Auf Kundinnen und Kunden der UBS kommt ein Debakel zu. Rund 30 Prozent der Vermögenswerte des auf Private Credit und Rohstoffe spezialisierten Asset Managers O’Connor sind an den insolventen US-Autoteilelieferanten First Brands gekoppelt.
Wie die FT schreibt, hat O’Connor die Anleger kürzlich darüber informiert, dass der Fonds im Rahmen seiner «Opportunistic Working Capital Finance»-Strategie 9,1 Prozent «direktes» und 21,4 Prozent «indirektes» Exposure gegenüber der Gruppe hat.
Ein direktes Engagement bedeutet in diesem Zusammenhang, dass First Brands die Rechnungen direkt hätte begleichen sollen. Indirektes Engagement bedeutet, dass O’Connor Rechnungen von First-Brands-Kunden finanzierte.
Wie bereits letzte Woche bekannt wurde, beläuft sich das gesamte Engagement der UBS gegenüber der First Brands Group auf über 500 Millionen Dollar, verteilt auf insgesamt fünf verschiedene Einheiten mit Sitz in den USA. Auch andere Finanzgesellschaften, die im boomenden Private-Credit-Markt aktiv sind, sind gegenüber dem Hersteller von Ersatzteilen wie Windschutzscheiben oder Zündkerzen exponiert.
Das hohe Exposure der UBS ist auffällig. Die FT (Abo) zieht einen Vergleich zum Greensill-Debakel, das die Credit Suisse erschütterte und ein Auslöser für deren Niedergang war: «Für die UBS droht der Fall First Brands zu einer neuen Belastungsprobe für die obersten Etagen des Schweizer Bankwesens zu werden – fast fünf Jahre nach dem Zusammenbruch von Greensill Capital, der die Credit Suisse erschütterte.»
Personelle Verbindungen zu Greensill
Tatsächlich gibt es im First-Brands-Fall ganz konkrete Verbindungen zu Greensill. Wie die FT berichtet, investierten die O’Connor-Fonds über eine Technologieplattform namens Raistone in forderungsbesicherte Schuldtitel, die an First Brands gekoppelt waren. Raistone wurde 2019 vom ehemaligen Greensill-Mitarbeiter David Skirzenski gegründet und vermittelt jährlich Milliarden an sogenannten Working-Capital-Finanzierungen für Firmen.
Das Unternehmen bezeichnet sich auf der Website als «Top Non-Bank Trade Finance Provider». Da Raistone selbst ein hohes Volumen mit First Brands abwickelte, ist es nun selbst in Schwierigkeiten geraten. Pikant: Laut Recherchen der FT soll ein O’Connor-Fonds auch eine Beteiligung an Raistone halten.
Wie vor Monaten bekannt wurde, führt die UBS Verhandlungen, um O’Connor an Cantor Fitzgerald zu verkaufen. Der langjährige Chef von Cantor Fitzgerald, Howard Lutnick, ist in der Schweiz kein Unbekannter: Im Februar trat er als Vorsitzender und CEO zurück, um das Amt des US-Handelsministers in der Regierung von Donald Trump zu übernehmen. Seither hat er sich vor allem als Schweiz-Basher geoutet.
Kniff um Exposure kleiner zu machen
Das hohe Exposure der First Brands in den O’Connor-Fonds wirft viele Fragen auf – zumal den Investoren zugesichert worden sein soll, dass kein einzelnes Engagement mehr als 20 Prozent des Fondsvermögens ausmachen würde.
Möglicherweise nutzte O’Connor einen Kniff, um das Engagement kleiner aussehen zu lassen. Das indirekte Exposure von 21,4 Prozent soll auf verschiedene Kunden von First Brands verteilt worden sein. Dadurch überschritt der Fonds die intern festgelegte Obergrenze von 20 Prozent pro Position formell nicht. «Der Working-Capital-Fonds verstösst gegen keine geltenden Anlagerichtlinien oder -vorgaben», teilte die UBS gegenüber der FT mit. Zudem sagte die Bank, die Beteiligung an Raistone werde über O’Connor-Fonds gehalten. Die Bank selbst sei nicht direkt engagiert.
Laut Quellen soll Raistone 70 bis 80 Prozent seiner Umsätze mit First Brands erzielt haben. Neben der Funktion als Plattform investierte Raistone auch direkt in Forderungen von First Brands, teils über spezielle Zweckgesellschaften. Diese Vehikel sollen ebenfalls im Auftrag externer Investoren verwaltet worden sein.
Aus einer O’Connor-Fallstudie von Januar 2023 geht hervor, O’Connor mit Lieferketten-Investments über eine Frist von 60 Tagen eine Rendite von 17 Prozent erzielte. Bei dem in der Studie genannten «nordamerikanischen Autozulieferer» soll es sich um First Brands gehandelt haben. Das Dokument soll ausdrücklich darauf hinweisen, dass «Risiken wie Ausfall und Betrug» bestehen.