Anfang Juli hat das Zürcher Zwangsmassnahmengericht der Staatsanwaltschaft die Auswertung des beim Onlineportal Inside Paradeplatz beschlagnahmten Materials untersagt. Es bestehe kein «nur ansatzweise ausreichender Tatverdacht» für eine Verletzung des Bankgeheimnisses in der Strafsache Pierin Vincenz. Hässig selbst schrieb auf seiner Plattform von einem «Sieg für die Medienfreiheit».
Die Staatsanwaltschaft hat im Juni in den Büros von Inside Paradeplatz (IP) und am Privatdomizil von Herausgeber und Journalist Lukas Hässig eine Razzia durchgeführt. Dabei nahmen die Beamten Computer, Telefon, Dokumente und Notizen mit. Hässig machte von seinem Recht Gebrauch, das Material zu siegeln.
Doch mit dem Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts ist die Sache für Hässig noch nicht erledigt. Zwar hat die Zürcher Staatsanwaltschaft den Entscheid des Gerichts inzwischen akzeptiert und will ihn nicht an die nächste Instanz weiterziehen. Doch der Journalist bleibt weiterhin im Fokus der Staatsanwälte, wie er auf Anfrage bestätigt.
«Mein Hauptverfahren geht weiter», sagt er. Wie genau, wisse er nicht. Besonders ärgerlich für ihn: Auch die beschlagnahmten Dokumente, Computer und das Handy befinden sich weiterhin unter Verschluss. «Alles bleibt gesiegelt bei der Staatsanwaltschaft bis zum Abschluss des Verfahrens gegen mich», so der Journalist.
Umstrittener Artikel 47 des Bankengesetzes
Die Zürcher Staatsanwaltschaft veranlasste die Hausdurchsuchung und die Ermittlung gegen die Plattform aufgrund eines Urteils des Obergerichts. Dieses hatte Beat Stocker, dem Mitangeklagten des ehemaligen Raiffeisen-Chefs Vincenz, recht gegeben. Stocker hatte eine Verletzung seiner Privatrechte durch das Onlinemedium geltend gemacht.
Im Zentrum steht der umstrittene Artikel 47 des Bankengesetzes. Dieser Paragraf, der das Bankgeheimnis schützen soll, erfasst seit 2015 nicht mehr nur Bankangestellte, sondern auch Dritte – etwa Journalisten. Hässig hatte 2016 über verdächtige Transaktionen der beiden berichtet, die über die Privatbank Julius Bär liefen. Die möglicherweise geleakten Daten betrafen keine anonymen Bankkunden, sondern Spitzenmanager, deren undurchsichtige Geschäfte zu Strafverfahren und Verurteilungen führten.
So wurde publik, dass Pierin Vincenz als Raiffeisen-Chef 2,9 Millionen Franken auf seinem Konto erhalten hatte – kurz nach einer umstrittenen Firmenakquisition. Diese Enthüllung löste zahlreiche Untersuchungen aus und brachte die Finanzmarktaufsicht auf den Plan. Es kam zu einer Strafanzeige, und in der Folge wurden Vincenz und sein Mitstreiter Beat Stocker wegen verschiedener Delikte angeklagt und erstinstanzlich verurteilt.
Nach dem Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts, die Daten nicht auszuwerten, kann man sich allerdings fragen, zu welchem Ergebnis weitere Ermittlungen überhaupt noch führen sollen. Bereits vor Jahren kam es nämlich schon zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang bei der Bank Bär. Allerdings verliefen die Nachforschungen im Sand. Ein offizielles Strafverfahren wurde damals mangels konkreter Anhaltspunkte nicht eröffnet.