Es scheint so, als ob der Krypto-Sektor konservativ und stabil würde. Zumindest entwickeln sich gerade Stablecoins, die den Wert einer Fiat-Währung eins zu eins auf der Blockchain abbilden, zu einer Schlüsselanwendung im neuen Sektor. Der Stablecoin-Markt hat eine Marktkapitalisierung von 250 Milliarden Dollar überschritten. Die Coins erhalten auf DeFi-Plattformen (Decentralized Finance) zunehmend Akzeptanz.
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Der Siegeszug der «Stabilen» zeigt sich vordergründig am Boom um das Circle-IPO. Der Aktienkurs des USD-Coin-Emittenten hat sich in wenigen Tagen vervielfacht. Im Hintergrund arbeiten jedoch Zahlungsdienstleister wie Paypal, Stripe, Visa und Mastercard seit Längerem an Stablecoins und entsprechenden Transaktionslösungen. Stripe ermöglicht bereits die Ausstellung von Visa-Karten, die mit Stablecoin-basierten Konten verknüpft sind. Die Kreditkartendienstleister Mastercard und Visa investieren aber auch selbst in Stablecoin-Projekte und -Plattformen.
Ohne Probleme durch den Senat
Zudem nehmen die Unterstützung grosser Institutionen und die regulatorischen Impulse zu – wie dem Digital Commodity Exchange Act und dem Genius Act. Die Verabschiedung von Letzterem vor wenigen Tagen durch den US-Senat mit 66 zu 32 Stimmen signalisiert einen bedeutenden Impuls für die Schaffung eines landesweiten Regulierungsrahmens. Der Gesetzentwurf enthält Lizenzierungsstandards, Reservevorschriften und Verbraucherschutzmassnahmen – Komponenten, die das Vertrauen in den Markt erheblich stärken und sowohl Emittenten als auch Investoren die lang erwartete Klarheit verschaffen könnten.
«Ich habe mich jüngst intensiv mit dem US-Markt beschäftigt und mit zahlreichen Playern gesprochen und bin überrascht, wie klar der Genius Act durch den Senat ging», sagt Franz Bergmüller, CEO der Amina Bank. Er hätte erwartet, dass die Demokraten mehr dagegenhalten würden, weil ihnen nicht klar sei, was Donald Trump mit Krypto vorhabe. Die Präsidentenfamilie hat vor wenigen Wochen selbst einige Stablecoins lanciert. So oder so sei klar, dass Stablecoins eine «grosse Sache» würden, sagt der Amina-CEO.
Doch der Kleinanleger hält und verwendet keine Stablecoins, diese werden vorerst für Transaktionsabwicklungen und Treasury-Funktionen verwendet. Gibt es bald Anwendungsfälle für Stablecoins für den Durchschnittsbürger? «Es gibt aktuell zwei Welten, in denen Stablecoins verwendet werden», sagt Bergmüller. Einerseits für Krypto-Anleger, die Coins verkaufen würden und nicht in die Fiat-Welt zurückkehren wollen und sich den Gegenwert in Stablecoins zahlen lassen. Zudem seien sehr grosse Projekte am Start, die mit Stablecoins eine echte Alternative zu internationalen Banküberweisungen schaffen. Diese sind weiterhin langsam und teuer. «Zudem sind Stablecoins auch bereits in der realen Welt der Konsumenten angekommen – nicht in der Schweiz, aber in Ländern mit hoher Inflation wie der Türkei oder Venezuela», sagt der Amina-CEO.
Wunschdenken und vermeintlicher Heilsbringer
«Stablecoins werden gerne als Heilsbringer für ein inklusiveres, effizienteres Finanzsystem dargestellt. Und auch wenn ich ein überzeugter Befürworter dieser Technologie bin, sehe ich in der aktuellen Debatte ein gewisses Mass an Wunschdenken», sagt Phil Dettwiler von Crypto Finance, einer Schweizer Tochter der deutschen Börse. Viele Narrative – etwa über den Nutzen für unterversorgte Bevölkerungsgruppen, billige grenzüberschreitende Zahlungen oder massentaugliche Retail-Zahlungen – seien bislang eher Theorie als Realität.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Über 90 Prozent der Stablecoin-Transaktionen stammen von institutionellen Akteuren, von algorithmischen Handelsstrategien und von arbitragegetriebenem Marktverhalten. Der Retail-Sektor sei, Stand heute, eine Randerscheinung. «Das schmälert nicht das Potenzial – aber es verlangt nach Ehrlichkeit in der Einordnung», so Dettwiler. Stablecoins seien zurzeit vor allem das Schmiermittel eines neuen digitalen Kapitalmarkts, nicht das bargeldlose Zahlungsmittel für den Bäcker von nebenan.
Banken verhindern 24/7-Lösungen
Gleichzeitig müsse man gemäss Crypto-Finance-Experte anerkennen, dass dieser digitale Kapitalmarkt reale Probleme adressiere – nämlich dort, wo das bestehende System scheitere. Zwar seien die Zahlungssysteme in der Schweiz und der EU technologisch gesehen bereits sehr leistungsfähig. Mit SEPA Instant in Europa und SIC IP in der Schweiz stehen rund-um-die-Uhr-Überweisungen technisch längst zur Verfügung. «Doch in der Praxis scheitert es an den Banken. Veraltete Kernbankensysteme, regulatorische Zurückhaltung und beschränkte Öffnungszeiten verhindern, dass diese Infrastruktur konsequent genutzt wird», sagt Dettwiler. Technologisch könnten wir längst bei 24/7/365-Zahlungen sein – nur wirtschaftlich und organisatorisch hinke die Realität hinterher.
«Stablecoins werden gerne überall dort eingesetzt, wo die etablierten Systeme umständlich und langsam sind, beispielsweise bei internationalen Dollartransaktionen», sagt Luzius Meisser, Blockchain-Pionier und Verwaltungsrat von Bitcoin Suisse. Im Finanzmarkt sei eine spannende Anwendung die «atomare Abwicklung» von Börsentransaktionen – das heisst die instantane Ausführung in einem Schritt. Damit entfällt das Gegenparteirisiko beim Handel und die Notwendigkeit einer zentralen Gegenpartei, wie sie heute bei vielen Börsen im Hintergrund existieren.
CBDC kommen spät und spüren Misstrauen
Gregor von Bergen, Spezialist für digitale Assets beim Beratungsunternehmen Capco in Zürich, sieht drei Anwendungsfälle für den «Durchschnittsbürger». Erstens am Point-of-Sale – insbesondere bei den grösseren Retailern, welche die Kosten der heutigen Karten-Netzwerke von Visa und Mastercard reduzieren wollen. «Ein erster Schritt hat Spar in der Schweiz gemacht, die in diesem Jahr Kryptowährungen beim Einkauf ausrollen wird.» Zweitens bei Heimatüberweisungen, für die aktuell hohe Transaktionskosten anfallen. Die Weltbank rechnet für Geldübermittler wie Western Union mit anfallenden Gebühren von im Schnitt mehr als 6,6 Prozent. Und drittens P2P-Transaktionen (Person zu Person). Da immer mehr Schweizer Krypto-Währungen auch auf selbstgehosteten Wallets besitzen, ist ein Austausch zwischen Nutzern gemäss von Bergen anstelle von Twint gut vorstellbar.
Immer wieder gibt es Initiativen und Vorstösse für staatliche Stablecoins. Die Schweizer Nationalbank hat aber klar gemacht, dass es keinen Retail-CBDC geben wird – also keinen Coin für Privatkunden. Die SNB-Projekte beschränken sich auf Wholesale-CBDC, die Zahlungen zwischen Finanzinstituten effizienter gestalten sollen. Bergmüller räumt ein, dass staatliche Stablecoins einen schweren Stand hätten, denn private Coins sind schon akzeptiert und etabliert. «CBDC kommen spät und ihnen schlägt ein grosses Misstrauen entgegen.» Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass private Stablecoins weniger kontrolliert würden und Zahlungen weniger nachverfolgbar wären.
«Grundsätzlich ist von einem staatlichen Angebot mehr Stabilität und von einem privaten Angebot mehr Marktnähe zu erwarten», sagt Meisser. Das heisse, die privaten Angebote dürften flexibler einsetzbar sein, schneller zu wechseln und höher verzinst werden. Analog dazu würde man von einer staatlichen Kreditkarte auch keine besonderen Bonuspunkte oder 24-Stunden-Hotlines erwarten. Theoretisch könne der Staat auch alles machen, was ein privater Anbieter machen kann. «Aber in der Praxis sind staatliche Angebote eben oft teurer und umständlicher», fügt er an.
Die Privatsphäre in Gefahr
Die Diskussion rund um staatliche versus private Stablecoins offenbart laut Phil Dettwiler ein weiteres Spannungsfeld. Während ein staatlicher Coin per Definition glaubwürdig erscheine, leidet er gleichzeitig unter politischer Trägheit, Innovationsarmut und einem tiefsitzenden Kontrollreflex. Ein privater Stablecoin – wie etwa USDC – entwickle sich hingegen nach Marktlogik: schnell, nutzerzentriert, interoperabel. «Natürlich gibt es bei privaten Emittenten Governance- und Reservenfragen – aber sie liefern», fügt er an. Ein staatlicher Retail-CBDC hingegen werfe massive Fragen auf: Wer schützt die Privatsphäre? Wie verhindern wir eine schleichende Disintermediation der Geschäftsbanken? Das klassische Drei-Ebenen-Modell (Kunde – Bank – Zentralbank) droht destabilisiert zu werden.
Insofern befürwortet Dettwiler einen alternativen Ansatz. Eine Narrow Bank, die vollständig gedeckte Verbindlichkeiten ausgibt – faktisch ein synthetischer Retail-CBDC. So lässt sich die Sicherheit der Zentralbank mit der Innovationskraft privater Anbieter verbinden, ohne die Bankeninfrastruktur zu zerstören. Vergangenen Juni startete eine Gruppe um Phil Dettwiler das Projekt einer Schweizer Narrow Bank, die höhere Zinsen zahlt, beim Konkurs die Kunden nicht gefährdet und Transaktionen über die Blockchain in Real-Time ausführt.
In der Schweiz dürften es private Stablecoin-Projekte schwer haben. Die Finanzmarktaufsicht Finma hat mit der Aufsichtsmitteilung «Stablecoins: Risiken und Anforderungen für Stablecoin-Herausgebende und garantiestellende Banken», die im vergangenen Jahr publiziert wurde, die Latte für einen privaten Stablecoin sehr hoch gelegt. Viele Blockchain-Unternehmen glauben, dass es mit diesen Vorgaben keinen Stablecoin aus der Schweiz geben könne. In dieser Woche besuchte die Schweizer Bitcoin Association das Schweizer Parlament und den Bundesrat. Bergmüller sieht eine gewisse Hoffnung für eine Änderung der Stablecoin-Regulierung, auf jeden Fall «ist die Diskussion wieder angestossen worden.»
Finma-Politik korrigieren
«Der Ball ist hier nicht bei der Finma, sondern beim Finanzdepartement. Dieses will noch dieses Jahr ein neues Gesetzespaket in die Vernehmlassung schicken, um die Rahmenbedingungen in der Schweiz zu verbessern», sagt Meisser. Die Branche hoffe, dass mit diesem Paket die schwer nachvollziehbare Politik der Finma korrigiert werden kann. «Wir haben mit unserer beachtlichen Delegation von rund 50 Teilnehmern gezeigt, dass uns das Thema wichtig ist und dass die Schweiz aufpassen muss, den Anschluss nicht zu verlieren», ergänzt er.
Die Schweiz kann es sich nicht leisten, über keinen Franken-Stablecoin zu verfügen. Der Franken ist als Währung attraktiv in Krisen. Wenn es kein Schweizer Anbieter macht, kommt vielleicht ein Emittent von ausserhalb. «Es gibt die These, dass es manchmal einfacher ist, einen Stablecoin von ausserhalb des Landes zu lancieren», sagt Bergmüller. Der Tether ist auch dezentral über Karibikinseln, El Salvador und Lugano organisiert.
«Ein Franken-Stablecoin könnte ein internationaler Exportschlager sein. Davon würde die Schweiz profitieren, weil sich Staat und Wirtschaft bei einer grossen Nachfrage nach Franken äusserst günstig finanzieren können», sagt Luzius Meisser. Auch sei es aussenpolitisch von Vorteil, eine starke Währung mit internationalem Gewicht zu haben. Man müsse sich vorstellen, der Franken würde sich zu einer neutralen Alternative zum Dollar bei internationalen Ölgeschäften entwickeln. «Ich fände es bedauerlich, wenn wir diese einmalige Chance zur Stärkung unserer internationalen Relevanz verspielen würden», so der Bitcoin-Suisse-VR.
«Wir brauchen eine glaubwürdige, liquide Möglichkeit, um digital in stabilen Werten zu setteln. Und genau hier offenbart sich ein strategisches Versäumnis der Schweiz. Der Franken ist ein Symbol für Stabilität», fügt Dettwiler an. Trotz eines winzigen globalen BIP-Anteils von weniger als einem Prozent spielt der Franken an den Devisenmärkten mit über fünf Prozent eine überproportional grosse Rolle. Und dennoch existiert kein ernstzunehmender CHF-Stablecoin. Die wenigen Projekte führen ein Nischendasein. Das ist, so Dettwiler, wirtschaftlich betrachtet, ein verschenkter Hebel. Denn der digitale Franken würde nicht nur die Rolle der Schweiz als Finanzplatz absichern – er würde auch international Vertrauen bilden, dort, wo heute bereits Tether- oder USDC-Transaktionen dominieren.
Demokratisierung der Geldschöpfung
Im März 2024 lancierte eine Gruppe um Luzius Meisser den Frankencoin. Dieser Stablecoin soll zur Demokratisierung der Geldschöpfung beitragen: Jeder, der Sicherheiten hinterlegen kann, soll Geld schöpfen können. Wirtschaftlich ist der Vorgang mit einem Lombardkredit vergleichbar. Gegen hinterlegte tokenisierte Sicherheiten erhält der Benutzer vom System frisch «gedruckte» Frankencoins. «Obwohl die Musik im Dollar spielt, welcher 99,8 Prozent des Volumens aller Stablecoins ausmacht, bin ich überzeugt, dass der Franken-Stablecoin durchaus eine Daseinsberechtigung hat», so Meisser. Der Frankencoin sei dezentral ausgestaltet. Jeder sei willkommen, beim System mitzuwirken und sich zu beteiligen. Das sei eine weitere sehr schweizerische Tugend. Meisser würde sich freuen, wenn der Frankencoin darauf aufbauend zu «dem» Stablecoin der Schweiz würde. Mit einer Geldmenge von rund 10 Millionen Franken ist der Frankencoin derzeit der grösste und erfolgreichste frankenbasierte Stablecoin.
Nur bei der Einführung vor zwei Jahren generierte das E-Franken-Projekt von Pascale Bruderer, der ehemaligen SP-National- und Ständerätin, die auch als Beraterin für die globale Internetwährung Diem agierte, viel Schlagzeilen. Seither ist es erstaunlich ruhig geworden. Ein Sprecher antwortet auf die E-Mail-Anfrage: «Das Vorhaben ist inzwischen weit fortgeschritten und wir verspüren dabei trotz anspruchsvollem Zinsumfeld viel Rückenwind». Die aktuelle Dynamik bestätige die Notwendigkeit eines regulierten Schweizer Stablecoins. Der Swiss Stablecon erfreue sich nebst zunehmender Unterstützung aus der Wirtschaft auch eines steigenden Interesses seitens Politik, gerade auch in Zusammenhang mit Souveränitätsfragen. «Denn ein digitaler Franken ermöglicht nicht nur innovative Geschäftsmodelle, sondern stärkt auch die Resilienz der Schweizer Zahlungsinfrastruktur», schreibt der Sprecher.
Dettwiler legt dar, dass Europa regulatorisch zwar früh dran war. Mit der MiCAR-Verordnung in der EU und dem DLT-Gesetz in der Schweiz gibt es seit Jahren rechtliche Grundlagen für digitale Vermögenswerte. Doch während Europa immer noch über technische Leitlinien diskutiere, habe sich in den USA das regulatorische Klima dramatisch verändert. Der Genius Act schaffe nicht nur Klarheit, sondern eröffne auch Spielräume für echte Skalierung. «Kein willkürliches Tageslimit von 200 Millionen Euro, keine Diskriminierung gegenüber Nicht-Banken – stattdessen ein regulatorisches Framework, das Innovation erlaubt und gleichzeitig für Vertrauen sorgt», so der Crypto-Finance-Experte. Die USA seien spät gekommen, aber sie hätten schneller erkannt, dass digitale Finanzinfrastruktur kein akademisches Projekt, sondern eine geopolitische Notwendigkeit sei.
Bisher ist zudem so, dass alle Stablecoins ausserhalb des Dollars eine vernachlässigbare Grösse haben. «Dollar-Coins dominieren die Welt. Alle anderen sind noch nichts, ausser viel Arbeit für die Emittenten», sagt der Amina-CEO.
Tether wird kaum verdrängt
Der Marktführer Tether hat sich wegen der Regulierung aus Europa zurückgezogen. Von Bergen sieht jedoch weltweit ein eher geringes Risiko für die Verdrängung des grössten Dollar-Stablecoins. «Tether musste zwar seine Produkte USDT und EURT von europäischen Krypto-Börsen zurückziehen, hat sich jedoch mit strategischem Investment an Stablecoin-Emittenten beteiligt, die MiCAR-kompatibel sind. Weiter hat Tether aufgrund seiner Vorreiterrolle bereits eine grosse Akzeptanz bei Nutzern wie auch bei Web3-Protokollen», führt der Capco-Experte aus.
Auch wenn es zunehmend ein klares regulatorisches Framework gebe, sei ein Markteintritt mit erheblichen Kosten verbunden. Der Kampf um Marktanteile dürfte spannend werden. Die immensen Wachstumsprognosen legen nahe, dass sich viele Spieler am Rennen beteiligen dürften – gleichzeitig sind die Prognosen so beeindruckend, dass es gemäss von Bergen Platz für verschiedene Anbieter geben dürfte.
Die privaten Stablecoin-Anbieter verdienen sich gerade eine goldene Nase. Das hat der jüngste Abschluss von Tether gezeigt. Sie erzielen Erträge auf den hinterlegten Sicherheiten und dürfen als «Währung» keine Zinsen zahlen. «Es gibt heute bereits mehrere Stablecoins, die die Gewinne an die Nutzer ausschütten. Ein Beispiel dafür ist USDS, welcher bis 5 Prozent abwirft, wenn der Nutzer ihn über einen längeren Zeitraum hinterlegt, d. h. staked», führt von Bergen aus.
Mit den aktuellen Trends im Bereich der Tokenisierung von Geldmarktfonds und dem Interesse an Stablecoins sei es eine Frage der Zeit, bis ein solches Produkt auch in Schweizer Franken verfügbar werde. Hierzulande müsste man sicherlich genau schauen, wie sich das mit den heutigen Lizenzierungswegen bei der FINMA und deren Kategorisierung von Tokens vereinbaren lasse. Sollte sich jedoch die Zinssituation in der Schweiz weiter verschlechtern, ist der Anreiz, ein solches Produkt zu schaffen, für Emittenten eher gering.
Ein geopolitisches Instrument
Phil Dettwiler bringt noch einen anderen Aspekt ins Gespräch: «Was oft unterschätzt wird: Stablecoins sind nicht nur ein technologisches oder finanzielles Phänomen – sie sind ein geopolitisches Instrument. Die USA haben längst erkannt, dass die strategische Dominanz des US-Dollars in einer zunehmend multipolaren Weltordnung nicht mehr selbstverständlich ist. Während die militärische Macht der Vereinigten Staaten relevant bleibt, ist es längst der Dollar – nicht der Flugzeugträger –, der als Fundament amerikanischer Hegemonie dient.»
Deshalb werde die US-Dollar-denominierte Stablecoin-Industrie so konsequent gefördert: Sie sichert die digitale Präsenz des Dollars im globalen Zahlungsverkehr – unabhängig von Swift, Banken oder geopolitischen Allianzen.
Die Bedeutung dieser Entwicklung werde greifbar, wenn man sich ansehe, dass USD-denominierte Stablecoins heute zu den grössten Haltern von US-Staatsanleihen zählen. Im weltweiten Länderranking der Treasury-Investoren würden Stablecoins auf Platz 16 rangieren. «Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern ein klares Signal: Die USA nutzen Stablecoins nicht nur als Marktinnovation, sondern als machtpolitisches Instrument zur Absicherung ihrer Währungsdominanz im digitalen Zeitalter», sagt der Crypto-Finance-Manager.
Das Fazit von Phil Dettwiler: «Der Schweizer Franken hat Vertrauen – aber keinen digitalen Fussabdruck. Wenn wir nicht bald handeln, wird die globale Finanzarchitektur nicht in Bern oder Brüssel geschrieben, sondern in Washington.»
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Coinbase will Aktien handeln
Die amerikanische Kryptobörse Coinbase hat bei der US-Börsenaufsicht einen Antrag für den Handel mit tokenisierten Aktien eingereicht, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Falls die Genehmigung erteilt wird, kann Coinbase den Aktienhandel über die Blockchain anbieten, was die Börse zum Konkurrenten von Billigbrokern wie Robinhood oder Charles Schwab machen würde. Tokenisierte Aktien dürften die Handelskosten senken, eine schnellere Abwicklung ermöglichen und den Handel rund um die Uhr erleichtern.
Israel-Sympathisanten klauen iranische Kryptos
Eine mit Israel verbundene Hackergruppe hat die Verantwortung für einen 90 Millionen Dollar schweren Hackerangriff auf eine iranische Kryptowährungsbörse übernommen. Die unter dem Namen Gonjeshke Darande (Farsi für «Raubritter») bekannte Gruppe sagte am Mittwoch, sie habe die Nobitex-Börse gehackt, einen Tag nachdem sie behauptet hatte, sie habe Daten der staatlichen iranischen Bank Sepah zerstört. Elliptic, ein Beratungsunternehmen, das sich auf Krypto-Kriminalität spezialisiert hat, sagte, dass es bisher mehr als 90 Millionen Dollar an Kryptowährung identifiziert hat, die von Nobitex-Krypto-Wallets an Hacker-Adressen gesendet wurden. Die Hacker scheinen die Gelder «verbrannt» zu haben, indem sie sie in Adressen gespeichert haben, für die sie keine kryptografischen Schlüssel besitzen, so Elliptic.