Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) verurteilt die Grossbank, weil sie Gelder des ehemaligen jemenitischen Diktators Ali Abdullah Saleh nicht gemeldet hatte.
30. Mai 2024 • Beat Schmid

Die internen Alarmsysteme für Geldwäschereiverdachtsfälle schlugen insgesamt 5674 Mal an. Erst dann entschloss sich die Grossbank zu handeln. Es war im Jahr 2011, als die Welle des Arabischen Frühlings den Jemen erfasste und Tausende von Demonstranten vor den Präsidentenpalast zogen.

Doch anstatt die Gelder des Diktators der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) zu melden, entschied sich die Bank, die Konten des Diktators Ali Abdullah Saleh stillschweigend zu schliessen. Nicht betroffen von der Schliessung war ein Konto seines ältesten Sohnes Ahmed Ali Abdullah Saleh, der damals Präsident der Republikanischen Garde war.

Dies geht aus einem rechtskräftigen Strafbefehl des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 4. April 2024 hervor, den das Westschweizer Justizportal Gotham City (Abo) einsehen konnte. Daraus geht hervor, dass die Bank den jemenitischen Präsidenten trotz seines Rufs als korrupter Autokrat jahrelang als Kunden duldete.

UBS warnte von einer Blockierung der Gelder

Eine interne Untersuchung der UBS aus dem Jahr 2016, auf die sich der Entscheid des EFD weitgehend stützt, zeigt, dass die Bank im Jahr 2010 über 1000 «negative Informationen» ignoriert hatte. Die Bank bezeichnete den schlechten Ruf angesichts der «allgemeinen politischen/militärischen Lage im Land» als normal. Erst als die Revolution Anfang 2011 das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen drohte, sah sich die Bank gezwungen zu reagieren.

In der Verfügung des EFD heisst es, am 1. März 2011 habe ein Kundenberater der UBS den Sohn des Präsidenten kontaktiert und ihn gewarnt, dass die Gelder seiner Familie blockiert werden könnten, falls der Jemen internationalen Sanktionen unterstellt würde. Zwei Wochen später, am 18. März, eröffneten Heckenschützen das Feuer auf eine Menge von Demonstranten, die sich in Saana versammelt hatten, und töteten 52 von ihnen. Das Massaker markierte einen Wendepunkt in der jemenitischen Revolution und rief neue Gegner Salehs auf den Plan.

Am 14. April kam es zu einem weiteren Telefongespräch. Die UBS teilte Ahmed Ali Abdullah Saleh mit, dass sie beschlossen habe, den Kontakt zu seiner Familie abzubrechen. Drei Monate später, im Juli 2011, wurden die Konten saldiert.

Allerdings nicht alle. Ahmed Ali Abdullah Saleh soll bis April 2015 zwei Konten und ein Tresorfach bei der UBS unterhalten haben. Die Bank löste die Beziehung am 10. April 2015 auf, fünf Tage bevor der UNO-Sicherheitsrat Sanktionen gegen ihren Kunden verhängte. Wie Gotham City schreibt, hat die UBS die Kundenbeziehung nie der MROS gemeldet.

UBS hätte Kundenbeziehung melden müssen

Laut dem EFD sind die Bedingungen für den diskreten Rauswurf von Ali Abdallah Saleh und vier Jahre später seines Sohnes die belastendsten für die UBS. Die Bank hätte die Transaktionen der beiden bereits 2009 melden müssen.

Laut Urteil unterhielt der seit 1978 regierende Ali Abdallah Saleh mindestens seit 2004 ein Konto bei der UBS auf den Namen der Offshore-Firma Wild Horse Investment Inc. Dieses Konto wurde im Juni 2009 mit einem Scheck über 10 Millionen US-Dollar aufgefüllt. Laut damaliger Erklärung von Ahmed Ali Abdullah Saleh war das Geld ein «Geschenk» des Sultans von Oman an seinen Vater.

Die Hälfte des Geldes sei in Tranchen von je 300’000 US-Dollar auf 15 neue Konten verteilt worden, die auf die Namen der beiden Ehefrauen des jemenitischen Präsidenten, seiner zwölf Kinder und eines Enkelkindes lauten. Die Einlösung des Schecks hatte zwar zwei Warnmeldungen der Anti-Geldwäscherei-Systeme der UBS ausgelöst. Sie waren aber mit der Erklärung zurückgewiesen worden: «Es ist allgemein bekannt, dass in der arabischen Welt Staatsoberhäupter reicher Länder ihre ärmeren Kollegen mit solchen Geschenken/Apanagen unterstützen».

BA-Strafverfahren läuft weiter

Alle Mitglieder der Familie Saleh wurden intern als «politisch exponierte Personen» (PEP) eingestuft. Für die EFD ist es unverständlich, dass die UBS trotz zweier Warnungen des internen Überwachungssystems und ohne vertiefte Abklärungen zum Schluss kommen konnte, eine Meldung nicht notwendig sei, heisst es in einem Bericht. Die Bank wird mit einer Busse von 50’000 Franken belegt.

Das Verwaltungsstrafverfahren des EFD wurde indirekt durch eine Strafuntersuchung der Bundesanwaltschaft wegen Geldwäscherei ausgelöst. Dieses Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen und betrifft unter anderem 65 Millionen US-Dollar, die von Personen aus dem Umfeld des Regimes von Ali Saleh bei der UBS deponiert worden waren.

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