Krypto-Pleite
Wie Gerichtsunterlagen zeigen, unterhielt Maerki-Baumann drei Konten für die FTX-Europazentrale. Das Zuger Fintech Klarpay war die Bank für sechs Krypto-Firmen von Sam Bankman-Fried.
16. Januar 2023 • Beat Schmid

Aus US-Gerichtsunterlagen geht hervor, dass die Zürcher Privatbank Maerki Baumann und das Innerschweizer Fintech Klarpay mehrere Konten für verschiedene Gesellschaften der kollabierten Krypto-Plattform FTX unterhielten. US-Behörden werfen FTX-Gründer Sam Bankman-Fried “Betrug epischen Ausmasses” und Geldwäsche vor. Bei einer Verurteilung drohen dem 30-Jährigen bis zu 115 Jahre Gefängnis.

Maerki Baumann führte drei Konten für die FTX Europe AG. Dabei handelt es sich um eine in Pfäffikon SZ domizilierte Firma, die als Europazentrale der Krypto-Plattform diente. Insgesamt 20 Konten führte das Zuger Fintech Klarpay für FTX-Gesellschaften in der Schweiz und im Ausland.

Sie wird als Bank genannt für FTX Exchange FZE (Dubai), FTX Europe AG, FTX Switzerland GmbH, FTX Switzerland GmbH und FTX Crypto Services Ltd. Ebenfalls als Partnerbank geführt ist die Turicum Private Bank, eine von Schweizern in Gibraltar gegründete Bank mit Niederlassung in Zürich.

Traditionsbank, die Krypto-Dienstleistungen anbietet

Das Start-up Klarpay hat im April 2021 eine sogenannte Fintech-Lizenz der Finma erhalten. Klarpay wolle Online-Unternehmen grenzüberschreitende, skalierbare Zahlungsakzeptanz- und Überweisungslösungen anbieten, heisst es auf der Website. Letztes Jahr flossen Klarpay im Rahmen einer Finanzierungsrunde 3 Millionen Franken zu.

Stephan Zwahlen, CEO von Maerki Baumann, will sich auf Anfrage nicht zu den FTX-Konten äussern. Aufgrund des Bankgeheimnisses könne er keine Anfragen zu einzelnen Kundenbeziehungen kommentieren, weder zur Existenz noch zum Inhalt einer Geschäftsbeziehung. Nicht reagiert auf eine Anfrage hat Klarpay-CEO Martynas Bieliauskas. Im Verwaltungsrat von Klarpay sitzt Beatrice Kern, die 2024 Finanzchefin der Berner Kantonalbank wird.

Maerki Baumann ist eine der wenigen traditionellen Banken, die umfassende Dienstleistungen für die Krypto-Szene anbieten. Krypto-Firmen können bei der Privatbank unter anderem Geschäftskonten führen, den Zahlungsverkehr abwickeln, sich Kapital beschaffen über sogenannte ICOs (Initial Coin Offerings) sowie Vermögenswerte verwahren lassen.

Zentrale Rolle spielte die Silvergate Bank

Eine zentrale Rolle im FTX-Netzwerk spielte die Silvergate Bank. Wie aus den Gerichtsdokumenten hervorgeht, unterhielt die Bank aus San Diego 26 Konten für die wichtigsten Firmen im Krypto-Universum von Sam Bankman-Fried.

Sie war die Bank für Alameda Research, Clifton Bay Investments, Ledger Holdings Inc., West Realm Shires, FTX Trading – Firmen, die ihren Sitz in Delaware oder Antigua hatten und die meist als Muttergesellschaften für Dutzende andere Firmen dienten. Bei FTX Trading waren beispielsweise alle Gesellschaften mit Schweiz-Bezug angedockt.

Wie vor einer Woche bekannt wurde, türmen sich inzwischen auch bei Silvergate die Probleme: Die Bank erlebte in den vergangenen Wochen einen Run auf ihre Einlagen, wie sie Anfang Jahr mitteilen musste. Investoren hätten gut 8 Milliarden Dollar oder rund 70 Prozent aller parkierten Mittel abgezogen. Wie viel davon in Zusammenhang mit ihrem FTX-Engagement verschwand, nannte die Bank nicht. In der Folge musste Silvergate 40 Prozent des Personals entlassen.

Im Visier von Elizabeth Warren

Die Bank, die Einlagen, Geldtransfers, Sicherheit und andere Dienstleistungen für den Kryptowährungshandelsmarkt anbietet, kam im Dezember ins Visier von kritischen Senatoren: Elizabeth Warren und zwei weitere Senatoren stellten Silvergate-Chef Alan Lane in einem Brief Fragen zu den Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf die FTX-Konten ihrer Schwesterfirma Alameda Research.

“Die Beteiligung Ihrer Bank an der Überweisung von FTX-Kundengeldern an Alameda offenbart ein ungeheuerliches Versagen Ihrer Bank bei der Überwachung und Meldung verdächtiger finanzieller Aktivitäten ihrer Kunden”, heisst es in dem Brief, aus dem die “LA Times” zitierte. “Die Öffentlichkeit hat Anspruch auf eine lückenlose Aufklärung der finanziellen Aktivitäten, die zum Verlust von Kundengeldern in Milliardenhöhe geführt haben, und der Rolle, die Silvergate bei diesen Verlusten gespielt haben könnte”, so die Senatoren.

Es stellt sich die Frage, ob Banken wie Silvergate von den mutmasslich betrügerischen Transaktionen, die sich zwischen den einzelnen Gesellschaften von Sam Bankman-Fried abgespielt haben, wussten oder nicht.

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