Grossbank im Sturm
Übers Wochenende machten Berichte über die Konkurs-Wahrscheinlichkeit der CS die Runde. Die Bank geht in die Gegenoffensive und versucht, Kunden zu beruhigen. Unterschätzt die CS-Führung die Dynamik?
3. Oktober 2022 • Beat Schmid

Wenn eine Bank in Schwierigkeiten steckt, können Dynamiken entstehen, die sich nur noch schlecht kontrollieren lassen. Das ist bei der Credit Suisse der Fall, die sich seit Wochen in einem Sturm befindet. Dieser hat in den letzten Tagen nochmals an Stärke zugelegt.

Auf die Bank prasselten übers Wochenende Meldungen nieder, die an Dramatik kaum zu überbieten sind. Zum Beispiel diese: Der öffentlich-rechtliche Sender ABC Australia soll berichtet haben, dass es ernstzunehmende Gerüchte gebe, wonach eine grosse Investmentbank unmittelbar vor der Pleite stehe. Der Sender beziehe sich dabei auf glaubwürdige Quellen, hiess es. Für viele Beobachter war sofort klar, dass die CS gemeint gewesen war.

Ob die Rundfunkanstalt überhaupt einen solchen Beitrag veröffentlicht hat, lässt sich nicht überprüfen. Einen entsprechenden Artikel sucht man auf der Onlineplattform vergebens. Gleichwohl wird die Schlagzeile von Börsen-Plattformen und unzähligen Twitter-Accounts weiterverbreitet.

CDS-Spreads steigen auf 250 Basispunkte

Anderes Beispiel: "Wallstreet Silver" mit über 300’000 Followern auf Twitter verbreitete am Samstag die Meldung, wonach die “CS wohl Pleite gehen wird”. Begründet wurde dies mit dem Aktienkurs, der auf 3,90 Franken gefallen ist, mit dem sogenannten Preis-Buch-Verhältnis von 22 Prozent. Illustriert wurde der Tweet mit einem Chart des CDS-Spread der Grossbank. Credit Default Swaps (CDS) sind Derivate, die Gläubiger kaufen, um sich gegen den Ausfall einer Anleihe abzusichern.

Die Zahlen der CS sehen in der Tat schlecht aus. Das ist nicht neu: Der Aktienkurs liegt auf einem historischen Tief, das Preis-Buch-Verhältnis ebenfalls und die CDS-Werte befindet sich auf einem Niveau, wie man es seit der Finanzkrise nicht mehr gesehen hat. Am Freitag stiegen sie um 50 auf 250 Basispunkte. Allerdings schwanken die CDS-Spread schon seit Wochen auf diesem Niveau (Tippinpoint berichtete)

Lange ignorierte die Bank die Negativschlagzeilen. Jetzt scheint die Bankführung die Taktik zu ändern und versucht, gegen die Spekulationswelle anzukämpfen. CS-Chef Ulrich Körner verschickte am Freitag bereits die zweite interne Mitteilung an die Mitarbeiter in nur einer Woche. Die jüngste Botschaft: die Beschäftigen sollen fokussiert bleiben bei ihrer Arbeit.

Kommt die Bank mit einer Gewinnwarnung?

Über Wochenende sollen zudem ranghohe CS-Kaderleute den Kontakt zu den wichtigen Kunden, Investoren und Gegenparteien gesucht haben, um sie beruhigen. Die Bank sei eine der bestkapitalisiertesten Banken der Welt, teilten sie mit. Auch verfüge sie über genügend Liquidität, um ihren Verpflichtungen jederzeit nachzukommen.

Es würde nicht überraschen, wenn die Bank schon bald eine weitere Mitteilung veröffentlichen wird, um die Märkte zu beruhigen. Einen Anlass gäbe es: Das dritte Quartal ist am Freitag zu Ende gegangen. Die CS könnte dies nutzen, um mit einem sogenannten Trading Update Angaben zum Verlauf des Quartals zu machen.

Bisher hat die Bank nur gesagt, dass die Investmentbank im letzten Quartal einen Verlust schreiben werde. Sie äusserte sich noch nicht zu einem möglichen Verlust auf Gruppenebene, der jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit eintreffen wird. Weiterhin viel Zeit lassen will sich die Bank mit der Bekanntgabe der neuen Strategie. Sie will den Schleier darüber erst Ende Oktober lüften.

MEHR ZUM THEMA


Kann CS-Präsident Axel Lehmann nochmals vier Wochen schweigen?

Die Grossbank will erst Ende Oktober über ihre Pläne informieren. Angesichts der dramatischen Entwicklung steht die CS unter Druck, schneller für Klarheit zu sorgen.
29. September 2022

Credit Suisse muss Durchhalteparolen herausgeben

Die Grossbank sei "gut unterwegs" mit ihrer umfassenden Strategieüberprüfung. Trotz anhaltenden Spekulationen will sie weiterhin erst am 27. Oktober über ihre Entscheidungen informieren.
26. September 2022

Ausfallwahrscheinlichkeit der Credit Suisse so hoch wie seit der Finanzkrise nicht mehr

Versicherungsprämien, die Gläubiger vor einem Konkurs der Schweizer Grossbank schützen, klettern auf das Niveau von 2009. Trotzdem ist die Ausgangslage für CS eine völlig andere – nicht unbedingt eine bessere.
8. September 2022