Ferien gegen Kredite
Noch geht es nur um “unangemessenes Geschäftsverhalten” im Fall Bank CIC. Doch schon bald könnte daraus ein Strafverfahren werden.
25. Januar 2023 • Beat Schmid

Die Vorgänge erinnern an vergangene Zeiten. Doch geschehen sind sie erst vor kurzem. Die St. Galler Filiale des Basler Bank CIC, die zum französischen Finanzkonzern Crédit Mutuel gehört, soll einem Schweizer griechischer Abstimmung Kredite vergeben haben, die teilweise zum vollen Betrag von der CIC finanziert wurden. Als Gegenleistung seien CIC-Banker auf die griechische Ferieninsel Santorini eingeladen worden. Auch Cash soll geflossen sein.

Ende letzte Woche hat die Finanzmarktaufsicht (Finma) gegenüber der “bz Basel” bestätigt, dass die CIC die Behörde über ein “unangemessenes Geschäftsverhalten” informiert habe. Bereits im Dezember kam es zur abrupten Trennung von Bankchef Thomas Müller, Deutschschweiz-Chef Christoph Bütikofer und dem Leiter der Filiale in St. Gallen.

Inzwischen mussten weitere Mitarbeiter die Bank verlassen, die direkten Kundenkontakt mit dem Unternehmer hatten. Darunter ist ein Banker, der bereits bei seinem früheren Arbeitgeber, der UBS, durch einen entspannten Umgang mit internen Regeln aufgefallen sein soll, wie Quellen berichten.

Was wusste der Verwaltungsrat?

Pikant ist: Die Vorfälle von St. Gallen waren bereits vor einem Jahr ein Thema in der Basler Zentrale der CIC, wie “Inside Paradeplatz” schrieb. Nach einer ersten Untersuchung erhielt der Leiter der St. Galler Niederlassung lediglich einen Verweis. Wieso man die Sache zunächst ruhen lassen wollte, wirft Fragen auf.

Ebenso muss man sich fragen, ob und wie der Verwaltungsrat damals über Vorgänge in Kenntnis gesetzt wurde. Dass wenige Monate später der Bankchef seinen Posten räumen musste, deutet darauf hin, dass der Verwaltungsrat möglicherweise mehr hätte wissen wollen. Präsident des Verwaltungsrats ist der Franzose Eric Charpentier, der bei der CIC-Mutter in Paris für das Firmenkundengeschäft zuständig ist.

Für Rechtsexperten wie Monika Roth ist der Fall gravierend. Die Juristin und emeritierte Professorin für Finanzmarktrecht sagt zur “bz Basel”: “Wir bewegen uns hier allenfalls im Bereich von Vortaten zur Geldwäscherei." Laut Roth, die auch am Strafgericht Baselland tätig ist, wird die Finanzmarktaufsicht aller Voraussicht nach im Rahmen von Vorabklärungen ein Auskunftsbegehren an die CIC stellen.

Werden Strafermittlungsbehörden selbst aktiv?

Das heisst: Die Behörde fordere Berichte und Stellungnahmen der internen Aufsicht der CIC oder Protokolle von Verwaltungsratssitzungen ein und werde konkrete Fragen stellen. Die Untersuchungen im Rahmen des Aufsichtsrechts verlangen, dass die ins Visier geratenen Institute und Bankangestellten kooperieren müssen. Wenn die Finma auf strafrechtlich relevante Vorgänge stösst, müsste sie eine Strafanzeige einreichen.

Im Fall CIC stellt sich allerdings die Frage, ob die Strafermittlungsbehörden nicht von selbst aktiv werden. Laut Roth liegen hier mögliche Offizialdelikte vor. Sie nennt den Tatbestand der Privatbestechung sowie der qualifizierten, ungetreuen Geschäftsbesorgung. “Für mich ist angesichts der vorliegenden Informationen klar, dass die Staatsanwaltschaft eine Voruntersuchung beginnen muss”, sagt die Juristin.

Auch möglich ist, dass die CIC selbst rechtliche Schritte einleitet und gegebenenfalls eine Strafanzeige einreicht. Dazu will sich die Bank allerdings nicht äussern. Eine Sprecherin schreibt lediglich: “Wir bestätigen, dass wir Unregelmässigkeiten in unserer Filiale in St. Gallen festgestellt haben. (...) Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen (...) keine weiteren Informationen hierzu liefern können.”

Im Fall Vincenz nahm sich Raiffeisen sehr viel Zeit, ihren ehemaligen Chef anzuzeigen. Obwohl mehrere belastende Untersuchungsberichte und eine fertig formulierte Strafanzeige von Aduno/Viseca vorlagen, war die Bankführung zu diesem Schritt nicht bereit. Erst als bei Pierin Vincenz und weiteren Beschuldigten die Handschellen klickten, reichte die Genossenschaftsbank eine Klage ein.