Digital Assets Briefing
Welche Rolle wird Metaverse einnehmen, was spielen NFT und die Ethereum- Blockchain für eine Rolle und wo könnte man investieren? Darüber haben wir mit Daniel Diemers von der SNGLR Group und Co-Founder der Swiss Metaverse Association gesprochen.
5. Mai 2023 • Werner Grundlehner

Diese Woche im Digital Assets Briefing geht Werner Grundlehner der Frage nach, ob das Metaverse nur ein kurzlebiger Hype war. Angesichts der allgegenwärtigen Präsenz von KI muss man das fast vermuten. Antworten darauf liefert Daniel Diemers von der SNGLR Group, der auch Co-Founder der Swiss Metaverse Association ist.

Und den Short Cuts diese Woche:
• Die Entdollarisierung der Welt – Gefahr oder Chance für Stable Coins?
• Die Bitcoin-Strategie von Microstrategy geht für einmal auf.
• Bitcoin-Miner haben über 50 Milliarden Doller eingenommen



Herr Diemers, war das Metaverse nur ein kurzlebiger Hype? Es scheint, als ob Medien und Investoren sich in den vergangenen Monaten dem Trend Künstliche Intelligenz zugewandt hätten?

In den Neunziger Jahren beschäftigte ich mich als Startup-Entrepreneur mit KI. Und scheiterte. Seither wurde die KI-Technologie gefühlt schon zehn Mal für tot erklärt. Budgets wurden gestrichen, Projekte aufgegeben und eben auch viele Startups scheiterten an übertriebenen Erwartungen. Ich denke dieses zyklische Auf und Ab ist normal für die meisten exponentiellen Technologien.

Dasselbe konnten wir ab 2014 mit Blockchain, Krypto und Digital Assets verfolgen. Genau das gleiche Muster: Hype auf Enttäuschung, gefolgt vom nächsten Zyklus. Aber die dahinter liegende transformatorische Kraft der exponentiellen Technologien schreitet weiter voran. Ich sehe aktuell keine Zeichen, die darauf deuten, dass es dem Metaverse anders ergehen wird. Und bei Quantum Computing wird das auch wieder zu beobachten sein.

Hat das Metaverse die kritische Grösse bereits erreicht - oder könnte es wieder verschwinden?

Ich denke "das" Metaverse gibt es nicht. Der Begriff steht für eine technische Vision bestehend aus virtuellen Welten, in denen sich Communities bilden, verschiedene Business Anwendungen von Kollaborations-Räumen, "Digital Twins" bis zu industriellen Anwendungen, dann verschiedene Virtual- und Augmented-Reality-Geräte, Cloud Computing, Avatare, Spielwelten sowie digitale Vermögenswerte (Blockchain Tokens, NFT, etc.). Und zu guter Letzt, wird auch KI eine wichtige Rolle im Metaverse spielen. Verschwinden wird es sicher somit nicht, aber wir müssen noch einige Jahre auf den "Chat GPT"-Moment warten.

Gibt es noch technische oder regulatorische Einschränkungen, etwa Übertragungsraten, die der breiten Adaption von Metaverse im Wege stehen?

Auf jeden Fall, es gibt technischen Hürden zu lösen, aber auch die Regulierung ist bei neuen Technologien immer reaktiv, d.h. da kommt auch viel Arbeit auf uns zu.

Was umfasst das Metaverse genau und wo entsteht konkreter Nutzen für die Anwender?

Die virtuellen Welten und Interaktionsräume, die im Metaverse entstehen, sind eine Fortsetzung vom Web 1.0 und Web 2.0. Seit Corona haben wir uns alle endgültig an Videokonferenzen gewöhnt und dass man eben auch mal von woanders arbeitet. Kommerziell betrachtet ist es aber – wie wir alle erlebt haben – schwierig für einen Brand, ein neues Produkt oder eine Idee via Zoom-Call vorzustellen. Es ist langweilig und emotionslos.

Insbesondere Retail- und Luxus-Marken stürzen sich nun förmlich auf Web 3.0 und die neu entstehenden virtuellen Räume, weil dort viel mehr Emotionalität entsteht, sich aber auch stabile, virtuelle Gemeinschaften – also ein Publikum, potenzielle Käuferinnen und Käufer, bilden. Wer das erleben will, muss selbst einmal ein paar solcher Metaverse-Räume besuchen, z.B. Sandbox, Decentraland, VR Chat oder sich von seinen Kindern mal eine Einführung in Roblox oder einer Partie Fortnite geben lassen. Solche Metaverses sind heute noch sehr experimentell und spielerisch aber das Potenzial ist mittelfristig enorm.

Eine Vielzahl von Unternehmen hat also bereits einen Vorstoss ins Metaverse gewagt. Könnte es auch für eine Bank sinnvoll sein, eine virtuelle Niederlassung zu eröffnen?

Absolut, aber wie immer tun wir uns mit der Regulierung schwer. Ein Mode-Label, das seine neuen Sneaker promoten möchte, hat ein einfaches regulatorisches Umfeld. Beim Banking ist das bereits deutlich schwieriger. Access Control (Zugangskontrollen), Identifikation der Gegenpartei im Metaverse. Und letztlich stellt sich die Frage, was darf man dort machen: Investment Beratung? Produktverkäufe? Einen Konsumkredit vergeben?

Die Industrie hat gerade viele Jahre damit verbracht, z.B. Cross Border Rules (also länderübergreifende Produktwerbung und Marktbearbeitung) umzusetzen, und dann ist im Metaverse nun alles anders? Hier kommt viel Arbeit auf uns zu, aber ich bin positiv: Crypto sah lange auch unregulierbar aus, und doch haben wir es heute geschafft. Ich kann digitale Assets kaufen, verkaufen, versteuern.

Welche Rolle spielen NTF und hängt ihr Siegeszug auch vom Erfolg des Metaverse ab?

Ich würde das nicht überbewerten, NFT sind einfach ein spezifisches Protokoll basierend auf Blockchain-Technologie. Der darüberliegende Trend sind digitale Währungen und Tokens, die ich rechtlich ordnungsgemäss über das Internet handeln kann. Das ist die Innovation dahinter, während NFT einfach besser "greifbar" sind, als zum Beispiel fungible Cryptowährungen oder DeFi (Decentralized Finance) Anwendungen.

Ist eine Investition in Ether eine gute Idee, wenn man vom Wachstum des Metaverse profitieren will - da offenbar der grösste Teil des künstlichen Raums auf Ethereum basiert?

Interessanterweise hat sich Ethereum wirklich als stabile, ausbaufähige Plattform für NFT und Metaverse-Anwendungen positioniert. Nicht zuletzt kommt die Idee von NFT vom Erfinder von Ethereum, Vitalik Butarin. Entsprechend gross ist der Marktanteil von Ethereum am heutigen, Blockchain-basierten Teil des Metaverse.

Wie sich das entwickelt, bleibt spannend. Ethereum ist nicht gut skalierbar und die Gebühren (Gas Fees) verhindern oft, dass neue Ideen auch kommerziell funktionieren. Entsprechend sehen wir viele neue Blockchain-Protokolle, die Ethereum gerne ablösen wollen und viele, sogenannte Layer-2-Lösungen, die darauf aufbauen.

Wenn jemand in den Trend Metaverse investieren möchte, würde ich aber vor allem direkte Venture Capital Investments empfehlen. Der Hong Konger Venture Fund Animoca Brands hat eindrücklich bewiesen, dass das eine gute Strategie ist, wenn man früh auf die richtigen Startups setzt.

Welche Unternehmen würden am meisten vom Siegeszug des Metaverse profitieren?

Die gute Nachricht: Sehr viele! Da das Konzept des Metaverse, wie auch der sogenannte "Technologie-Stack" von Web 3.0 komplex ist, gibt es viele Opportunitäten: sowohl für etablierte Firmen, aber auch Startups. Ich kann mich als Cloud Anbieter positionieren, eine gute Blockchain-Lösung bauen, oder tolle VR/AR Brillen entwickeln. Ein wichtiger Teil wird auch der Content sein: und hier geht der Trend von Web 2.0 weiter: Künstlerinnen, Musiker, Influencer, aber auch Marken können ganz neue Plattformen und Geschäftsmodelle im Metaverse entwickeln. In Japan ist zum Beispiel seit 2007 ein virtueller Avatar ein beliebter, stadionfüllender Rockstar: Hatsune Miku. Solche Konzepte kann ich neben Streaming, Merchandising eben auch im Metaverse hervorragend skalieren.

Sie sind Gründungsmitglied der Swiss Metaverse Association. Was will diese Organisation erreichen?

Die Idee ist recht einfach: da das Metaverse eine sehr komplexe Sache ist, gibt es kaum Expertinnen und Experten, die allein die ganze Bandbreite abdecken. Wer kann schon behaupten, KI-Expertin, Blockchainer, Cloud- und VR-Profi und dann vielleicht auch noch kompetent bei 3D Modelling, Gaming und eSports zu sein. Umso wichtiger ist es alle diejenigen zusammenzubringen, die an einzelnen Aspekten arbeiten, und durch den Austausch voneinander zu lernen und gemeinsam neue Konzepte zu entwickeln. Das umfasst auch die Politik, die Regulation, sowohl etablierte Firmen als auch Startups und nicht zuletzt die Forschung und Bildung.

https://metassociation.ch/



Short cuts: News aus der digitalen Welt

Die Entdollarisierung der Welt – Gefahr oder Chance für Stable Coins?

Der Dollar besitzt als Weltreservewährung seit dem Zweiten Weltkrieg einen Sonderstatus. So werden beispielsweise Erdöl und andere Rohstoffe nur in Dollar gehandelt. Selbst die Abkehr von den festen Wechselkursen in den 1970er-Jahren gefährdete die Vormachtstellung des Dollars nicht. Heute jedoch beschleunigt sich wegen der wachsenden Rivalität zwischen den USA und China, Russland und dem Iran die Entdollarisierung.

Am aktivsten ist zur Zeit der chinesische Präsident Xi Jinping. Eine Abrechnung des Erdölhandels in Yuan war an der jüngsten Zusammenkunft der Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) ein Thema. Ende 2022 hielt sich der chinesische Staatschef in Saudi-Arabien auf, wo er mit sechs Öl- und Gasmonarchien des Persischen Golfs zusammentraf: Saudi-Arabien, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Oman und Katar. Ziel des Treffens war es, die Umstellung des Ölhandels auf den Yuan in die Wege zu leiten. Gegen Ende des vergangenen Jahres begann Peking, Rohöl mit hohen Preisnachlässen von Moskau zu kaufen und diese Käufe in Yuan statt in Dollar abzuwickeln, wodurch der sogenannte Petroyuan entstand.

Das könnte mit ein Grund für die Dollarschwäche sein. Im Oktober kostete ein Greenback noch deutlich über einem Franken, heute notiert der Dollar unter 90 Rappen. Mit dem Dollar verlieren auch die wichtigsten Stable Coins wie Tether und USD Coin, die eins-zu-eins zum Dollar notieren, an Wert. Im Universum der Kryptowährungen nehmen die beiden Platz 3 und 5 ein.

Die Kryptoindustrie sieht eine Chance, mit Hilfe von Dollar-Stable-Coins die Herrschaft des Dollars zu sichern. "Der Kongress sollte eine neue Stablecoin-Gesetzgebung verabschieden, um den Greenback zu stärken", sagt etwa Jeremy Allaire, Gründer und CEO von Circle, der Gesellschaft, die den USD Coin betreibt. Das Problem dabei: Die US-Behörden und die Federal Reserve haben in den vergangenen Monaten einen regelrechten "Krieg" gegen Bitcoin & Co. entfacht und die Industrie dermassen vergrault, so dass einige Dienstleister damit liebäugeln, die USA zu verlassen.

www.businessinsider.com

Die Bitcoin-Strategie von Microstrategy geht für einmal auf

Zum ersten Mal seit 2020 erzielt die die Business-Intelligence-Firma Microstrategy einen Gewinn. Neben Steuereffekten ist dies auch der Bitcoin-Strategie des Unternehmens zu verdanken. Das von Michael Saylor gegründete Unternehmen erzielte im ersten Quartal einen Überschuss von 94 Millionen Dollar. Phong Lee, der mittlerweile den CEO-Posten von Saylor übernommen hat, aber dessen Kurs fortsetzt, schreibt in einer Pressemitteilung: "Die Überzeugung für unsere Bitcoin-Strategie bleibt stark, während das Umfeld für digitale Assets weiter reift."

Doch langfristig ist Wette des US-Unternehmens noch nicht so richtig aufgegangen. Das Unternehmen baut den Bitcoin-Bestand seit Jahren kontinuierlich aus und besitzt mittlerweile 140'000 Bitcoin, die es zu einem durchschnittlichen Preis von 29'800 Dollar erworben hat. Im ersten Quartal des laufenden Jahres verzeichnete der Bitcoin ein Plus von 72% auf 28'300 Dollar.

Bitcoin-Miner haben über 50 Milliarden Doller eingenommen

Seit der Schaffung des ersten Blocks (Genesis Block) haben sich die Bitcoin-Miner eine goldene Nase verdient. Laut Daten des Krypto-Research-Unternehmen Glassnode liegen die kumulierten Einnahmen der Mining-Industrie Anfangs Mai bei über 50 Milliarden Dollar. Die Gesamtkosten für das Schürfen beliefen sich demnach insgesamt auf 36,6 Milliarden. "Damit liegt die allzeit aggregierte Gewinnmarge für Miner bei 13,6 Milliarden US-Dollar", vermeldet Glassnode. Als der Bitcoin-Kurs nach dem FTX-Kollaps abstürzte, stand die Mining-Industrie vor schier unlösbaren Problemen. Doch mit der Erhöhung der Preise am Kryptomarkt ist die Goldgräberstimmung zurück. Der grösste Teil der Kosten wurde für elektrische Energie aufgewendet. Der hohe Energieverbrauch führte zu anhalternder Kritik und brachte dem Bitcoin den Vorwurf ein, ein "Klimakiller" zu sein.

https://insights.glassnode.com/

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