Der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Stephen Miran, ist trotz erheblicher Vorbehalte hinsichtlich seiner Unabhängigkeit als Übergangslösung in den Vorstand der US-Notenbank berufen worden. Der US-Senat stimmte am Montagabend mit knapper Mehrheit für seine Ernennung. Miran übernimmt damit den Sitz der zurückgetretenen Fed-Direktorin Adriana Kugler und bleibt bis Ende Januar 2025 im Amt.
Die Bestätigung erfolgte nur wenige Stunden vor Beginn einer zweitägigen Sitzung, an der die Federal Reserve über die weitere Ausrichtung ihrer Geldpolitik berät. Marktbeobachter rechnen angesichts schwächerer Beschäftigungszahlen in den USA mit einer Zinssenkung.
Miran könnte sich bei den kommenden Sitzungen für zusätzliche Zinssenkungen starkmachen – ganz im Sinne von Trump, der seit Monaten Druck auf die Notenbank ausübt. Bereits im Vorfeld hatten Abgeordnete in Anhörungen ihre Zweifel geäussert, ob Miran während seiner kurzen Amtszeit wirklich unabhängig handeln würde.
Die demokratische Abgeordnete Elizabeth Warren warnte, niemand werde ihm als unabhängige Stimme Glauben schenken – weder die US-Öffentlichkeit, noch Investoren, noch die internationalen Finanzmärkte. Sie bezeichnete Miran als «Trumps Marionette». Miran versicherte hingegen, die Unabhängigkeit der Notenbank wahren zu wollen.
Der Rücktritt Kuglers Anfang August eröffnete Trump die Möglichkeit, einen Vertrauten zu platzieren. Seit Monaten fordert er vergeblich Zinssenkungen und argumentiert, dass viele Amerikaner wegen der hohen Hypothekarzinsen keine Immobilien mehr erwerben könnten. Günstigere Kredite könnten zudem die Konjunktur beleben.
Zu stark gesenkte Zinsen könnten die Inflation anheizen. Fed-Chef Jerome Powell hält deshalb an einem vorsichtigeren Kurs fest – und verärgerte damit Trump. Auch Fed-Direktorin Lisa Cook geriet ins Visier: Trump liess sie im August aus dem Amt entfernen, doch ein Gericht stoppte diesen Schritt vorerst.
Miran ist der Kopf von Trumps Zollpolitik
Stephen Miran hat sich wissenschaftlich mit zentralen Fragen der Wirtschafts- und Handelspolitik auseinandergesetzt. In jüngeren Papern argumentierte er, dass Zölle für die USA durchaus positive Effekte haben können. So betont er, dass eine robuste Wirtschaft auch unter hohen Zollsätzen florieren könne.
Aus seiner Sicht tragen Zölle nicht nur dazu bei, Handelsungleichgewichte zu korrigieren, sondern schaffen auch fiskalischen Spielraum, da die Einnahmen für steuerliche Entlastungen oder Wachstumsanreize genutzt werden könnten. Damit legte Miran quasi das intellektuelle Fundament, auf dem Trumps Zollpolitik aufbaut.
Auch zur Geldpolitik des Fed legte Miran wissenschaftliche Beiträge vor. Darin plädiert er für eine flexiblere, stärker datengetriebene Vorgehensweise. Damit befindet er sich auf Trumps Linie. Skeptiker werfen ihm vor, die Rolle der Notenbank eher im politischen als im unabhängigen Kontext zu interpretieren.
Trump und sein Umfeld arbeiten daran, die Kontrolle über das Fed zu übernehmen. Das gelingt, wenn die Mehrheit der Boardmitglieder auf seiner Linie ist. Mit Miran sind sie damit einen Schritt weiter.