Rastloser Unicredit-CEO
Mit seiner Ankündigung, die Banco BPM zu kaufen, hat der italienische Banker alle überrascht. Auf dem Papier macht der Deal Sinn - politisch geht er ein enormes Risiko ein.
26. November 2024 • Beat Schmid

Andrea Orcel gilt als geschickter Dealmaker. Der CEO von Unicredit hat sich innerhalb weniger Monate bereits in die zweite Übernahmeschlacht gestürzt. Am Montag legte er überraschend ein Aktienangebot über zehn Milliarden Euro für den italienischen Konkurrenten Banco BPM vor.

Die Offerte kommt mit einem hauchdünnen Aufschlag von 0,5 Prozent, was als Zeichen gewertet werden kann, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Mit dem Angriff auf Banco BPM schafft die Bank eine ähnliche Situation wie bei der Commerzbank, an der Unicredit Anfang September eine Beteiligung von 21 Prozent aufgebaut hat.

Der Deal mit der Commerzbank liegt wegen der angekündigten Neuwahlen auf Eis. Andrea Orcel hofft, dass die neue Regierung in Berlin seinem Projekt wohlwollender gegenübersteht als die Mannschaft von Olaf Scholz.

Einen Schlachtplan hat sich der Banker bereits zurechtgelegt: Sollte Unicredit grünes Licht für die Übernahme der deutschen Grossbank bekommen, werde er bis nach der Integration von BPM warten, sagte er am Montag in einer Analystenkonferenz.

Auf dem Papier scheinen beide Deals zu funktionieren. Orcel rechnet mit 2 Milliarden Euro Restrukturierungskosten durch den Kauf von BPM, oder 1,4 Milliarden Euro nach Steuern. Zusammen mit dem Kaufpreis würden sich die Gesamtkosten auf Basis des ursprünglichen Angebots somit auf rund 11,4 Milliarden Euro belaufen.

Im Gegenzug erhofft er sich Kosteneinsparungen und Ertragssteigerungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro sowie den von BPM prognostizierten Gewinn von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2027. Bereinigt um Steuereffekte macht das unter dem Strich gut 2 Milliarden Euro, was einer Rendite von über 18 Prozent entspricht. Bei einer angestrebten Transaktionsrendite von 15 Prozent ist also noch Luft nach oben, um das Angebot an die Aktionäre der Banco BPM aufzubessern.

Skepsis in Rom

Schwieriger einzuschätzen ist die politische Dynamik, die der erneute feindliche Angriff auf einen Rivalen auslöst. In Rom erklärte Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti, die Regierung werde das Angebot prüfen. Die Begeisterung scheint sich in Grenzen zu halten: «Der sicherste Weg, den Krieg zu verlieren, ist, an zwei Fronten zu kämpfen», sagte Giorgetti.

Orcel sah sich zu dem jüngsten Schritt gezwungen, weil die Banco BPM in diesem Monat eine Beteiligung an der staatlich gestützten Monte dei Paschi di Siena (MPS) erworben und ein Angebot für den Fondsmanager Anima Holding vorgelegt hatte.

In Deutschland wächst die Zuversicht, den Verkauf der Commerzbank doch noch abwenden zu können. An der Börse löste Orcels jüngster Vorstoss jedenfalls keine Freudensprünge aus. Der Kurs der Unicredit sank am Montag um 4,77 Prozent. Der Kurs der Commerzbank fiel um 5 Prozent.

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