Vontobel entdeckt Infrastruktur
Die Privatbank spricht von einer «signifikanten Minderheitsbeteiligung» an dem 4-Milliarden-Euro-Manager. Mit dem Investment dringt Vontobel in einen Bereich vor, der zuletzt stark Federn lassen musste.
8. Februar 2024 • Beat Schmid

Lange hat sie nicht gewartet. Christel Rendu de Lint ist zwar erst seit Anfang Jahr Co-CEO der Bank Vontobel. Doch schon jetzt vermeldet sie eine erste Investition, die das zuletzt wenig glänzende Asset Management aufpolieren soll. Die Bank übernimmt eine «bedeutende Minderheitsbeteiligung» am Londoner Infrastrukturmanager Ancala, wie sie heute in einer Mitteilung schreibt.

Ancala verwaltet ein Portfolio von 4 Milliarden Euro mit insgesamt 18 Assets. Das 2010 gegründete Unternehmen ist nach eigenen Angaben in zentralen Infrastruktursektoren wie erneuerbare Energien und Energiewende, Transport, Versorger und Kreislaufwirtschaft aktiv.

Steigende Zinsen waren Gift für die Bewertungen

Infrastrukturinvestments hatten im vergangenen Jahr aufgrund der gestiegenen Zinsen allerdings einen schweren Stand. Die Bewertungen der Projekte sind mehrheitlich gefallen. Dennoch dürfte in den nächsten Jahren weiterhin viel Geld in Anlagen für erneuerbare Energien, Strassen, Schienen und Flughäfen fliessen. Der sogenannte «Infrastructure Gap» bezeichnet die Lücke zwischen den laufenden oder geplanten Infrastrukturinvestitionen und den tatsächlich notwendigen Investitionen. McKinsey hat errechnet, dass bis 2030 jährlich 3300 Milliarden Dollar ausgegeben werden müssten.

Da die hoch verschuldeten Staaten nicht alle Projekte selbst stemmen können, sollen sich Chancen für private Investoren ergeben. Das zumindest versprechen die Anbieter von Infrastrukturinvestments. Für die Schweiz gilt das allerdings nicht. Hierzulande gibt es kaum Anlagemöglichkeiten im Infrastrukturbereich für Private, da die allermeisten Projekte von der öffentlichen Hand finanziert werden.

Neue Anlagerichtlinien für PKs

Dank neuer Anlagerichtlinien können Pensionskassen in der Schweiz seit kurzem bis zu 10 Prozent ihres Vermögens in Infrastruktur investieren. Dies hat dazu geführt, dass die Finanzindustrie ihr Angebot für diese Anlageklasse ausgebaut hat. Aber eben, die meisten investierbaren Anlagen gibt es in der Schweiz nicht.

Co-CEO Christel Rendu de Lint sagt zum Einstieg bei Ancala: «Die Beteiligung an Ancala ist ein wichtiger Meilenstein in der Umsetzung unserer Strategie. Zugang zu den äusserst attraktiven privaten Infrastrukturmärkten zu haben, bedeutet, dass Kunden über das aktive Asset Management und die proprietären Beschaffungsmöglichkeiten von Ancala von stabilen, unkorrelierten und inflationsgeschützten Barrenditen und von einer langfristigen Wertschöpfung profitieren können.»

Jahreszahlen: Vontobel spricht von «strukturellen Kostensenkungen»

Die Bank Vontobel hat im vergangenen Geschäftsjahr etwas weniger verdient. Vor allem im Asset Management gingen die Erträge zurück, während das Zürcher Institut in der Vermögensverwaltung für Privatkunden zulegen konnte. Auch der Bereich Digital Investing musste einen Ertragsrückgang hinnehmen.

Auf der Kostenseite machte sich die Neueinstellung von Kundenberatern bemerkbar. Der Personalaufwand stieg im vergangenen Jahr um 30 Millionen Franken. Wie die Bank schreibt, ist dieser Anstieg auf höhere Personalkosten zurückzuführen. Als Grund nennt die Bank den «strategischen Personalausbau in den kundennahen Bereichen
Wealth Management» als Grund an.

Insgesamt stieg der Personalaufwand um 4 Prozent. Der durchschnittliche Personalbestand (teilzeitbereinigt) erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent. Die Cost/Income Ratio stieg auf 79,5 Prozent und liegt damit deutlich über der Zielvorgabe von 72 Prozent. Die Bank startet nun ein neues Sparprogramm. Sie will neu 100 Millionen einsparen.

Die verwalteten Vermögen beliefen sich Ende 2023 auf 206,8 Milliarden Franken (2022: 204,4 Milliarden). Im vergangenen Jahr flossen netto 1,4 Milliarden ab, nach einem Netto-Neugeldabfluss von 5,2 Milliarden im Vorjahr. Der Reingewinn lag mit 214,7 Millionen Franken um 7 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten eine unveränderte Dividende von 3 Franken pro Aktie.

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