Die Konstellation ist ideal. Eigentlich. Denn Sergio Ermotti und sein Präsident Colm Kelleher ziehen am gleichen Strang. Beide wollen die UBS in den USA zu einer ganz grossen Nummer machen.
Die Amerika-Affinität erklärt sich aus ihrer Biografie. UBS-Chef Sergio Ermotti kennt die Wall Street aus eigener Erfahrung. Bei der Investmentbank Merrill Lynch arbeitete er sich bis in die oberen Führungsebenen hoch – eine beachtliche Karriere für einen Schweizer in New York, wo Nicht-Amerikaner selten weit kommen.
Eine Erfahrung, die auch Colm Kelleher machen musste. Der gebürtige Ire stieg bis in die Konzernleitung von Morgan Stanley auf. Doch am Ende scheiterte auch er – ein Europäer an der Spitze einer US-Superbank? An der traditionell elitären Wall Street ist das bis heute kaum denkbar. Weniger höflich könnte man von einem latenten Rassismus sprechen.
Umso stärker scheint bei beiden Topmanagern der Wunsch zu sein, es ausgerechnet in den USA zu schaffen – und dort ganz gross aufzutrumpfen. UBS-Spitzenmanager sehen eine Bank wie Morgan Stanley in Reichweite. Laut Medienberichten soll die Bank derzeit sogar den Kauf eines US-Vermögensverwalters oder gar einer Bank prüfen, um im amerikanischen Markt einen grossen Schritt nach vorne zu machen.
Belegt ist: Kelleher und Ermotti verfolgen das Ziel, bis 2028 ein globales Wealth-Vermögen von fünf Billionen Dollar zu erreichen. 2024 erzielte die Bank Nettoneugelder von rund 100 Milliarden Dollar – ein Tempo, das sie halten und mittelfristig auf 200 Milliarden pro Jahr steigern will.
So amerikanisch wie seit den 2000er Jahren nicht mehr
«Das wird eine Dreijahresreise», sagt Rob Karofsky, der Mann fürs USA-Geschäft der UBS. «Ich bin ehrlich gesagt nie zufrieden – wir haben eine unglaubliche Organisation, und wir beginnen erst, unsere Muskeln spielen zu lassen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen, aber es wird Zeit brauchen.»
So deutlich amerikanisch positioniert war die UBS seit den frühen 2000er-Jahren nicht mehr. Damals wollte die Grossbank unter Marcel Ospel zur Nummer eins im globalen Investmentbanking aufsteigen. Das Vorhaben endete bekanntlich in einem Desaster – die Bank musste vom Staat gerettet werden.
Nach diesem gescheiterten Abenteuer trat Axel Weber als neuer Präsident der UBS auf die Bremse. Für ihn lag die Zukunft der Bank in Asien. «Das ist für uns der Markt der Zukunft», sagte er kurz nach seinem Amtsantritt im Mai 2012.
Für Sergio Ermotti, der im September 2011 zum ersten Mal UBS-CEO wurde, war das eine herbe Enttäuschung, wie ein UBS-Insider berichtet, der die damaligen Machtverhältnisse gut kennt. Ermotti wollte das US-Geschäft weiterentwickeln, doch Weber setzte andere Prioritäten.
Nachdem Weber Ermotti auch als seinen Nachfolger im Verwaltungsrat verhinderte, verliess der Tessiner die UBS. Weber machte Ralph Hamers zum CEO der UBS und liess ihn sogar das US-Fintech Wealthfront kaufen – doch nach Webers Rücktritt war es Colm Kelleher, der die bereits aufgegleiste Transaktion rückgängig machte. Nach dem Notkauf der Credit Suisse nutzte Kelleher das kurze Zeitfenster und holte Sergio Ermotti zurück an die Bahnhofstrasse 45.
Neue Regeln verteuern US-Expansion
Doch nun machen neue regulatorische Vorgaben aus Bern den beiden Spitzenbankern einen Strich durch die Rechnung. Diese zielen darauf ab, bilanzintensives Auslandgeschäft stärker zu belasten – ein direkter Dämpfer für die USA-Ambitionen der UBS. Zwar kann die Bank weiterhin ihre Expansion vorantreiben, doch wenn die Regeln durchkommen, wird das teurer für die UBS.
Dass Ermotti erneut ausgebremst wird, dürfte zumindest zum Teil erklären, warum sich er sich so laut und vehement gegen die neuen Regeln – insbesondere den vollständigen Kapitalabzug der Auslandstöchter im Stammhaus – wehrt und diese wahlweise als «extrem» und «exzessiv» verurteilt.