Krypto-Pleite
Die Luzerner Privatbank investierte einen Teil der Vorsorgegelder in einen Krypto-Fonds, der einen hohen Abschreiber wegen der FTX-Pleite verbuchen musste.
16. Dezember 2022 • Beat Schmid

Der Zusammenbruch der FTX-Kryptoplattform hinterlässt ein Milliardenloch. Unter den Geschädigten gibt es private Investoren, die die FTX als Handelsplattform genutzt oder ihr Geld in den hauseigenen FTT-Coin umgetauscht haben.

Doch es sind nicht nur die typischen Krypto-Kleinanleger, die auf den inzwischen inhaftierten FTX-Gründers Sam Bankman-Fried hereingefallen sind. In den letzten Jahren haben Krypto-Anlagen auch den Weg ins traditionelle Banking gefunden. Kleine und grosse Banken haben den Kunden die Möglichkeit gegeben, in Bitcoins und andere Krypto-Anlagen zu investieren.

Der Asset-Management-Industrie gelang es, Krypto-Anlagen in Produkte zu verwandeln, die zum Teil mit dem Segen von Aufsichtsbehörden wie der Finma an vermögende Kunden oder institutionelle Investoren verkauft werden.

"Heute halten wir keine solchen Anteile mehr"

Dazu gehört auch der SwissRex Crypto Fund der Zürcher Crypto Consulting. Wie die Fondsmanager in einem Brief an die Investoren schreiben, zählten zu den Investoren ursprünglich vor allem Familiy Offices und sehr vermögende Privatpersonen. Wie es im Brief heisst, konnte die Investorenbasis in den letzten Jahren um “Dachfonds, Vermögensverwalter und Pensionskassengelder” erweitert werden. 

Recherchen haben nun ergeben, dass die Freizügigkeitsstiftung der Luzerner Privatbank Reichmuth & Co. in diesen Fonds investiert hat. Nach einigen Anläufen bei verschiedenen Stellen innerhalb der Bank und der ihr assoziierten Vorsorgefirma PensExperts bestätigt eine Kommunikationsverantwortliche schliesslich in einer E-Mail, dass es “in der Tat so war, dass wir in der Vergangenheit sehr kleine Anteile des Fonds (SwissRex Crypto Fund) bei der Privatbank Reichmuth & Co gehalten haben”. 

SwissRex Crypto Fund hatte 21 Prozent des Fondsvermögens auf der FTX-Plattform angelegt. Der Fonds musste in der Folge 13 Millionen Franken abschreiben. 

Die Sprecherin schreibt weiter: “Diese Anteile lagen deutlich unter 1 Prozent, heute halten wir keine solchen Anteile mehr. Der zulässige Maximalanteil an digitalen Assets pro einzelne Kollektivanlage würde 5 Prozent betragen. Selbstverständlich halten wir jederzeit alle gesetzlichen Vorgaben ein – auch bei Investitionen in Kollektivanlagen gemäss Anlagereglement.” Auf Nachfrage teilte die Sprecherin mit, dass die Stiftung die Anteile am Fonds per Ende August verkauft habe.

Sagenhafte Wertsteigerungen bis November 2021

Bis November 2021 erlebten Krypto-Anlagen sagenhafte Wertsteigerungen. Der Bitcoin kletterte bis auf 68’000 Dollar. Danach ging es nur noch talwärts. Ende August, als Reichmuth & Co. sich von dem Fonds getrennt hatte, lag der Kurs schon unter 20’000 Dollar. Inzwischen pendelt er zwischen 15’000 und 16'000 Dollar.

Wie kommt es, dass Reichmuth & Co. Freizügigkeitsgelder überhaupt in Krypto-Assets investieren kann? Im Anlagereglement der Stiftung befindet sich an keiner Stelle ein Hinweis auf Kryptos oder Bitcoins, die zur Klasse der sogenannten alternativen Anlagen zählen. Als solche werden im Reglement lediglich “Hedge Funds, Rohstoffe, Private Equity, Insurance Linked Securities und Infrastrukturen” genannt.

Auch bei Madoff war Reichmuth & Co. dabei

Die FTX-Pleite zeigt Parallelen zu einem anderen Fall, der die Finanzwelt 2008 erschütterte. Damals brach das undurchsichtige Finanzimperium von Bernhard Madoff zusammen und hinterliess einen Schaden von 30 Milliarden Dollar. Im März 2009 bekannte er sich schuldig und wurde zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Er starb im April 2021.

Sam Bankman-Fried könnte Madoff als grösster Betrüger des Jahrhunderts ablösen. Der Staatsanwalt des US-Gliedstaats New York, Damian Williams, spricht bereits vom “grössten finanziellen Betrugsfall in der Geschichte der Vereinigten Staaten”.

Madoffs Liste der Geschädigten war 162 Seiten lang und reichte bis in die Schweiz. Wie die NZZ gestern schrieb, liessen sich heute wie damals auch professionelle Vermögensverwalter "hinters Licht" führen. Die Schweizer Privatbanken Union Bancaire Privé und Hentsch etwa erlitten durch ihr Engagement bei Madoff hohe Millionenverluste. Auch Reichmuth & Co. gehörte zu den Geschädigten von Madoff.

Der inzwischen über 80-jährige Karl Reichmuth sagte Anfang Jahr in einem Interview zum Madoff-Engagement: "Das war rückblickend nur eine von den Medien aufgebauschte Episode in meiner Erfahrungswelt. Die Verluste im betroffenen Anlagevehikel waren nie und nimmer so hoch wie in den Medien genannt. Zudem bekamen unsere Kunden aus der Konkursmasse über 75 Prozent des anfangs befürchteten Verlustes zurück."

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