Analyse
Die UBS gilt als globales Aushängeschild des Schweizer Finanzplatzes – doch ausgerechnet in der grössten politischen Krise fehlt dem obersten Führungsgremium die Stimme der Schweiz.
31. Oktober 2025 • Beat Schmid

Der Verwaltungsrat der UBS gilt als bankfachlich hochprofessionell besetzt. Die Vertreter kennen das Geschäft des globalen Bankings und wissen, die richtigen Fragen zu stellen. Der Verwaltungsrat ist auch stark international durchmischt. Es gibt Vertreter aus China, Singapur, Australien, England, Irland, Kanada und Amerika. In der Mehrheit sind es Angelsachsen, die im höchsten Leitungsgremium der Bank das Sagen haben – angeführt von Colm Kelleher, der 2022 von Morgan Stanley zur UBS stiess.

Auch Schweizer gibt es im Board: Vizepräsident ist Lukas Gähwiler, der auf die nächste Generalversammlung allerdings zurücktreten wird, sowie der Westschweizer Duftstoff-Unternehmer Patrick Firmenich und Mercedes-Benz-Managerin Renata Jungo Brüngger. Auch künftig werden es lediglich drei Schweizer sein, wenn Markus Ronner als Nachfolger von Gähwiler in den Verwaltungsrat gewählt wird.

Die Struktur des UBS-Verwaltungsrats trägt die Handschrift von Colm Kelleher. Sie widerspiegelt den Anspruch der UBS als globaler Bankkonzern. Spätestens seit der Übernahme der Credit Suisse stellt sich jedoch die Frage, ob diese internationale Ausrichtung noch richtig ist. Angesichts der tiefen Gräben zwischen Bern und Zürich darf man zumindest fragen, ob ein stärker in der Schweiz verankerter Verwaltungsrat nicht besser geeignet wäre, die Interessen der Bank im politischen Umfeld zu vertreten.

Wie ein ausgewachsener Finanztsunami

Denn was sich in Bern zusammenbraut, ist potenziell mindestens genauso bedrohlich wie ein ausgewachsener Finanztsunami – zumindest sieht das die Führung der Bank so, ebenso wie der laute schwedische Investor Cevian. Wenn dem tatsächlich so ist, warum hat die UBS dann nicht längst Vertreter in den Verwaltungsrat geholt, die über das nötige Gewicht und die Unabhängigkeit verfügen, um glaubwürdig für die Interessen der Bank im Inland einzutreten?

Klar, mit Patrick Firmenich sitzt seit 2021 ein Schweizer Unternehmer im Board der Bank, doch bisher hat er sich in der öffentlichen Diskussion nicht eingebracht. Und Renata Jungo Brüngger ist als Mitglied der Konzernleitung von Mercedes-Benz in der Schweiz zu wenig vernetzt, um im politischen Dialog Gewicht zu haben.

Es müssten schon Unternehmerpersönlichkeiten mit Gravitas sein. Namen wie Suzanne Thoma, CEO von Sulzer, oder Simon Michel, Ypsomed-Patron und Mitglied des Nationalrats. Oder auch Typen wie der leidenschaftliche Uhrenmanager Georges Kern, der über politisches Gespür verfügt, sich bei den Grünliberalen engagierte, der Partei inzwischen aber den Rücken gekehrt hat.

Das Problem ist, dass mit dem Ausscheiden von Lukas Gähwiler alles noch schwieriger wird. Der Ostschweizer galt als wichtige Stimme mit guten Kontakten nach Bern. Markus Ronner gilt zwar als umgänglich und als Grossbanker erstaunlich geerdet, doch in der Sache ist er ein knallharter Vertreter der UBS-Linie und kaum zu Kompromissen bereit. Für eine Entspannung der Beziehungen mit Bern wird er kaum sorgen.

Glaubwürdige und unabhängige Vertreter des Werkplatzes

«Die UBS braucht glaubwürdige und unabhängige Vertreter des Werkplatzes Schweiz, die für die Interessen der Bank eintreten», sagt ein Beobachter. Interessant ist, dass die UBS nicht immer einen stark international geprägten Verwaltungsrat hatte. Im Jahr 2006 – dem besten Geschäftsjahr in der Geschichte der UBS – hatten neun von zwölf Verwaltungsratsmitgliedern einen klaren Bezug zur Schweiz. Selbstverständlich war damals nicht alles nur gut, als die Bank mit Volldampf auf den Subprime-Eisberg zusteuerte.

Doch im Gremium befanden sich damals Persönlichkeiten wie Peter Spuhler, Ernesto Bertarelli oder Peter Voser. Exzellent vernetzte Industrielle wie Spuhler oder Voser wären angesichts der heutigen Herausforderungen Gold wert. Sie sind mit 66 und 67 Jahren zwar nicht mehr die Jüngsten, eine Rückkehr wäre also nicht komplett ausgeschlossen.

Die Verwerfungen zwischen dem Bundeshaus und dem Paradeplatz machen klar: Eine Schweizer Grossbank braucht bankfachliche Experten mit internationaler Erfahrung im Gremium – keine Frage. Aber genauso braucht sie glaubwürdige Vertreter des Schweizer Werkplatzes.

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