CS-Profiteure
Noch ist ein klarer Sieger nicht auszumachen. Doch schaut man auf die Entwicklung der börsenkotierten Privatbanken zeigen sich klare Tendenzen.
27. Juli 2023 • Beat Schmid

Es ist die Gretchenfrage schlechthin: Wer profitiert am meisten vom Niedergang der Credit Suisse? Die einfache Antwort: Alle ein bisschen. Die Kantonal- und Raiffeisenbanken im Retail- und KMU-Geschäft. Einige Auslandbanken im Firmenkundengeschäft, wenn man den Aussagen der Bankchefs in Interviews Glauben schenkt.

Ein klarer Sieger ist noch nicht auszumachen. Auch im Private Banking ist das Bild noch recht diffus. Ein klares Bild ergibt sich erst, wenn man die Börsenentwicklung der kotierten Privatbanken betrachtet. Seit dem Zusammenbruch der Grossbank im März hat EFG International am meisten zugelegt. Die Titel verteuerten sich um 20 Prozent. Während Vontobel und Bär nur knapp 5 Prozent zulegten.

Schaut man sich die letzten vier Wochen an, liegt EFG immer noch vorne, aber Vontobel und Bär haben aufgeholt. Die Kurven könnten sich in den nächsten Monaten weiter annähern, da EFG mit einem KGV von 18 bereits hoch bewertet ist. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Bär liegt bei 12 und dasjenige von Vontobel bei 14.

Betrachtet man also die Kursentwicklung, so sind die Aktionäre der EFG zumindest kurzfristig die klaren Gewinner. Es sind die griechische Reederfamilie Latsis und die brasilianische EFG Pactual, die zusammen knapp 65 Prozent der Aktien halten. Auch für Ex-Bär-CEO Boris Collardi, der Ende April 2022 ein Aktienpaket von 3,6 Prozent kaufte, hat sich die Investition bisher gelohnt. Sein Anteil ist mittlerweile auf 117 Millionen Franken angeschwollen. Sein Paket hat sich seit seinem Einstieg um fast 50 Prozent verteuert.

Als EFG International gestern ihre Halbjahreszahlen veröffentlichte, überraschte die Bank mit der hohen Zahl neuer Kundenberater: insgesamt 75 neue Relationship Manager. Ein Teil davon kommt von der Credit Suisse. Die hohe Zahl überrascht. Julius Bär, die zweitgrösste Privatbank nach der UBS und immerhin dreimal grösser als die EFG, hat im ersten Halbjahr 57 Kundenberater eingestellt.

Doch auch hier wird es noch eine Weile dauern, bis sich zeigt, wer bei der Rekrutierung ein glückliches Händchen hatte und wer nicht. Bär-Chef Philipp Rickenbacher dämpft jedenfalls gerne aufkommende Euphorie. Es werde ein bis zwei Jahre dauern, bis etwas Zählbares herauskomme, sprich: bis die reichen CS-Kunden ihre Vermögen verschoben hätten. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen EFG International und Julius Bär dürfte also noch einige Zeit für Spannung sorgen.

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