Streit wegen Russensanktionen
In den 1990er Jahren leitete er die Taskforce Schweiz-Zweiter Weltkrieg. Zum Umgang der Schweizer Banken mit Russengeldern sagt Thomas Borer: «Wenn man im Unrecht ist, lohnt es sich gewiss nicht, gegen die Amerikaner zu kämpfen. Sie werden einen früher oder später zur Strecke bringen.»
2. Oktober 2023 • Beat Schmid

Am Mittwoch liess die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg eine Bombe platzen. Sie schrieb, das US-Justizministerium habe seine Ermittlungen wegen angeblicher Verletzung von Russland-Sanktionen gegen die UBS und die Credit Suisse ausgeweitet. Die Nachricht löste einen Kurseinbruch der UBS-Aktie um sieben Prozent aus.

Bislang hatte die UBS zur Bloomberg-Meldung (Abo) geschwiegen. Nun nimmt die Grossbank erstmals offiziell Stellung. Ein Sprecher schreibt: «Die jüngste Berichterstattung über eine angebliche Untersuchung durch das US-Justizministerium bezüglich sanktionsbezogener Compliance-Verfehlungen bei Credit Suisse und UBS ist nicht zutreffend. Eine solche Prüfung ist uns nicht bekannt.

Die in der Regel gut informierte Nachrichtenagentur schrieb, die US-Behörden hätten bereits Anfang Jahr bei einer Reihe von Banken Vorabklärungen eingeleitet. Diese hätten sich jetzt zu einer «umfassenden Untersuchung» («full-scale investigation») ausgeweitet, in deren Zentrum die Credit Suisse stehe. Das US-Justizdepartement untersuche aber auch mögliche Compliance-Verstösse gegen die UBS. Die Anwälte der UBS seien von Justizbeamten kontaktiert worden, schrieb Bloomberg.

So wie von der Agentur dargestellt, scheint es aber nicht zu sein. Es ist davon auszugehen, dass das Dementi der UBS in Absprache mit den US-Behörden erfolgte. Ermittlungen gegen die UBS oder die CS dürften daher zumindest nicht unmittelbar eingeleitet werden.

Amerikaner sind zunehmend frustriert

Alles ein Sturm im Wasserglas? Kaum. Klar ist, dass die US-Justiz sehr genau hinschaut, wie die Banken die US-Sanktionsbestimmungen umsetzen und ob es zu Verstössen gekommen ist. Ebenso klar ist, dass die Schweizer Grossbanken besonders stark im Fokus der Amerikaner stehen. Junge, karrierehungrige Ermittler werden sich auf alles stürzen, was den Banken zur Last gelegt werden könnte.

Hinzu kommt, dass die Amerikaner zunehmend verärgert sind, weil die Schweiz der G7-Taskforce zur Verfolgung russischer Gelder bisher nicht beigetreten ist. Die Schweiz tue zu wenig, um die Sanktionen gegen Russland durchzusetzen. Damit helfe die Schweiz dem Kreml, seine Wirtschaft trotz der Restriktionen der USA und ihrer Verbündeten wegen der Invasion in der Ukraine am Laufen zu halten.

Der ehemalige Botschafter und Amerika-Kenner Thomas Borer mahnt zur Vorsicht. «Eine US-Administration unter einem demokratischen Präsidenten freut sich immer, wenn sie den Schweizern eins auswischen kann», sagt er. «Die USA sind nach wie vor eine Supermacht. Wenn man das weiss, sollte man sich als Schweiz entsprechend verhalten.»

Wenn man im Unrecht sei, «lohnt es sich gewiss nicht, gegen die Amerikaner zu kämpfen», sagt Borer. «Sie werden einen früher oder später zur Strecke bringen. Kämpfen lohnt sich nur dann, wenn man im Recht ist.» Weil bei solchen Auseinandersetzungen immer etwas am Ruf der Schweiz hängen bleibe, «sollte die Schweizer Regierung sich einschalten und die Amerikaner auffordern, die Fakten auf den Tisch zu legen», meint Borer, der heute als Berater tätig ist.

Borer leitete in den 1990er-Jahren die Taskforce Schweiz-Zweiter Weltkrieg und ist mit den Mechanismen des US-Justizsystems bestens vertraut. Er glaubt, dass die Schweizer Botschaft in Washington «sicher» mit den US-Behörden in Kontakt stehe und ihnen erkläre, «dass es für die Schweizer Regierung wichtig ist, Dokumente zu erhalten, um eigene Untersuchungen gegen mutmasslich fehlbare Banken einleiten zu können».

Er ist überzeugt: «Wenn die Amerikaner sehen, dass die Schweizer Seite, die Finma, das Seco, Staatsanwälte und andere aktiv werden und eigene Untersuchungen gegen Fehlbare in die Wege leiten, werden sie erkennen, dass die Schweizer das Richtige machen. Damit kann Washington bestimmt milder gestimmt werden.»

CS-Russenbanker wechselt doch nicht zur UBS

Die Credit Suisse ist stärker in Russland engagiert als die UBS. Zu Spitzenzeiten verwaltete sie Vermögen russischer Kunden in Höhe von 60 Milliarden Dollar. Nach der Annexion der Krim sanken die verwalteten Vermögen auf 33 Milliarden Dollar. Das hohe Geschäftsvolumen ist vor allem mit einem Namen verbunden: Babak Dastmaltschi. Der Banker hatte sich mit der Betreuung prominenter kremlnaher Oligarchen einen Namen gemacht. Er war Ansprechpartner für Alischer Usmanow, Roman Abramowitsch und Viktor Vekselberg.

Geplant war, dass Dastmaltschi von der CS in ein Spezialteam für sehr vermögende Kunden der UBS wechselt, was international für Schlagzeilen sorgte. Doch daraus wird nichts. Wie Recherchen ergeben haben, wird er bis Ende Jahr bei der Credit Suisse bleiben und dann in Pension gehen. Die Kehrtwende kommt angesichts der jüngsten Entwicklungen in den USA nicht überraschend.

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