inklusive SCF-Fonds) verschaffte. Grundlage dafür waren sogenannte «Shadow Revenue Bookings» – interne Umbuchungen, die zu einem erhöhten variablen Einkommen führten, wenn Produkte der eigenen Bank verkauft wurden.
Dieser offensichtliche Interessenkonflikt wurde im Juli 2019 im sogenannten «FinSA Client Information Booklet» offengelegt – und auch das nur in Form eines pauschalen Hinweises. Im November 2022 kündigte CS gegenüber der Finma an, künftig auf diese «Shadow Revenues» bei CSAM-Fonds zu verzichten.
Auch in den Mitarbeiterbewertungen spielten die Performance und das Wachstum der SCF-Fonds eine Rolle. Dieser Aspekt sei jedoch nur eines von mehreren Kriterien gewesen. Gemäss den Angaben des Untersuchungsbeauftragten sei der Einfluss auf die Höhe der variablen Vergütung nicht messbar gewesen.
Untersuchungsbeauftragter kostete 4,8 Millionen
Schliesslich war auch die Aufarbeitung des Skandals eine kostspielige Angelegenheit: Der mit der internen Untersuchung beauftragte Ermittler (Wenger Plattner Rechtsanwälte) stellte insgesamt 4’827’116.60 Franken (inkl. MwSt.) in Rechnung. Die Finma verlangte zusätzlich die Summe von 610’000 Franken.