Strengere Regeln in der Schweiz
Der Verband Asset Management Association Switzerland hat eine neue Selbstregulierung im Bereich Sustainable Finance geschaffen. Schon bald dürfen viele Anlagefonds nicht mehr als grün bezeichnet werden.
28. September 2022 • Beat Schmid

Die Schweizer Asset-Management-Branche hat erstmals eigene Regeln aufgestellt, welche Finanzprodukte als “nachhaltig” bezeichnet werden dürfen und welche nicht. Der Verband Asset Management Association Switzerland (AMAS) hat dafür eine neue Selbstregulierung im Bereich Sustainable Finance geschaffen. Der Verband will damit mehr Klarheit für die Branche und Anlegerinnen und Anleger schaffen (Tippinpoint berichtete).

In der Finanzbranche herrscht grosse Konfusion über Begriffe wie Sustainable Finance, Nachhaltigkeit und ESG. Diese ist mit spektakulären Greenwashing-Fällen und dem Krieg in der Ukraine und den darauf folgenden Turbulenzen im Energiesektor nur noch grösser geworden.

Selbstregulierung umfasst vier Punkte

AMAS-Geschäftsführer Adrian Schatzmann sagte in einem Interview mit Tippinpint, dass “Greenwashingvorwürfe, ob begründet oder unbegründet, die Reputation und Glaubwürdigkeit unserer Industrie angreifen und die Branche einem Generalverdacht aussetzen”.

Die neu verabschiedete Selbstregulierung umfasst vier Punkte. Es geht es um Governance-Fragen, um Dokumentations- oder Reporting-Pflichten. Der heikelste Punkt ist jedoch, dass der Ausschluss von bestimmten Branchen wie Kohle oder Tabak sowie ESG-Integration nicht mehr als Anlageansätze genügen, um ein Fondsprodukt oder ein Mandat als nachhaltig bezeichnen zu können. Unter ESG-Integration wird gemeinhin die Berücksichtigung von langfristigen Risiken auf ein Portfolio verstanden.

Noch ist unklar, welche Fonds und Mandate aufgrund der verschärften Kriterien ihr grünes Etikett verlieren werden. Die AMAS macht dazu keine Angaben. Sabine Döbeli, die Geschäftsführerin von Swiss Sustainable Finance (SFF), gibt eine erste Indikation ab. Sie schätzt, dass “maximal 10 Prozent der Assets von Fonds und Mandaten nicht mehr als nachhaltig bezeichnet werden könnten”.

SFF erstellt jedes Jahr eine Marktstudie zu nachhaltigen Anlagen in der Schweiz. In der aktuellsten Ausgabe wird das Volumen von “nachhaltigen Anlagefonds” per Ende 2021 auf 799,5 Milliarden Franken veranschlagt. Das Volumen von “nachhaltigen Mandaten” wird mit 563 Milliarden Franken angegeben. Das ergibt total 1353 Milliarden Franken. Das bedeutet, dass ein Anlagevolumen von 136 Milliarden Franken das Label “nachhaltig” verlieren könnte.

Die freie Selbstregulierung wurde in einem breit abgestützten Prozess für die Mitglieder AMAS erarbeitet und tritt am 30. September 2023 in Kraft. Sie ergänzt die Selbstregulierungsbestimmungen der Bankiervereinigung.

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