Compliance-Regeln
Der UBS-Präsident kündigte an, dass alle CS-Banker «gefiltert» würden. Wie engmaschig dieser Filter ist, zeigt der Fall des CS-Topbankers.
18. Juli 2023 • Beat Schmid

Andreas Gerber hat 34 Jahre lang für die Credit Suisse gearbeitet. Begonnen hat er bei der Volksbank, die von der damaligen SKA übernommen wurde. Nun ist Schluss für den 55-Jährigen, der seit 2020 das wichtige Firmenkundengeschäft der Credit Suisse Schweiz leitet. Er werde «vorerst eine Auszeit nehmen», teilte die Bank gestern mit.

Wie Recherchen zeigen, gibt es noch weitere Gründe. Gerber sei im berüchtigten Filter hängen geblieben, den die UBS für CS-Mitarbeitende anwendet, sagt eine Quelle aus dem Innern der Bank. Das klingt dramatisch, doch im Fall Gerber scheint es sich um eine Lappalie gehandelt zu haben. Gerber soll mindestens einen der internen Compliance-Tests nicht absolviert haben, heisst es.

Die Bank führt regelmässig Schulungen in Form von Online-Tutorials durch, um die Mitarbeitenden mit den neusten Compliance-Regeln vertraut zu machen. Die Teilnahme an diesen Tests gilt als Pflicht. Vor allem erfahrene Banker empfinden sie aber als lästig. Möglicherweise befand sich in Gerbers Personaldossier eine «Unentschuldigte» zu viel. Ein CS-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.

Keine Gnade der UBS

Kein Vorgesetzter bei der Credit Suisse wäre auf die Idee gekommen, wegen eines solchen Versäumnisses sich von einem guten Mitarbeiter zu trennen. «Solche Verfehlungen wurden höchstens als Vorwand genommen, um jemanden loszuwerden oder den Bonus zu drücken», sagt ein Banker.

Die UBS hingegen scheint gegenüber CS-Mitarbeitenden keine Gnade zu kennen. Überraschend ist das nicht. Die Trennung von Gerber passt zu den Aussagen von UBS-Präsident Colm Kelleher, der bereits kurz nach der Zwangsübernahme sagte, dass «jede Person aus der Credit Suisse gefiltert» werden müsse. Die fragwürdige Wortwahl, deren Bedeutung Kelleher offenliess, kam CS-intern schlecht an.

«Die UBS scheint mit zweierlei Ellen zu messen», sagt ein Quelle. Während die Bank bei den CS-Leuten hart durchgreife, scheine sie bei den eigenen Angestellten ein Auge zuzudrücken. «Gerber muss gehen, aber Iqbal darf bleiben», sagt sie.

Gemeint ist Iqbal Khan, der Chef der UBS-Vermögensverwaltung, der einige Jahre das Wealth Management der Credit Suisse leitete und unter dessen Leitung die Greensill-Fonds entwickelt und vertrieben wurden. Dass die Finma ihn im Zusammenhang mit dem Enforcement-Verfahren gegen die Bank nie befragt hat, sorgt für Kritik.

Ein Schnitt ins eigene Fleisch?

Mit der Trennung von Gerber schneidet sich die UBS möglicherweise ins eigene Fleisch. Das Schweizer Firmenkundengeschäft ist eine Perle innerhalb der Credit Suisse. Es hat auch einen besseren Ruf als die entsprechende Abteilung der UBS. Nun übernimmt zwar Daniel Hunziker interimistisch die Geschäfte von Gerber. Doch das könnte sich bald ändern.

UBS-Chef Sergio Ermotti will Mitte August entscheiden, wie es mit dem Schweizer Geschäft der Credit Suisse weitergeht. Kommt es zu einer Integration, dürften auch im Firmenkundengeschäft UBS-Leute zum Zug kommen. Dort leiten Andy Kollegger und Alain Conte das Geschäft mit den sogenannten Corporate and Institutional Clients (CIC).

Der Fall Gerber zeigt, dass die «Säuberungsaktion» der UBS bereits tief ins Schweizer Geschäft hineinreicht. Das ist möglicherweise ein Indiz dafür, dass Ermotti bereits eine Vorentscheidung getroffen hat.

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