
Diesen Mittwoch wird Colm Kelleher zum Präsidenten der UBS gewählt. Der Ire folgt auf den Deutschen Axel Weber, der sein Amt wie geplant nach zehn Jahren abgibt. Wie Recherchen ergeben haben, hätte es auch anders kommen können: Der frühere UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler soll ein Angebot gehabt haben, selbst Verwaltungsratspräsident der Grossbank zu werden. Doch der gebürtige Ostschweizer habe das abgelehnt. Stattdessen wird er nun Vizepräsident.
Wie aus dem Innern der Bank zu hören ist, wollte er den Schritt an die Spitze der Bank nicht vollziehen. Er hätte sich damit aufs internationale Parkett begeben müssen. Das bedeutet Beziehungspflege mit Grosskunden in China, mit Investoren im arabischen Raum und Mitgliedschaften in internationalen Gremien. Das muss einem liegen. Gähwiler habe das nicht gewollt.
In der Schweiz zu Hause
”Lukas Gähwiler ist in der Schweiz zu Hause”, sagt eine Quelle. Nach einer 20-jährigen Karriere bei der Credit Suisse wechselte Gähwiler 2010 zur UBS und übernahm dort die Rolle des Schweiz-Chefs, damals noch unter Oswald Grübel. Nach nur sechs Jahren zog er sich überraschend aus dem operativen Geschäft zurück und wurde Verwaltungsratspräsident der UBS Schweiz. Den operativen Job übernahm der Deutsche Martin Blessing, der bereits 2019 aus der Bank ausschied.
Gähwiler vernetzte sich politisch in der Schweiz, er trat in den Vorstand von Economiesuisse ein und ist Präsident des Verbands Arbeitgeber Banken. Er ist auch im Vorstand des Swiss Finance Council, einer von den Schweizer Grossbanken finanzierten Lobbyorganisation in Brüssel. Er ging in die Verwaltungsräte von Ringier und Pilatus. Diese privaten Mandate will er behalten. Gähwiler lehnte eine Stellungnahme gegenüber Tippinpoint ab.
Der Wechsel ins Konzernboard ist auch eine Alibiübung
Bei der Bekanntgabe seiner Nomination im letzten November sagte er: «Die starke globale Präsenz und Reichweite von UBS beruhen auch auf unserem Erfolg im Heimmarkt Schweiz, der mir persönlich sehr am Herzen liegt.» Viel ändern dürfte sich für Gähwliler in seiner neuen Rolle als Vize nicht. Der Wechsel von der UBS Schweiz ins grosse Board des Konzerns ist daher auch eine Alibiübung.
Die künftige De-facto-Doppelspitze im Verwaltungsrat mit Gähwiler und Kelleher ist dem Umstand geschuldet, dass mit dem Iren und Konzernchef Ralph Hamers zwei Ausländer formell an der Spitze der Bank stehen. Das Problem an dieser Konstellation ist nicht der fehlende Schweizer Pass der beiden, sondern der Umstand, dass sie kaum Deutsch sprechen und hierzulande nicht vernetzt sind.
Nach wie vor befinden sich die wichtigsten Stakeholder der Bank in der Schweiz. Gerade im Krisenfall ist es essenziell, dass die Kommunikation zwischen der Bankspitze, Finma, Nationalbank und Bundesrat schnell und friktionsfrei abläuft. Dass der heisse Draht zwischen der Bahnhofstrasse und dem Bundesplatz auch in turbulenten Zeiten nicht abbricht, dafür wird Gähwiler sorgen müssen.
Mit seinem Dogmatismus hat Weber der UBS einen Bärendienst erwiesen
Doppelspitzen sind problemanfällig. Kelleher jedenfalls, einst Finanzchef der US-Grossbank Morgan Stanley, soll kein Freund geteilter Verantwortung sein. Dass es bei der UBS nun doch dazu kommt, ist das Ergebnis der Nachfolgeplanung von Axel Weber. Der Professor und Notenbanker verpasste es, Sergio Ermotti an die Bank zu binden, nachdem dieser die operative Leitung abgegeben hatte. Der Vollblutbanker wäre gerne in den Verwaltungsrat nachgerückt. Doch Weber bestand auf einer Cooling-off-Periode von mindestens zwei Jahren – die Ermotti ausserhalb der Bank hätte absitzen müssen.
Walter Kielholz ergriff die Gelegenheit und machte den Tessiner zu seinem Nachfolger an der Spitze der Swiss Re. Weber hat mit seinem Dogmatismus der UBS einen Bärendienst erwiesen. Der Deutsche hätte eigentlich wissen müssen, dass Grossbanker mit breiter internationalen Erfahrung, die sich auch in der Schweiz auskennen, extrem dünn gesät sind. Mit dem 65-jährigen Kelleher zauberte Weber eine Verlegenheitslösung aus dem Hut. Gleich alt wie Weber dürfte der Ire nur wenige Jahre an der Spitze der Bank bleiben. Schon jetzt muss sich der Nominationsausschuss Gedanken machen, wer Kelleher ablösen wird.
Wer weiss, vielleicht traut sich Gähwiler ja in ein paar Jahren.