Credit Suisse
Anfang Dezember zeichnete der CS-Verwaltungsratspräsident in Interviews ein viel zu positives Bild zur Lage der Bank. Zu den Abflüssen sagte er: "They have stopped."
14. Februar 2023 • Beat Schmid

Als Anfang Dezember der Aktienkurs unter die Marke von 3 Franken fiel, ging CS-Chairman Axel Lehmann in die Offensive. Gleich dreimal innerhalb weniger Tage trat er in der Öffentlichkeit auf. Am 1. Dezember sprach er am FT Banking Summit in London, am nächsten Tag gab er auf Bloomberg-TV ein Interview und drei Tage später trat er im Schweizer Fernsehen auf.

Die Botschaft war stets die gleiche: Nach dem Social-Media-Sturm Anfang Oktober kam es zu einem “Wasserfall” von Abflüssen. Doch seither habe sich die Lage stabilisiert, zum Teil würden die Gelder wieder zurückkommen.

Konkret tönte das dann so: “Es war ein Sturm im Privatkundengeschäft und teilweise im Wealth-Management-Segment, vor allem in Asien, wo wir zwei bis drei Wochen lang wirklich massive Abflüsse hatten”, sagte er an der FT-Bankenkonferenz (Abo). “Das Gute an der traurigen Geschichte ist, dass uns nur sehr wenige Kunden verlassen haben. Sie sind immer noch bei uns, sie machen immer noch Geschäfte mit uns.” Das war am 1. Dezember.

Axel Lehmann: "They have stopped"

Einen Tag später gab er ein Interview bei Bloomberg-TV. Befragt von Francine Lacqua sagte er an einer Stelle, dass die Abflüsse “im Grunde aufgehört” haben – “they have basically stopped”. An anderer Stelle sagte er auf Englisch: “What we saw were two, three weeks in October – dann sagte er “wumm” und machte eine Handbewegung nach unten –, “since then they have been flattening out, they have stopped, and they are gradually coming back, particularly in Switzerland.”

"Wenn ich mit Kunden spreche, weiss ich bereits, dass es zu Zuflüssen kommen wird", sagte er. "Wir sehen bereits, dass dies teilweise geschieht.” Die CS schrieb damals Tausende von Kundinnen und Kunden an, die etwa 80 Prozent der verwalteten Vermögenswerte hielten. Lehmann meinte: “Wir haben vor, weiterhin auf die Kunden zuzugehen. Es könnte ein wenig dauern, aber es wird zurückkommen und wir werden zur Normalität zurückkehren.”

Am Montag doppelte Lehmann in der Schweiz nach. Im Interview mit Eco des Schweizer Fernsehens sagte er zum Geldabfluss: “Es hat sich absolut stabilisiert… Es kommt zurück, es geht wieder zurück, es geht wieder ein wenig rauf. Dann gehen Sie in die Kapitalerhöhung, wo Sie massive Verwässerung haben, dann haben sie Verunsicherung, dann gibt es eine höhere Volatilität. Aber ich glaube, es hat sich seit Ende letzter Woche.”

Die Ernüchterung kam letzte Woche

Die positiven Botschaften waren nicht ohne Folge. Besonders das Interview mit Bloomberg hatte einen direkten Effekt. Agenturen schrieben, dass die CS die Abflüsse “stoppen” konnte. An jenem Freitag stiegen die Aktien der Credit Suisse um bis zu 10 Prozent.

Zuvor, am 23. November, gab die Bank Abflüsse in der Höhe von 84 Milliarden Franken bekannt. Allein in Wealth Management beliefen sich die Nettoabflüsse auf 63 Milliarden Franken.

Die Ernüchterung kam letzte Woche, als die Bank die Resultate für das vierte Quartal veröffentlichte. Da zeigte sich, dass die Geldabflüsse doch nicht so schnell gestoppt werden konnten, wie dies Lehmann behauptete. Sie gingen effektiv weiter.

Insgesamt kamen nochmals 27 Milliarden Franken dazu. Der Bank flossen zwischen Oktober und Dezember 110,5 Milliarden Franken an Kundengeldern ab. Allein im Wealth Management gab es Nettoabflüsse von 92,7 Milliarden Franken, also 30 Milliarden mehr als am 23. November bekanntgegeben.

Die Quittung der Aktionäre

Doch was sagte Axel Lehmann im Bloomberg-TV-Interview nur sieben Tage später? “Since then they have been flattening out, they have stopped, and they are gradually coming back, particularly in Switzerland.”

Die Quittung der Aktionäre kam letzte Woche. Seither hat CS-Aktie knapp 15 Prozent verloren. Der Aktienkurs befindet sich wieder nahe dem historischen Tiefpunkt.

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