Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) stellt Finanzjournalistinnen und -journalisten Informationen aus ihrem Research zur Verfügung. Analysten stehen Redaktionen Red und Antwort, und die Bank verschickt gewisse Berichte wie «Daily Market Opinion» oder «Preview Swiss Equity Week». Rocket Science ist das nicht, was die Analysten sagen und was in den Berichten steht. Die Informationen dienen unter anderem dem Zweck, die Bank als kompetente Auskunftgeberin in der Öffentlichkeit zu positionieren.
Mit einigen Wirtschaftsredaktionen hat es sich die ZKB nun aber verscherzt. Anfang Juni verschickte die Medienstelle eine E-Mail an verschiedene Schweizer Redaktionen. Darin forderte die ZKB die Medienschaffenden auf, eine «Einverständniserklärung» zu unterzeichnen, falls sie weiterhin Marktberichte der Staatsbank erhalten möchten. Zuerst berichtete die NZZ (Abo) über den Vorgang.
So sollen sich Medienschaffende verpflichten, sich an die kommunikativen Vorgaben der ZKB zu halten. Die Bank verlangt, «die verfälschte und unvollständige Wiedergabe» von Aussagen von Finanzanalysten sei «unter allen Umständen» zu vermeiden. Will eine Journalistin aus einem Research-Bericht zitieren, so ist das «nur mit vorheriger Freigabe des zuständigen Finanzanalysten zulässig». Zitate seien nur «im exakt» freigegebenen Wortlaut wiederzugeben. Zudem will die ZKB die Journalisten dazu verpflichten, es sei eine «ausgewogene Darstellung der Einschätzung des Finanzanalysten anzustreben».
Negative Reaktionen
Bei «begründetem Verdacht auf Missachtung» der Bestimmungen der Einverständniserklärung haben Medienschaffende der ZKB «umfassend Auskunft zu erteilen» und Einsicht in ihre Publikationen zu gewähren. Bei einem Verstoss behält sich die ZKB zudem das Recht vor, Medienschaffenden den Zugang zum ZKB-Research-Portal mit «sofortiger Wirkung zu entziehen» und ihnen auch sonst keine Research-Inhalte, individuellen Auskünfte oder Einladungen zu Veranstaltungen mehr zukommen zu lassen.
Die Bank beansprucht weitreichende Befugnisse. So zeichnet sie nicht nur sämtliche Kommunikationen mit Journalistinnen und Journalisten auf, sondern will diese nötigenfalls auch den Behörden weiterleiten können. Redaktionen müssen zudem sicherstellen, dass die Inhalte nur einem Schweizer Publikum zugänglich sind. Das verlangt die Bank auch von Online-Medien. Diese müssten durch technische Schranken wie Geo-Tagging dafür sorgen, dass ihre Inhalte nur von Personen aus der Schweiz gelesen werden können – was kein einziges Online-Medium in der Schweiz macht (inkl. tippinpoint).
Wie die NZZ schreibt, sehe sich die Zeitung nicht veranlasst, die Einverständniserklärung der ZKB zu unterzeichnen. Ähnlich sieht es die Wirtschaftsredaktion von SRF TV. Man sehe keinen Grund, die Einverständniserklärung der ZKB zu unterschreiben, heisst es. Bei Publikationen halte man sich an die eigenen publizistischen Richtlinien.
Die ZKB hat offenbar eingesehen, dass sie sich mit der Massnahme vergaloppiert hat. Wie die NZZ schreibt, machte sie am Montag einen Rückzieher: Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen solle das Konzept der Einverständniserklärung «einer erneuten Prüfung» unterzogen werden, heisst es.