Zürcher Vegan-Boutique in Turbulenzen
Die Finma stellt Fragen zu einem neuen Impact-Fonds, der 750 Millionen Dollar bei Investoren einsammeln will. Letzte Woche traten vier Mitglieder aus dem Verwaltungsrat der Zürcher Finanzfirma zurück.
4. Juli 2022 • Beat Schmid

Die Finanzmarktaufsicht führt Abklärungen bei der Zürcher Impact-Boutique Blue Horizon durch. Gemäss Recherchen von Tippinpoint hat die Behörde einen umfassenden Fragebogen eingereicht. Im Kern will sie überprüfen, ob die Tätigkeit der Gesellschaft bewilligungspflichtig ist. Die Abklärungen stehen in Zusammenhang mit einem neuen Private-Equity-Fonds, den Blue Horizon aufbauen will und deshalb Geld bei Investoren sucht. Es geht dabei um die namhafte Summe von 750 Millionen Dollar.

Firmen wie Blue Horizon, die nicht Finma-reguliert sind, können trotzdem Anfragen des Regulators erhalten. Das gehört neben der Aufsicht über bewilligte Finanzinstitute auch zum Job der Finma. Blue Horizon dürfte der Aufforderung der Behörde also Folge leisten. “Kein Kommentar”, sagt ein Sprecher. Wie üblich nimmt auch die Finma zu einzelnen Gesellschaften keine Stellung.

Der geplante 750-Millionen-Fonds nennt sich Blue Horizon Growth II. Die Investmentgesellschaft versucht nun schon seit über einem Jahr, vermögende Privatpersonen oder Family Offices für das Vehikel zu gewinnen. Doch die Geldsuche verläuft harzig. Zu einem sogenannten Closing ist es bisher noch nicht gekommen.

Gelistete Food-Tech-Firmen haben zuletzt überdurchschnittlich stark an Wert eingebüsst. Die Aktien von Beyond Meat etwa sind in den letzten 12 Monaten um 82 Prozent eingebrochen. Auch bei privat gehaltenen Firmen purzeln die Bewertungen. Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sitzt das Geld bei vielen Investoren nicht mehr locker.

Investoren entziehen Blue Horizon Investment-Mandat

Seit einigen Monaten herrscht Unruhe im Umfeld von Blue Horizon. Der Grund ist ein Streit zwischen dem Unternehmen und Investoren, die in den Fonds Blue Horizon Venture I investiert haben. Dabei handelt es sich um den ersten und bisher einzigen Fonds der Gesellschaft. Eine Mehrheit der sogenannten Limited Partners, wie die Fondsinvestoren genannt werden, setzte durch, dass der Gesellschaft das Mandat entzogen wurde, den Fonds weiterhin zu betreuen und dafür Gebühren einzukassieren. Dazu gibt es einen weiteren Streit wegen einer umstrittenen Kapitalerhöhung der Dachgesellschaft Blue Horizon Corporation (Tippinpoint berichtete).

Letzte Woche wurde bekannt, dass vier Mitglieder aus dem Verwaltungsrat dieser Dachgesellschaft zurückgetreten sind. Es sind dies der Migros-Topmanager Walter Huber, Governance-Spezialistin Sonja Stirnimann, Ex-Nestlé-Manager Aldo Uva sowie die ehemalige Finma-Kaderfrau Caroline Clemetson.

Der Rücktritt von Clemetson ist besonders pikant. Die Juristin war bis 2014 Leiterin des Bereichs Anlageprodukte und Vertrieb bei der Finma und gilt als exzellente Kennerin des Fondsgeschäfts. Heute ist die Anwältin und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei Schellenberg Wittmer. Sie liess eine Anfrage zu den Gründen ihres Rücktritts unbeantwortet.

Blue Horizon wurde 2015 von Roger Lienhard gegründet. Nach einer Schaffenskrise entdeckte der ehemalige Kleinanzeigenverkäufer in Kalifornien den veganen Lebensstil. Er kam in Kontakt mit Firmen wie Beyond Meat oder Impossible Foods. Dem “Manager Magazin” (Artikel kostenpflichtig) sagte er, dass ihn die Technik hinter den Fleischersatz-Firmen fasziniere. Er habe gemerkt, dass man “sein Geld vervielfachen” könne.

Lienhard liebt grosse Ankündigungen. In Interviews sagte er, dass er Blue Horizon zu einer Art Berkshire Hathaway des Essens machen wolle. "Daraus wird ein 2-Billionen-Dollar-Markt", sagte er. "In 20, 30 Jahren, wenn die Produkte wie Fleisch schmecken und gesünder, günstiger und klimafreundlicher werden, wird Fleisch selbst zu einer Nische."

Parallel baute er mit weiteren Investoren eine zweite Holding auf: Livekindly. Zur Firma gehören Beteiligungen an Herstellern von veganen Lebensmitteln sowie die gleichnamige Influencer-Plattform. Bei Livekindly, die grössere Verluste schreibt als Umsätze und kaum mehr wächst, trat kürzlich CEO Kees Kruythoff zurück. Auf der Website des Unternehmens wurde sein Abgang noch nicht vermeldet.

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