Das kostspielige Zürcher Venture bereitet der Baselbieter Politik Bauchschmerzen. Nun hat der Regierungsrat auf bohrende Fragen erstaunlich nichtssagende Antworten geliefert.
5. Juni 2024 • Beat Schmid

Erfolgsmeldungen konnte Radicant Bank bisher keine liefern. Die Schwierigkeiten der von der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) kontrollierten Neobank begannen schon vor dem eigentlichen Launch im Sommer 2023. Seither hat sich die Lage nicht wesentlich verbessert.

Das Problem: Das Angebot kam bei den Kunden bisher nicht an. Lediglich 11 Millionen Franken hätten die drei auf Nachhaltigkeit getrimmten Radicant-Fonds bisher anziehen können, schreibt SVP-Politiker Peter Riebli aus Buckten BL in einer Interpellation an den Baselbieter Regierungsrat. Im «besten Fall» seien der Bank 14 Millionen Franken zugeflossen. Daraus könne die Bank vielleicht einen Ertrag von 100’000 Franken erzielen. Dem stehen aber Kosten von rund 25 Millionen Franken gegenüber.

Die Radicant Bank ist ein Politikum in Baselland. Dass die BLKB bisher 100 Millionen Franken in das Wealth-Tech-Start-up aus dem polierten Zürcher Seefeld gesteckt hat, ist im ländlich geprägten Kanton ein echter Aufreger.

Peter Riebli wollte in seiner Eingabe vom Regierungsrat unter anderem wissen: In wie vielen Jahren ist aus Sicht der Regierung mit der aktuellen Strategie die Gewinnschwelle «plausibel» erreichbar? Und: Gibt es Zwischenziele auf dem Weg zur Gewinnschelle, bei deren Nichterreichen der Regierungsrat in seiner Rolle als Eignervertreter «eingreifen bzw. die Reissleine ziehen» würde?

Fade Antworten

In seiner am Mittwoch veröffentlichten Antwort bestätigt der Regierungsrat die Kosten- und Ertragsschätzungen. Die Berechnungen seien «schlüssig» und die Ermittlung der Grössenordnung «nachvollziehbar». Allerdings würden sich die 100’000 Franken nur auf das Fondsgeschäft beziehen. Nicht aber auf Einlagen, mit denen die Bank Zinserträge erzielen könnte. Wie hoch diese sind, sagte der Regierungsrat nicht.

Wann die Bank die Gewinnschwelle erreicht, kann der Regierungsrat nicht beantworten. Er verweist lediglich auf die BLKB, die das Erreichen der Gewinnschwelle auf 2027/28 festgesetzt hat. Dies wäre fünf Jahre nach Markteintritt. Die BLKB hat diesen Zeitpunkt kürzlich um zwei Jahre nach hinten verschoben. Letztes Jahr hiess es noch, das Ziel werde bereits 2025/26 erreicht.

Der Regierungsrat scheint bereit, die BLKB-Tochter weiter gewähren zu lassen. Jedenfalls lässt er offen, wann er die Reissleine ziehen will. Der Regierungsrat und die Finanzkommission des Landrats würden regelmässig über die Geschäftsentwicklung der BLKB und ihrer Tochtergesellschaften informiert, heisst es in der Antwort auf die Interpellation.

Die geplante Investitionssumme sei in Teilfinanzierungsschritte (Stage Gates) aufgeteilt. «Im Business Case gibt es mehrere Stage Gates mit klar formulierten Zielen, die jeweils vom Bankrat der BLKB genehmigt werden müssen», heisst es in der Antwort weiter. Der Bankrat werde regelmässig über den Fortschritt und die Erreichung der vereinbarten Zwischenziele informiert. So habe er «jederzeit» die Möglichkeit, «korrigierend» in den Fortschritt einzugreifen oder weitere Investitionen freizugeben.

Ob er dies je getan hat und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden, schreibt der Regierungsrat nicht. Mit Anton Stadelmann ist jetzt ist der dritte Chef in gut 12 Monaten am Werk. Vor kurzem kam es zudem zu einer Kostenrunde mit Entlassungen.

Löhne bleiben ein Reizthema

In seinen Antworten spielt der Regierungsrat den Ball an den Bankrat zurück. Ob das die aufgebrachten Baselbieter Gemüter beruhigt, ist eine andere Frage. Die folgende Debatte im Kantonsparlament in einigen Wochen wird sicher heftig. Dabei werden auch andere Themen zur Sprache kommen. Unter anderem stören sich die Politiker daran, dass die Radicant Bank für ihre Einlagen deutlich höhere Zinsen bezahlt als die BLKB-Kunden.

Auch die jüngsten Lohnerhöhungen treffen einen Nerv. SVP-Politiker Peter Riebli reichte dazu ebenfalls eine Interpellation ein: «Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass sich die Löhne der Bank an der Leistungsentwicklung orientieren sollten?», wollte er wissen. Die Antwort veröffentlichte der Regierungsrat ebenfalls am Mittwoch: Das Salär von CEO John Häfelfinger orientiere sich neben der Erreichung der Budgetvorgaben an «langfristigen Zielen wie der Positionierung der BLKB als Arbeitgeberin oder Nachhaltigkeitszielen». Für eine lebhafte Debatte dürfte also gesorgt sein.

13 Millionen in den Radicant-Fonds

Aktuell befinden per 3. Juni knapp 13 Millionen Franken in drei bisher aufgelegten Fonds der Radiant Bank. Dies geht aus einschlägigen Fondsdatenbanken hervor. Mit 7 Millionen Franken konnte die Strategie Global Sustainable Equities am meisten einsammeln. Der Anleihenfonds Global Sustainable Bonds kommt auf knapp 4 Millionen Franken. Der Schweizer Aktienfonds Swiss Sustainable Equities auf 1,9 Millionen Franken. Performancemässig am besten lief der globale Aktienfonds mit 8,59 Prozent im letzten Jahr. In diesem Jahr am besten lief der Schweizer Aktienfonds mit 14,7 Prozent.

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