Die Commerzbank hat eine DNA als Unternehmerbank. Künftig will sie aber auch mehr Erträge mit sogenannten Ultra-High-Net-Worth Individuals (UHNWI) erzielen – also mit sehr vermögenden Privatpersonen mit frei verfügbaren Mitteln von mehr als 30 Millionen Dollar. Die Bank selbst spricht von «hochvermögenden» Mandantinnen und Mandanten und Family Offices.
Um diese Kunden besser betreuen zu können, schafft die Bank eine neue Führungsebene und legt dafür verschiedene Abteilungen zusammen. Zudem eröffnet die Bank zwei weitere Standorte in Hamburg und Stuttgart, die die bestehenden in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München ergänzen. Spezialistenteams sollen komplexe Individualmandate betreuen, die zu einem grossen Teil einen unternehmerischen Hintergrund haben, teilt die Bank mit.
Die Commerzbank baut die Vermögensverwaltung aus, um die Gebühreneinnahmen zu steigern, da die Erträge aus dem Zinsgeschäft rückläufig sind. Die Bank stellte im September neue Finanzziele vor und versprach, die Profitabilität zu steigern und mehr Geld an die Aktionäre auszuschütten. Damit will das Management die Aktionäre davon überzeugen, dass die Commerzbank auch als eigenständige Bank eine Zukunft hat.
CEO Bettina Orlopp hat vor einer Übernahme durch die italienische Unicredit gewarnt, weil Kunden abwandern könnten. Die Mailänder Grossbank hatte im vergangenen Monat eine grosse Beteiligung an der Commerzbank angekündigt.
Zur Kernkundschaft der Commerzbank gehören zahlreiche Familienunternehmen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden. Viele dieser Mittelständler suchen Vermögensverwaltung und Planungsberatung, wenn sie ihr Vermögen an die nächste Generation übergeben.
Auch andere Banken haben es auf reiche deutsche Familien abgesehen. 2022 wagte die LGT, die der Fürstenfamilie von Liechtenstein gehört, einen Neustart in Hamburg. Mehr als zehn Jahre nach dem Verkauf des Privatkundengeschäfts ging sie wieder an den Start. Mittlerweile sind vier weitere Standorte hinzugekommen.
Seit Januar 2024 ist die LLB an drei Standorten vertreten. In München, Frankfurt und Düsseldorf hat sie ein 40-köpfiges Team aufgebaut. Auch Lombard Odier soll schon länger einen Markteintritt in Deutschland prüfen. Im Juli wurde bekannt, dass mit UBS und Julius Bär zwei Schweizer Banken an einer Übernahme des Privatkundengeschäfts der HSBC in Deutschland interessiert waren. Den Zuschlag erhielt jedoch BNP Paribas, die die Private-Banking-Sparte der HSBC mit Sitz in Düsseldorf übernehmen wird.
Auch die Deutsche Bank drückt aufs Gaspedal
Auch die deutsche Nummer eins greift aktiv ins Geschehen ein. Die Deutsche Bank gab vor drei Wochen die Verpflichtung von Raffael Gasser bekannt. Der Schweizer wird die Vermögensverwaltung und das Private Banking in Deutschland leiten. Er war bei der Credit Suisse CEO von Luxemburg und Leiter der nordeuropäischen Länder sowie Head International Private Banking. Nach der Übernahme der UBS wurde er laut seinem Linkedin-Eintrag Sector Head Northern Europe High Net Worth and Private Clients.
Mit seinem Wechsel nach Frankfurt wird er direkt dem ehemaligen CS-Spitzenmann Claudio de Sanctis unterstellt, der das Privatkundengeschäft leitet und Mitglied der Konzernleitung ist. Gasser reiht sich ein in eine Reihe von Managern, die die Deutsche Bank nach der Übernahme der Credit Suisse durch den Rivalen UBS eingestellt hat. De Sanctis verpflichtete unter anderem ein Team von zehn Wealth-Managern der Credit Suisse für den Nahen Osten.
Claudio de Sanctis kommentierte die Einwechslung von Gasser mit dem Worten: «Als klarer Marktführer bei wohlhabenden und vermögenden Kundinnen und Kunden in Deutschland wollen wir nun durch eine engere Verzahnung von Private Banking und Wealth Management weiter wachsen. Ich freue mich darauf, unsere Strategie gemeinsam mit Raphael voranzutreiben.»
Laut dem Global Wealth Report der UBS zählt Deutschland im Jahr 2023 2,8 Millionen Dollar-Millionäre. Zum Vergleich: Frankreich und Japan kommen auf eine ähnliche Zahl. Die Schweiz zählt rund 1 Million Dollar-Millionäre. In den USA sind es knapp 22 Millionen.