Helvengo und Coop Finance+ sind zwei Fintechs, die kürzlich die Segel gestrichen haben. Zuvor hatte bereits Swiss Life seiner Finanz-App Pando den Geldhahn zugedreht. Während der deutsche Ableger von Helvengo an einen Partner verkauft werden konnte, stellt Coop seine Finanzapp komplett ein. In allen Fällen hatten die Investoren offenbar keine Lust mehr, weiteres Geld in die Startups zu stecken. Bei Helvengo, das Ende 2020 gegründet wurde, war unter anderem die TX Group als Investorin an Bord.
Noch kürzer war die Lebensdauer von Coop Finance+. Weniger als ein Jahr nach der Lancierung beendete Coop den Ausflug ins Finanzgeschäft. Das lag wohl auch daran, dass die Finanz-App aus technischer Sicht kein Highlight war. Die Nutzerrezensionen in den Appstores waren überwiegend vernichtend. Im Google Play Store wurde die App mit 2,5 bewertet. «Eröffnungsprozess katastrophal», schrieb ein Nutzer.
Der wahre Grund für den Misserfolg dürfte aber ein anderer sein. Die Coop-App bietet Funktionen, die es auch bei anderen etablierten Anbietern gibt. Fondssparen in der dritten Säule ist überall möglich. Zwar bot Coop Finance+ als Zusatzfunktion den Bargeldbezug an Coop-Kassen an. Aber wer braucht das heute noch in einer zunehmend bargeldlosen Welt?
Lange Durststrecken
Doch selbst wer eine App baut, die sich deutlich von anderen unterscheidet, hat nicht automatisch Erfolg. Bei Inyova beispielsweise können die Kunden ihre Vorsorgegelder gezielt in Aktien ihrer Wahl investieren und Stimmrechte ausüben, was die App von anderen unterscheidet.
Nach einer sehr erfolgreichen Crowdfunding-Runde stellt sich allerdings die Frage, wie lange das Unternehmen durchhalten kann. Zudem wartet Inyova immer noch auf eine Finma-Lizenz. Der Grund dafür ist unklar, möglicherweise liegt die Schwierigkeit darin, den Nachweis der Wirkungsmessung zu erbringen.
Radicant wiederum, das Venture der Basellandschaftlichen Kantonalbank, startete als digitale Nachhaltigkeitsbank. Schnell wurde klar, dass mit nachhaltigen Finanzlösungen zu wenig Volumen generiert werden kann. Jetzt setzt Radicant verstärkt auf Commodity-Funktionen wie Sparkonto und Kreditkarte. Um Kunden anzulocken, geht die Neo-Bank mit den Konditionen in den Keller. Das scheint Kunden anzulocken, aber ob das eine nachhaltige Strategie ist, wird sich zeigen.
Auf jeden Fall brauchen Fintechs und Neo-Banken einen langen Atem, um erfolgreich zu sein. Wie lange das dauern kann, zeigt zum Beispiel Swissquote, die 1999 an den Start ging. Es dauerte lange, bis sich der Erfolg einstellte. Doch heute ist das Institut eine feste Grösse im Markt. Die Aktie ist in den letzten 20 Jahren um fast 1000 Prozent gestiegen. Allein in den letzten fünf Jahren legte Swissquote um 600 Prozent zu. Die Börsenkapitalisierung beträgt 4,3 Milliarden Franken. Das ist über eine Milliarde mehr als Vontobel, die mit 3,2 Milliarden Franken bewertet wird. Heute publizierte der Online-Broker Rekordzahlen fürs erste Halbjahr.