Unter Druck
Bei einem Auftritt in London wollte der CS-Verwaltungsratspräsident über eine Übernahme der Bank und einen Börsengang der CS Schweiz nicht spekulieren. Er sagte, die Abflüsse hätten sich “teilweise umgekehrt”.
1. Dezember 2022 • Beat Schmid

Die Abflüsse von Kundengeldern bei der Credit Suisse haben sich teilweise umgekehrt und nur sehr wenige Kunden haben die Bank ganz verlassen, sagte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann am Donnerstag auf einer Konferenz der Financial Times.

"Es war ein Sturm im Retail- und teilweise im Wealth-Management-Segment, vor allem in Asien, wo wir zwei bis drei Wochen lang wirklich massive Abflüsse hatten", sagte Lehmann an der Veranstaltung. Seither habe sich die Situation “völlig abgeflacht und teilweise umgekehrt", sagte er.

Die Grossbank teilte letzte Woche im Rahmen einer Gewinnwarnung mit, dass Kunden der Bank Gelder im Umfang von 84 Milliarden Franken abgezogen haben. Allein im Wealth-Management flossen der Bank zwischen dem 1. Oktober und dem 11. November 63 Milliarden Franken ab. Die Bank rechnet mit einem Verlust von 1,5 Milliarden Franken im vierten Quartal.

CS-Aktie fällt weiter

Die Aktien der Credit Suisse fallen trotz der Worte ihres Verwaltungsratspräsidenten auf ein neues Allzeittief. Aktuell (14.15 Uhr) handeln sie bei 2,73 Franken (minus 3,12 Prozent). Die Bank ist daran, sich über eine Kapitalerhöhung rund 4 Milliarden Franken zu beschaffen. Die Kapitalerhöhung gelingt nur dann vollständig, wenn der Kurs nicht unter den Ausgabepreis von 2,52 Franken fällt.

In einem heute veröffentlichten Bericht von J.P. Morgan schätzt der einflussreiche Bankenanalyst Kian Abouhossein die Abflüsse für das vierte Quartal auf total 107 Milliarden Franken. Im gebeutelten Wealth Management sieht er ebenfalls weitere Abflüsse (80 Milliarden fürs gesamte vierte Quartal).

Weiter schreibt er: Sollten die Abflüsse jedoch anhalten, dürften Spekulationen über einen Verkauf der CS wieder zunehmen. Möglich sei dann ein Börsengang der CS Schweiz, die vollständige Schliessung der Investmentbank und die Beibehaltung des Wealth Managements und des Asset Managements in einer neuen Firma (NewCo). Der Wert der Schweizer Einheit beziffert er mit 14 Milliarden Franken. Branchenkenner nannten gegenüber Tippinpoint einen Wert von 20 Milliarden Franken.

Axel Lehmann sagte in London, er wolle nicht über Szenarien wie Fusionen und Übernahmen oder einen Börsengang der Schweizer Einheit der Bank spekulieren und bezog sich dabei auf die Analyse von Kian Abouhossein.

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