Interview
Die Berner Kantonalbank erzielt einen Rekordgewinn. CEO Armin Brun erklärt im Interview, wer vom Gewinn profitiert, wie die Sparzinsen sich entwickeln und warum die Debitkarte aus Mais ist.
2. Februar 2024 • Joël Widmer*

Die BEKB hat in den letzten Jahren sehr gut Geld verdient. Im letzten Jahr erhöhte sie den Gewinn um fast 10 Prozent auf 174 Millionen Franken. Ein Rekordergebnis. Warum verdient die Bank so gut?

Armin Brun: Mit unserer neuen Strategie «Seite an Seite» gehen wir deutlich aktiver auf Kunden und Kundinnen zu als noch in der Vergangenheit. Dabei haben wir viel in die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert. Die Tatsache, dass wir mehr Kundinnen und Kunden gewonnen haben, hat einen Einfluss auf das Volumen und die Marge. Und am Ende steht das gute Finanzresultat.

Gibt es neben diesem Zuwachs weitere Treiber für den sehr guten Gewinn?

Der zweite Faktor ist ganz klar das Zinsumfeld. Die Politik der Nationalbank mit mehreren Zinserhöhungen in kurzer Zeit stärkt die Einnahmenseite. Es liegt eine grosse Summe von BEKB-Kundengeldern bei der Nationalbank und diese zahlt uns dafür Zins. Diese Verzinsung bei der SNB ist ein sicherer Treiber des Gewinns.

Ein weiterer Faktor im Zinsgeschäft ist folgender: Sie haben die Hypothekarzinsen schneller erhöht als die Zinsen auf den Konten. Da gibt es eine schöne Gewinnmarge.

Das ist so. Man muss aber berücksichtigen: Beim Sparzins ist die Zinsanpassung direkt auf das gesamte Portefeuille wirksam. Bei den Hypothekarzinsen dauert es etwa fünf Jahre, bis die Zinsen geändert sind. Und beim Hypothekarzins muss man oft innert Tagen auf den Markt reagieren. Der Sparzins hingegen wird im Markt viel langsamer angepasst.

Warum haben Sie die Zinsen auf Sparkonten nicht zügiger erhöht?

Wir waren bei den ersten, die wieder Zinsen auf Sparkonten eingeführt haben, wir haben ein attraktives Angebot bei der 3. Säule, wir haben Produkte, bei denen die Kinder bis zu 3 Prozent Zins erhalten. Und wir waren die ersten, die bei den Privatkonten den Zins erhöhten.

Sie verlangen aber Kontoführungsgebühren. Die Zürcher Kantonalbank hingegen bietet nun ein kostenloses Konto an. Die Gebühren stehen auch in der Kritik des Preisüberwachers. Warum hat die BEKB kein kostenloses Angebot?

Man muss bei den Konten immer Gebühren und Zinsen berücksichtigen. Unter dem Strich sollte man das gesamte Paket beurteilen. Wir streben langfristige Bankbeziehungen an. Das Angebot muss für den Kunden stimmen, der sein Geld anlegen will, aber auch für die Bank, die einen Aufwand hat. Ein Konto zu führen, ist nicht gratis. Beispielsweise aufgrund der Compliance-Anforderungen entstehen automatisch Kosten.

Von einer Streichung der Gebühren und höheren Sparzinsen würden BEKB-Kundinnen und -Kunden profitieren und Sie könnten Ihr Geschäft wohl ausweiten. Warum wagen Sie da keine Offensiv-Strategie?

Sollen wir mit Gratisangeboten Kunden locken und dann ein halbes Jahr später die Zinsen erhöhen? Wir machen keine Schaufenster-Angebote. Dennoch wachsen wir derzeit aus unserer Sicht sehr gut. Wir gewinnen jedes Jahr mehrere Tausend Kunden. Das ist ein guter Wert, denn als Kunde wechselt man nicht dauernd die Bank.

Wegen der trägen Kundschaft spielt der Markt bei den Zinsen auf den Konten nicht oder zumindest nur mässig.

Alle haben die Wahlmöglichkeit. Es gibt bei den Banken verschiedene Zinsen. Daher würde ich schon sagen: Der Markt funktioniert.

Ist die kontinuierliche Steigerung der Dividenden der BEKB wichtiger als attraktive Zinsen für Kundinnen und Kunden?

Nein. Wir haben viele Stakeholder, die wir bedienen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten 3 Prozent Lohnerhöhung. Die Kundinnen und Kunden profitieren von höheren Zinsen. Und bei der Dividende profitieren die Aktionäre. Der Kanton mit seinem Anteil von 51,5 Prozent erhält rund 48 Millionen Franken an Dividenden und rund 37 Millionen an Steuern, die wir für 2023 zahlen.

Sie wollen ihre Strategie anpassen und nachhaltiger werden. Die Bank gibt sich bei den CO2-Emissionen ein Netto-Null-Ziel auf 2050. Wie erreichen Sie das?

Unser Langfristziel Nachhaltigkeit betrifft nicht nur das Klima, sondern auch das Soziale. Das Ökologische ist aber sicher wichtig. In der Beratung der Kunden versuchen wir, die Ökologie zu forcieren. Wir haben kürzlich zusammen mit der Gebäudeversicherung eine Firma gegründet, die uns im Immobilienbereich im Beratungsprozess bei Nachhaltigkeitsfragen zur Seite steht. Künftig wollen wir auch im Bereich der Konten nachhaltigere Lösungen anbieten. Was wir heute schon haben: Unsere Debitkarte ist nicht mehr aus Plastik, sondern aus Maisstärke.

Eine Mais-Debitkarte in Ehren. Aber als Finanzinstitut ist Ihr Hebel für eine ökologische Transformation im Bereich der Anlagen viel grösser.

Der Hebel ist da sicher grösser. Wir forcieren seit vielen Jahren einen nachhaltigen Anlageprozess. Wir schliessen für gewisse Produkte zum Beispiel Streubomben oder Ölfirmen aus.

Die nachhaltigen Fonds machen aber erst 25 Prozent aus. Der Rest der Anlageprodukte enthält weiterhin Erdölfirmen.

Wir empfehlen selbstverständlich ein nachhaltiges Finanzprodukt. Wenn der Kunde das nicht will, können wir ihn nicht einfach bevormunden. Im Übrigen macht die BEKB nur noch aktive Anlage-Empfehlungen innerhalb des BEKB-Anlageuniversums und des BEKB-Nachhaltigkeitsuniversums, die strengen Ausschlusskriterien unterliegen.

Kamen im letzten Jahr mit dem Niedergang der CS viele Gelder zur BEKB?

Wir haben Zulauf von verschiedenen Banken. Die CS-Situation war ein Rückenwind, aber kein Ausreisser. In einer ersten Phase hatten wir Zuflüsse. Danach gab es eine Rückwärtsbewegung. Unsere mittelfristige Chance sind jene Kunden, die bisher bei beiden Grossbanken waren und nun vielleicht eine andere Zweitbank suchen.

Mit dem Niedergang der CS gibt es auch Bewegung im Firmenkundengeschäft: Wie positioniert sich da die BEKB?

Bei grossen globalen Firmen mit grossen Krediten können wir als BEKB aufgrund der Risiken nicht für eine CS in die Bresche springen. Da werden ausländische Banken eine Rolle spielen.

Mit der Übernahme der CS hat die neue grosse UBS definitiv eine Art Staatsgarantie. Sollte die UBS dafür zahlen müssen?

Da lassen wir die Politik ihre Arbeit machen. Man sollte das sauber aufarbeiten und dann Massnahmen treffen.

In der kantonalen Politik ist die BEKB-Beteiligung, die derzeit bei 51,5 Prozent liegt, ein Thema. Man diskutiert, ob man sie auf einen Drittel reduzieren sollte. Würden Sie das begrüssen?

Wir arbeiten seit der Privatisierung der Berner Kantonalbank im modernsten Modell aller Kantonalbanken: Politische und unternehmerische Führung sind klar getrennt. Wir haben eine gute Eignerstrategie, aber keinen direkten Einfluss der Politik. Ich sehe keine Veranlassung, daran etwas zu ändern.

Gewisse Kantonalbanken wie die Zuger Kantonalbank bieten für Kunden auch digitale Assets wie Bitcoin zum Handel an. Ist das ein Feld, das die BEKB auch betreten wird?

Bei Kryptowährungen haben wir zwei Herzen. Es gibt ein Bedürfnis der Kunden. Aber aus Compliance-Sicht ist es ein schwieriges Feld. Darum forcieren wir das nicht.

*Joël Widmer ist Mitgründer des Berner Onlinemediums Hauptstadt.be, wo das Interview zuerst erschien.