Lieferkettenfonds
Fünf UBS-Fonds sind massiv beim insolventen Autoteilezulieferer exponiert. Ein Lieferkettenfonds der Bank ist der grösste Gläubiger im Milliarden-Konkurs. Der Schaden für die Kunden ist noch nicht bezifferbar.
3. Oktober 2025 • Beat Schmid

Die UBS erleidet einen Crash in ihrem amerikanischen Fondsgeschäft. Hintergrund ist der Zusammenbruch des Autoteile-Konzerns First Brands. Das Unternehmen aus Texas musste am Wochenende Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen. Allmählich macht sich das Ausmass der 10-Milliarden-Pleite in der Finanzindustrie bemerkbar, die dem Unternehmen Geld geliehen hat.

Auch die UBS zieht einen grossen Schuh aus dem Milliarden-Debakel. Durch verschiedene Anlagestrategien sind Fonds der Grossbank mit mehr als einer halben Milliarde Dollar gegenüber dem insolventen Autoteilezulieferer exponiert.

Mit einer Forderung von 233,7 Millionen Dollar ist UBS Hedge Fund Solutions (HFS) sogar der grösste ungesicherte Gläubiger, wie Bloomberg unter Bezugnahme auf Gerichtsunterlagen berichtet. Darüber hinaus hat die Strategie 1977 O’Connor eine Forderung in Höhe von 116,1 Millionen Dollar offen.

Erinnerungen an Greensill

Bei beiden handelt es sich um Vehikel zur Vorfinanzierung von Lieferantenforderungen. Es handelt sich also um Supply-Chain-Finance-Fonds, die an die ominösen Greensill-Fonds der Credit Suisse erinnern. Da es sich bei den Finanzierungen um ungesicherte Kredite handelt, dürfte es schwierig werden, die Forderungen von insgesamt 350 Millionen Dollar geltend zu machen.

Das amerikanische Asset Management der UBS ist darüber hinaus mit drei weiteren Fonds bei First Brands exponiert. Dabei geht es um gesicherte Forderungen in Höhe von insgesamt 165 Millionen Dollar. Die Fonds sind Teil einer Gruppe, die First Brands einen Insolvenz-Kredit in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar gewährt hat. Möglicherweise wollte die UBS mit der Finanzspritze erreichen, dass das Exposure bei den Lieferketten-Fonds gesichert wird.

Insgesamt geht es um eine Summe von über 500 Millionen Dollar, mit denen fünf Anlagestrategien der UBS gegenüber dem insolventen Autoteilezulieferer exponiert sind. In Gerichtsunterlagen wird UBS Hedge Fund Solutions als der grösste ungesicherte Gläubiger aufgeführt.

Am Sonntag brach der Autoteilezulieferer zusammen und musste in Texas Gläubigerschutz beantragen. Ein Versuch, Kredite in Höhe von sechs Milliarden Dollar zu refinanzieren, scheiterte in letzter Sekunde, da die Gläubiger offenbar Bedenken wegen undurchsichtiger ausserbilanzlicher Finanzierungen hatten.

Dieses Ereignis betreffe viele Anbieter von Private Credit und Working Capital, sagte ein UBS-Sprecher zu Bloomberg. Die Bank ist noch dabei, den gesamten Schaden zu ermitteln. Man befinde sich in einer äusserst «fluiden Situation» und arbeite daran, den potenziellen Einfluss auf die Performance der Fonds zu ermitteln, hiess es weiter.

Anfang dieses Jahres wurde bekannt, dass die UBS die O’Connor-Sparte an Cantor Fitzgerald verkaufen will. Die Fonds verfügen über ein verwaltetes Vermögen von rund elf Milliarden US-Dollar in sechs Anlagestrategien. Die Transaktion soll im vierten Quartal abgeschlossen werden. Welche Folgen die Pleite für den Deal haben wird, ist nicht bekannt.

Ein Erbstück des Bankvereins

O’Connor & Associates wurde während der Pionierphase der Hedgefonds im Jahr 1977 gegründet. Zu den wichtigsten Köpfen zählten damals der Mathematiker Michael Greenbaum sowie die Brüder Edmund und William O’Connor, die das Kapital einbrachten. Die Firma entwickelte sich schnell zu einer erfolgreichen Boutique mit Kultstatus in der Finanzwelt.

1990 übernahm der damalige Schweizerische Bankverein die Mehrheit an O’Connor. Acht Jahre später erfolgte die Fusion mit der Bankgesellschaft. Anfang der 2000er-Jahre öffnete sich O’Connor für externe Investoren und entwickelte sich zu einer vollwertigen Hedgefonds-Plattform, die verschiedene Strategien, vom Event-Driven Investing bis hin zu Private Credit, abdeckt.

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