Fluktuationsraten explodieren
Im zweiten Coronajahr kehrten ungewöhnlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Unternehmen den Rücken. Allein bei der Julius Bär und Swiss Life reichten über 1500 Personen die Kündigung ein.
30. März 2022 • Beat Schmid

Der Versicherungskonzern Swiss Life wies im letzten Jahr plötzlich eine starke Zunahme bei der Fluktuation auf 11,2 Prozent aus, von 7,4 Prozent im Vorjahr. Das entspricht einer Zunahme um 51 Prozent, wie aus dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht hervorgeht.

Auch bei der Bank Julius Bär gab es eine starke Zunahme der Mitarbeiterbewegungen. Der “Net Employee Turnover” nahm um 14 Prozent auf 9,6 Prozent zu. Bei den freiwilligen Abgängen war der Ausschlag noch grösser: Diese Zahl stieg gemäss Angaben im Geschäftsbericht um 50 Prozent auf 7,2 Prozent.

Die Fluktuationsrate ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der Zahl der Abgänge in einem Jahr und der Gesamtzahl sämtlicher Beschäftigen. Eine Quote von 7,2 Prozent bedeutet somit, dass von total 7060 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank Bär über 500 freiwillig die Kündigung eingereicht haben. Bei der Swiss Life mit total 10’200 Beschäftigen gab es letztes Jahr über 1100 Abgänge. Mit gruppenweit durchschnittlich 11 Prozent bewege sich die Mitarbeiterfluktuation bei Swiss Life “im Rahmen der aktuellen Branchendurchschnitte”, teilt der Lebensversicherer auf Anfrage mit.

Swiss Life strebe insgesamt eine “gesunde Dynamik in der Personalstruktur” an. In der Schweiz und in Deutschland sei die Fluktuation "relativ stabil", obschon sie auch dort gestiegen ist. “In den weiteren europäischen Märkten beobachten wir eine zunehmende Dynamik”, sagt eine Sprecherin. Diese Entwicklung lasse sich auch bei anderen Branchenvertretern beobachten und ist vor allem auf die “niedrigen Arbeitslosenquoten und attraktive Arbeitsmärkte” zurückzuführen.

So haben sich die Fluktuationsraten in Frankreich und in anderen Märkten etwa verdoppelt, wo sie 12 und 17 Prozent betragen. “Die vermehrten Mitarbeiter-initiierten Kündigungen bei Swiss Life Frankreich sind insbesondere auf eine höhere Anzahl ausgelaufener Zeitverträge sowie vorzeitiger Pensionierungen auf eigenen Wunsch zurückzuführen”, sagt die Sprecherin.

Generell lässt sich beobachten, dass die Kündigungen im ersten Jahr der Pandemie, also im Jahr 2020, gegenüber 2019 leicht zurückgingen. Die Jobsuche war wegen der Lockdowns erschwert. Das hat sich im 2021 geändert. In den Zahlen dürfte sich auch das Phänomen der "Great Resignation" widerspiegeln. Vor allem in den USA wurde beobachtet, dass Millionen von Angestellten aus ihren Jobs ausgestiegen sind und zum Teil ganz andere Tätigkeiten aufnahmen.

CS und UBS geben keine Zahlen bekannt

Nur die wenigsten Firmen rapportieren die Fluktuationsraten der Mitarbeiter. UBS, Credit Suisse, Zurich, Swiss Re und Vontobel machen dazu in ihren umfangreichen Nachhaltigkeitsberichten keine Abgaben.

Im Nachhaltigkeitsbericht der UBS ist nachzulesen, dass die Förderung der internen Mobilität Toppriorität geniesse. Der Austausch würde das Engagement der Mitarbeiter erhöhen, die Zusammenarbeit verbessern und die Fluktuationsrate senken. 2021 hätten 38 Prozent der offenen Stellen durch interne Kandidaten ersetzt werden können. 1506 UBS-Angestellte haben im letzten Jahr die Geschäftseinheiten gewechselt und 331 die Region gewechselt. 2020 waren diese Zahlen leicht höher.